Werke
ziehen kann? » Aber sie mischen sich ohne die erforderlichen Eigenschaften in die Buchhandlung. « Was sind das für erforderliche Eigenschaften? Daß man fünf Jahre bei einem Manne Pakete zubinden gelernt, der auch nichts weiter kann, als Pakete zubinden? Und wer darf sich in die Buchhandlung nicht mischen? Seit wenn ist der Buchhandel eine Innung? Welches sind seine ausschließenden Privilegien? Wer hat sie ihm erteilt?
Wenn Dodsley und Compagnie ihren Nachdruck der Dramaturgie vollenden, so bitte ich sie, mein Werk wenigstens nicht zu verstümmeln, sondern auch das getreulich nachdrucken zu lassen, was sie hier gegen sich finden. Daß sie ihre Verteidigung beifügen – wenn anders eine Verteidigung für sie möglich ist – werde ich ihnen nicht verdenken. Sie mögen sie auch in einem Tone abfassen, oder von einem Gelehrten, der klein genug sein kann, ihnen seine Feder dazu zu leihen, abfassen lassen, in welchem sie wollen: selbst in dem so interessanten der Klotzischen Schule, reich an allerlei Histörchen und Anekdötchen und Pasquillchen, ohne ein Wort von der Sache. Nur erkläre ich im voraus die geringste Insinuation, daß es gekränkter Eigennutz sei, der mich so warm gegen sie sprechen lassen, für eine Lüge. Ich habe nie etwas auf meine Kosten drucken lassen, und werde es schwerlich in meinem Leben tun. Ich kenne, wie schon gesagt, mehr als einen rechtschaffenen Mann unter den Buchhändlern, dessen Vermittelung ich ein solches Geschäft gern überlasse. Aber keiner von ihnen muß mir es auch verübeln, daß ich meine Verachtung und meinen Haß gegen Leute bezeige, in deren Vergleich alle Buschklepper und Weglaurer wahrlich nicht die schlimmern Menschen sind. Denn jeder von ihnen macht seinen coup de main für sich: Dodsley und Compagnie aber wollen Bandenweise rauben.
Das Beste ist, daß ihre Einladung wohl von den wenigsten dürfte angenommen werden. Sonst wäre es Zeit, daß die Gelehrten mit Ernst darauf dächten, das bekannte Leibnizische Projekt auszuführen.
Ende des zweiten Bandes
{ ‡ }
Kritische Schriften
Gotthold Ephraim Lessing
Gedanken über die Herrnhuter
– – oro atque obsecro ut multis injuriis jactatam atque agitatam aequitatem in hoc tandem loco confirmari patiamini.
Cicero pro Publ. Quintio
G. E. Lessings theologischer Nachlaß, Berlin (Voss) 1784.
{ ‡ }
Die Siege geben dem Kriege den Ausschlag: sie sind aber sehr zweideutige Beweise der gerechten Sache: oder vielmehr sie sind gar keine.
Die gelehrten Streitigkeiten sind eben sowohl eine Art von Kriegen, als die kleinen Zuzus eine Art von Hunden sind. Was liegt daran, ob man über ein Reich oder über eine Meinung streitet; ob der Streit Blut oder Dinte kostet? Genug man streitet.
Und also wird auch hier der, welcher Recht behält, und der, welcher Recht behalten sollte, nur selten einerlei Person sein.
Tausend kleine Umstände können den Sieg bald auf diese, bald auf jene Seite lenken. Wie viele würden aus der Rolle der Helden auszustreichen sein, wenn die Wirkung von solchen kleinen Umständen, das Glück nämlich, seinen Anteil von ihren bewundernswürdigen Taten zurücknehmen wollte?
Laßt den und jenen großen Gelehrten in einem andern Jahrhunderte geboren werden, benehmt ihm die und jene Hülfsmittel, sich zu zeigen, gebt ihm andre Gegner, setzt ihn in ein ander Land; und ich zweifle, ob er derjenige bleiben würde, für den man ihn jetzo hält. Bleibt er es nicht, so hat ihn das Glück groß gemacht.
Ein Sieg, den man über Feinde davon trägt, welche sich nicht verteidigen können oder nicht wollen, welche sich ohne Gegenwehr gefangen nehmen oder ermorden lassen, welche, wann sie einen Gegenstreich führen, aus Mattigkeit durch ihren eigenen Hieb zu Boden fallen; wie ist so ein Sieg zu nennen? Man mag ihn nennen, wie man will; so viel weiß ich, daß er kein Sieg ist; außer etwa bei denen, die, wenn sie siegen sollen, ohne zu kämpfen siegen müssen.
Auch unter den Gelehrten gibt es dergleichen Siege. Und ich müßte mich sehr irren, wenn nicht die Siege unserer Theologen, die sie bisher über die Herrnhuter erhalten zu haben glauben, von dieser Art wären.
Ich in auf den Einfall gekommen, meine Gedanken über diese Leute aufzusetzen. Ich weiß es, sie sind entbehrlich; aber nicht entbehrlicher, als ihr Gegenstand, welcher wenigstens zu einem Strohmanne dient, an dem ein junger und mutiger Gottesgelehrter seine Fechterstreiche in Übung zu bringen, lernen kann. Die Ordnung, der ich folgen werde, ist
Weitere Kostenlose Bücher