Werden Sie Ihr eigener Glueckspilot
und unabhängig.
Immanuel Kant
Bei »je – desto« handelt es sich um Konjunktionen, die einen inneren Zusammenhang, etwa eine Kausalität, der beiden aufeinander
bezogenen Satzteile herstellen; zum Beispiel: Je x, desto y. Die Qualität oder das Ausmaß von x bestimmt Qualität und Ausmaß
von y. Meist ist es so, dass eine Komponente – also entweder x
oder
y – spürbar ist. Untersuchen wir den Satz:
Je höher das Ideal, desto höher der Frust
, dann stellen die meisten fest, dass der Frust viel unmittelbarer ins Erleben tritt als das Ideal. Der Zusammenhang zwischen
beiden lässt sich vorzüglich für unser Ganzwerden nutzen: Anstatt gegen den so unliebsam spürbaren Frust anzukämpfen, können
wir uns um das weniger spürbare Ende kümmern, unsere Ideale überprüfen und sie zur Frustlinderung herunterschrauben. So gelingt
uns Änderung durch »schräg versetztes« Lösen. Für unser Anderswerden und die Stärkung unseres Eigensinns ist es also günstiger, am einfacher anzugehenden Ende der Je-desto-Aussage anzusetzen.
Navigationssätze
Je langweiliger das Leben, desto größer der Krimikonsum.
Je größer der Schmerz, desto unmittelbarer die Gegenwart.
Je ungelöster die Elternbeziehung, desto mehr projizieren wir.
Je intimer die Beziehung, desto höher die Gefahr des Wiederholens von alten Problemen.
Je starrer die Normen, desto eher brechen wir aus.
|96| Je länger das Unglück währt, desto weniger habe ich es angenommen.
Je totaler gelebt, desto geringer die Angst vor dem Tod.
Je indirekter der Kampf, desto mieser ist er.
Je starrer die Meinung, desto massiver die Deutungsbrille.
Je mehr wir uns im Alterungsprozess entknasten, desto mehr verjüngen wir.
Je größer die Bemühungen, alles in den Griff zu bekommen, desto weniger hat man im Griff.
Je mehr wir nicht so werden wollen wie die Eltern, desto mehr werden wir wie die Eltern.
Je weniger Projektion, desto mehr echtes Leben.
Je weniger du machst, desto mehr geschieht.
Je Hammer erleb, desto weiterbring.
Je mehr du die anderen kritisierst, desto wichtiger ist es, dass du deinen eigenen Psychohygieneprozess förderst.
Je danebener, desto mehr gibt es zu lachen.
Je integrierter, desto höher der Selbstwert. Je höher der Selbstwert, desto geringer die Eifersucht.
Je authentischer ich bin, desto weniger Ersatzreaktionen kommen vom Gegenüber.
Je vehementer das Ja-aber, desto massiver ist die Abwehr.
Je kontrollierender der Verstand, desto größer ist das Chaos.
Je ruhiger der Verstand, desto wilder die Ekstase.
Je blöder, desto aufschlussreicher.
Je authentischer wir sind, desto mehr werden wir gemocht.
Je bekloppter man ist, desto größer ist die Not.
Je untergeordneter man ist, desto eher wird man krank.
Je integrierter wir sind, desto mehr Glück empfinden wir.
|97| Integrationsfragen
In welchen Aussagen habe ich mich besonders wiedergefunden?
Was sind die für mich günstigen Handlungskonsequenzen?
Gibt es Aussagen, die mich verletzt oder geärgert haben?
Verletzende Aussagen müssen einfach falsch sein, und ich kann sie getrost verwerfen, oder?
Flugsatz: Je größer der Eigensinn, desto mehr lieben wir andere.
|98| Jetzt
Nur der Augenblick zählt, und der schöne Augenblick ist unvergänglich.
Antal Szerb
Unser Erinnerungsvermögen konserviert Gewesenes. Unser Vorstellungsvermögen antizipiert und entwirft Kommendes. Unser Jetzt-Gefühl
liegt immer zwischen dem Es-war und dem Noch-nicht. Die Tatsache, dass sich unser Bewusstsein in diese zwei Richtungen über
das Jetzt hinausbewegen kann, vermittelt ein Gefühl von »Strecke«, »Länge« anstatt von jeweils punktuellem Augenblick. Das
Strecken- oder Längengefühl nennen wir Zeit und die beiden Richtungen Vergangenheit und Zukunft.
Im Erinnerungsstreifen gibt es Objekte oder Menschen, die sich verändern, die vergehen. So entsteht die Vorstellung von Vergänglichkeit.
Zeit als solche ist im Grunde eine Ausstülpung unseres Gedächtnisses.
Sie ist nicht ursächlich verantwortlich für Vergänglichkeit und Abnutzung. Das ist ein anderer Prozess, und doch geschieht
alles im Zeitstreifen. Zu unserem Zeitkonzept gehört auch noch das unabänderliche Nacheinander, die Linearität der Ereignisse:
erst Babysein, dann Greis, niemals umgekehrt. Linearität und Erinnerungsvermögen ermöglichen den Vergleich von Baby und Greis;
wir stellen fest: Jetzt bin ich im Vergleich zu früher relativ alt und im Vergleich zu später relativ jung. So entsteht das
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