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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Mann: mißbilligen Sie es wenigstens weniger hart, daß ich ehrlich genug gewesen, eben sowohl sehr unchristliche Fragmente, als eine sehr christliche Schrift des Berengarius, von ihrem Untergange zu retten, und an das Licht zu bringen.
    Doch das ist die Bitte noch nicht, ehrwürdiger Mann, die ich Ihnen zu tun habe. Ich bitte von gewissen Leuten nichts, was ich nicht allenfalls auch Recht hätte, von ihnen zu fodern. Und mit dieser Bitte allerdings können Sie es halten, wie Sie wollen.
    Sondern meine eigentliche Bitte ist der Art, daß Sie die Gewährung derselben mir nicht wohl verweigern können. Sie haben mir Unrecht getan; und einem ehrlichen Manne ist nichts angelegner, als Unrecht, welches er nicht tun wollen, und doch getan, wieder gut zu machen.
    Es besteht aber dieses mir zugefügte Unrecht darin, daß Sie eine von mir geschriebene Stelle ganz wider ihren Zusammenhang zu kommentieren, das Unglück gehabt. Ihr Kopf war eben wärmer, als helle. Ich erkläre mich an einem Gleichnisse.
    Wenn ein Fuhrmann, der in einem grundlosen Wege mit seinem schwerbeladenen Wagen festgefahren, nach mancherlei vergeblichen Versuchen, sich los zu arbeiten, endlich sagt, wenn alle Stränge reißen, so muß ich abladen: wäre es billig, aus dieser seiner Rede zu schließen, daß er gern abladen wollen, daß er mit Fleiß die schwächsten mürbesten Stränge vorgebunden, um mit guter Art abladen zu dürfen? Wäre der Betrachter nicht ungerecht, der aus diesem Grunde die Vergütung alles Schadens, selbst alles innern von außen unmerklichen Schadens, an welchem eben sowohl der Einpacker Schuld könnte gehabt haben, von dem Fuhrmanne verlangen wollte?
    Dieser Fuhrmann bin ich: dieser Befrachter sind Sie, ehrwürdiger Mann. Ich habe gesagt, wenn man auch nicht im Stande sein sollte, alle die Einwürfe zu heben, welche die Vernunft gegen die Bibel zu machen, so geschäftig ist: so bliebe dennoch die Religion in den Herzen derjenigen Christen unverrückt und unverkümmert, welche ein inneres Gefühl von den wesentlichen Wahrheiten derselben erlangt haben. Dieses zu unterstützen, schrieb ich die Stelle nieder, die eine so unmilde Ausdehnung von Ihnen erdulden müssen. Ich soll und muß gesagt haben, daß auf die Einwürfe gegen die Bibel sich schlechterdings nichts antworten lasse; daß es nur umsonst sei, darauf antworten zu wollen. Ich soll und muß die letzte unfehlbare Zuflucht des Christen dem Theologen, je eher je lieber zu nehmen, angeraten haben; damit ein schwacher, aber großsprecherischer Feind desto eher das Feld behaupten könne.
    Das ist nicht die wahre Vorstellung meiner Gedanken, ehrwürdiger Mann. Gleichwohl kann es bei Ihnen auch nicht Vorsatz gewesen sein, eine so falsche Vorstellung meiner Gedanken zu machen. Sie waren, in Zuversicht auf Ihre gute Sache, die Sie auch von mir angegriffen zu sein vermeinten, zu hastig: Sie übereilten sich.
    Ehrwürdiger Mann, die sich am leichtesten übereilen, sind nicht die schlechtesten Menschen. Denn sie sind größten Teils eben so fertig, ihre Übereilung zu bekennen; und eingestandene Übereilung ist oft lehrreicher, als kalte überdachte Unfehlbarkeit.
    Sonach erwarte ich denn auch von Ihnen, ehrwürdiger Mann, daß Sie, in einem der nächsten Stücke Ihrer freiwilligen Beiträge, eine so gut als freiwillige Erklärung zu tun, nicht ermangeln werden; des Inhalts: daß allerdings noch ein gewisser Gesichtspunkt übrig sei, in welchem meine von Ihnen angegriffene Stelle sehr unschuldig erscheine; daß Sie diesen Gesichtspunkt übersehen; daß Sie weiter keine Ursache haben, diesen übersehenen Gesichtspunkt, nachdem Sie von mir darauf geführet worden, nicht für den zu halten, auf welchen ich hier gearbeitet.
    Nur eine solche Erklärung kann dem Verdachte Einhalt tun, den Sie, ehrwürdiger Mann, über meine Absichten verbreiten zu wollen scheinen. Nur nach einer solchen Erklärung darf ich auf das wieder begierig sein, was Ihnen ferner gegen mich zu erinnern, gefallen möchte. Ohne eine solche Erklärung aber, ehrwürdiger Mann, muß ich Sie schreiben lassen, – so wie ich Sie predigen lasse.
Das Absagungsschreiben
    Mein Herr Pastor,
    Mit vorstehenden friedlichen Blättern glaubte ich von Ihnen abzukommen; und schon freute ich mich in Gedanken auf den freiwilligen Beitrag, in welchem Ihre heilige Faust das christliche Banier wieder über mich schwenken würde.
    Indes aber entweder mich die Presse, oder ich die Presse nicht genugsam fördern konnte, erhalte ich das 61 –

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