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Liebesliedern wird der Silberling ihr Herz erwärmen und mich meinem kläglichen Singledasein entreißen. All meine favorisierten Bands, und was sonst so Rang und Namen hat, sind auf der CD vertreten: Guns N’ Roses, Metallica, Linkin Park, Aerosmith etc.
Keine weichgespülte Popmusik wie von der Band Münchener Freiheit . Die besten Balladen kommen immer noch von Rockbands. Diese Typen sind meist außen hart wie uralter Gouda und innen weich wie ein frischer Camembert. Rockmusiker sind zwar oft drogensüchtig und/oder alkoholkrank sowie schwer depressiv, aber irgendeinen inneren Antrieb benötigt man sicherlich zum Songschreiben.
Titel des Samplers ist Broken Hard – Rock’s Greatest Ballads . Für mein intelligentes Wortspiel mit Heart und Hard hatte ich mir noch zehn Minuten nach der Niederschrift selbst gratuliert. Ein Meisterstück.
Früher hatte man liebevoll erstellte Mixed-Tapes mit krakeligen handgeschriebenen Covern. Heute ist das anders, denn die neue Technik ist zwar schön, aber lange nicht so zeitaufwendig. Deswegen habe ich versucht, dieses Manko mit einem eigenhändig gestaltetem Booklet, welches ich locker auch für meine FH-Bewerbungsunterlagen verwenden könnte, auszugleichen. Macht ganz schön was her! Offensichtlicher kann es nicht mehr gehen. Nach dem Geschenk wird sie wissen, wo der Hase läuft.
Oha – da ist sie ja und unterhält sich angeregt mit Chris. Meine Güte, wie sie wieder ausschaut.
»Lea, sag mir doch: Wer ist die Olle an meiner Stereoanlage da hinten. Die mit dem blondierten Kurzhaarschnitt und der männlichen Art.«
» Psst . Nicht so laut. Da kommt Perry … das ist die Frau, die er in Holland an der Küste kennengelernt hat. Beide waren Mitglieder derselben Reisegruppe. Es wird gemunkelt, die hätten sich in einem Bondage-Kurs kennengelernt.«
»Perry? Quatsch. Der hat doch keinen Hang zum Fetischismus , oder?«, sage ich mit einer gespielten Überzeugung, die den Academy-Award verdient hätte.
»Bist du blöde. Was meinst du, wer immer seine Slips getragen hat. Die Frauen in der Agentur haben das immer geahnt. Wir spüren so was eben. Was letztens in der Kantine offenbart wurde, muss wohl alles richtig sein! Der Junge fährt auf schöne Damenunterwäsche und noch einiges mehr ab.«
Ich weiß nun nicht, was mich mehr überraschen soll. Die Tatsache, dass Perry uneingeladen aufgetaucht ist oder der Umstand, dass er laut den Frauen schon immer der Fetisch-Fraktion im Bundestag angehört hat.
»Wer hat den denn eingeladen? Ich will den hier nicht haben! Der hat mich fast meinen Job gekostet.«
»Andy. Perry hat sich mir anvertraut. Er hat zugegeben, dass er einen Fehler mit der Veggie-Website gemacht hat. Warum er das getan hat? Keine Ahnung, aber er hat wohl herausgefunden, dass Stefan sein kleines Geheimnis in der Firma verbreitet hat. Und den Rest wird er nächste Woche Herrn Beaujean beichten. Dann bist du aus dem Schneider.«
»Ach was!«, kommt es mir verdutzt aus dem Munde.
Schön. Hätte ich Perry gar nicht zugetraut. Neben meinem garantierten Erfolgsrezept sowie Eroberungsplan mit der exquisit gestalteten CD, eine weitere gute Nachricht. Er ist und bleibt eben doch ein netter Kollege.
Und da schreitet er augenblicklich durch die Tür, der Kate Upton des Abends: Perry. Männer müssen neidlos gestehen, dass er einen ähnlichen Wäschegeschmack wie besagtes Topmodel hat und Frauen müssen nun enttäuscht feststellen, dass er vergeben ist. In einem entenähnlichen Gang kommt er auf mich zu.
»Hallo, Andreas. Kann ich Dich kurz sprechen?«, wir stellen uns zwei Meter abseits vom Rest. Während wir da so stehen, versuche ich so normal wie möglich zu wirken und kratze mir deshalb – wie Homer Simpson – am Hintern. Ganz schön abstoßend dieses Gebaren, aber ich kann mir nicht helfen! Wieder ist dies eine Übersprunghandlung, bekannt aus der Verhaltensforschung. Muss morgen in jedem Fall abermals den zugehörigen Artikel auf Wikipedia.org lesen.
»Was ist denn, Perry?«, räuspere ich ihm laut entgegen.
»Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Du hast mich nicht verpfiffen. Das weiß ich jetzt. Und ich werde alles Herrn Beaujean erzählen und um meine Kündigung bitten. Meine Freundin Claudia braucht jemanden für ihre Telefonhotline. Sie hat einen Unterwäsche-Shop für Fetischmoden in Köln. Dort werde ich anfangen. Ich bin dir ja so dankbar. Ohne Dich wäre das nie passiert. Ich kann es jetzt alles akzeptieren«, stammelt er mit gebrochener
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