Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
Vom Netzwerk:
der Transporter. Und nun kam das ganze Kommando wieder aus dem Haus, sprang in die Lieferwagen, und kaum fünf Minuten, nachdem die Aktion begonnen hatte, war sie auch wieder vorbei. Wondrak winkte dem Team der Spurensicherung aus einem weißen Passat, den Sandra erst jetzt bemerkt hatte. Für Nachbarn oder Außenstehende war kaum erkennbar, dass es sich hier um einen Polizeieinsatz handelte, man musste ununterbrochen und genau hinsehen, so wie Sandra oder Saskia.
    Wondrak setzte sich noch einmal zu der Reporterin ins Auto.
    »Buh, jetzt hab’ ich mich aber gefürchtet«, spottete sie.
    »So ist es bei zwei Dritteln aller Einsätze. Meistens blinder Alarm. Ich wollte mich noch einmal dafür bedanken, dass Sie mich hergefahren haben. Es kommt nicht gut, wenn sich bei einem vergeblichen Einsatz auch noch der Kommissar verspätet.«
    »Darf ich zur Belohnung etwas darüber schreiben?«
    »Was wollen Sie denn schreiben?«
    »Ich würde gern schreiben: Brucker Kurierfahrerin entführt. Tot? Auf der Suche nach der vermissten Kurierfahrerin Clara Braunstätter (37) aus Fürstenfeldbruck stürmte ein Sondereinsatzkommando der Polizei gestern ein Haus in der Fürstenfeldbrucker Aicher Straße. Doch der mutmaßliche Entführer hatte sich bereits abgesetzt. Wo er sich nun versteckt hält, vermag im Moment niemand zu sagen, auch ist ungewiss, ob die Entführte überhaupt noch am Leben ist. Die ermittelnde Polizei hüllt sich in Schweigen. Nachbarn beschreiben den Hausbewohner als freundlichen, ruhigen Mann, der ein unauffälliges Leben geführt hat. Welche Motive mögen hinter der Entführung der attraktiven jungen Frau stecken? Eifersucht? Verschmähte Liebe? Sex? «
    Wondrak unterbrach sie. »Lassen Sie bitte meinen Namen raus«, überreichte ihr seine Karte und stieg aus. »Wir geben heute Abend noch eine Pressemeldung raus, da wird ein Foto von Clara Braunstätter dabei sein. Es könnte spät werden. Halten Sie in Ihrer Geschichte den Platz dafür frei.«
    Saskia wäre Wondrak beinahe um den Hals gefallen.
    Ein paar Meter weiter setzte er sich in seinen Wagen zu Sandra Inninger. »Ich hoffe, dass wir wenigstens ein paar DNA-Spuren von Ihrer Mutter in der Wohnung finden. Sonst war der ganze Zinnober komplett umsonst.«
    »Zinnober?«, fragte Sandra.
    »Sagt man so bei uns«, erklärte Wondrak müde. »Der ganze Aufwand, halt. Darf ich?«, fragte er, bevor er ihr vorsichtig ein Haar ausriss, und in eine Tüte packte. »Für den DNA-Vergleich.«
    »Der Zinnober war nicht umsonst. Es ist eigenartig. Aber in der Stunde, in der ich hier so ganz ruhig gesessen bin, hab’ ich plötzlich das Gefühl bekommen, dass wir auf der richtigen Spur sind. Meine Mutter war hier. Und sie lebt.«
    Wondrak sah sie stirnrunzelnd an. Irgendwie kam ihm das bekannt vor. »Ah, so eine Art Fernverbindung?«
    Sandra nickte beglückt.
    »Ah, das beruhigt mich ja, dass sie noch lebt. Und wo?«
    »Idiot«, sagte sie, als sie begriffen hatte, dass Wondrak sie auf den Arm nahm, stieg aus und knallte die Tür zu.
    Wondrak saß kurz da und fühlte ein Verlassenheitsgefühl in sich hochkrabbeln. In einem spontanen Impuls wollte er Marianne Thamm zurückrufen, er hatte das Telefon schon in der Hand, doch dann fiel ihm ein, dass er noch einmal ins Kommissariat musste, um die Pressemeldung zu verfassen. Eigentlich nicht seine Aufgabe, aber versprochen war versprochen.

29. Hirn oder Herz
    »Servus, Wondrak, was macht der Kaffee?«
    »Er läuft und läuft, Melanie. Und deine Mountainbikes? Schon wieder eines verschrottet?« Wondrak stand in der Gerichtsmedizin des Bayerischen Landeskriminalamtes und unterhielt sich mit einer Mittdreißigerin im weißen Medizinerkittel, einer bei den Fahrradläden Münchens und weit darüber hinaus gefürchteten Zweiradzerstörerin.
    »Weißt eh«, antwortete sie achselzuckend, »das Zerlegen ist halt meine Berufung. Ich zerlege Leichen, ich zerlege Räder. Letztes Wochenende am Spitzingsee, das war einfach zu viel für mein Vorderrad.«
    »Pass nur auf, dass du dich nicht selbst zerlegst.«
    »Zu spät«, lächelte Melanie, zog den Ärmel ihres Kittels hoch und entblößte einen dick verbundenen linken Unterarm.
    »Alles Wahnsinnige hier«, schüttelte Wondrak den Kopf.
    »Selber wahnsinnig«, gab Melanie Koller zurück. »Oder kannst du mir erklären, was deine Leiche hier soll? Die gehört auf den Friedhof, und nicht in meine Kühlkammer, die platzt eh schon aus allen Nähten. Das ist eine Frau, die den natürlichsten und

Weitere Kostenlose Bücher