Werke
so deutlich mit der Sprache herausgegangen sei?
Auf diese Frage wäre vielerlei zu antworten. Doch wird man schwerlich eine andere Frage finden, die mit ihr mehr Ähnlichkeit habe, als die: warum in dem Christentume die systematischen Lehrbücher so spät entstanden sind? warum es so viele und gute Christen gegeben hat, die ihren Glauben auf eine verständliche Art weder angeben konnten, noch wollten?
Auch wäre dieses im Christentume noch immer zu früh geschehen, indem der Glaube selbst vielleicht wenig dabei gewonnen: wenn sich Christen nur nicht hätten einfallen lassen, ihn auf eine ganz widersinnige Art angeben zu wollen. Man mache hiervon die Anwendung selbst.
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Erstes Gespräch
Ernst
. Woran denkst du, Freund?
Falk
. An nichts.
Ernst
. Aber du bist so still.
Falk
. Eben darum. Wer denkt, wenn er genießt? Und ich genieße des erquickenden Morgens.
Ernst
. Du hast Recht; und du hättest mir meine Frage nur zurückgeben dürfen.
Falk
. Wenn ich an etwas dächte, würde ich darüber sprechen. Nichts geht über das laut denken mit einem Freunde.
Ernst
. Gewiß.
Falk
. Hast du des schönen Morgens schon genug genossen; fällt dir etwas ein; so sprich du. Mir fällt nichts ein.
Ernst
. Gut das! – Mir fällt ein, daß ich dich schon längst um etwas fragen wollen.
Falk
. So frage doch.
Ernst
. Ist es wahr, Freund, daß du ein Freimäurer bist?
Falk
. Die Frage ist eines der keiner ist.
Ernst
. Freilich! – Aber antworte mir gerader zu. – Bist du ein Freimäurer?
Falk
. Ich glaube es zu sein.
Ernst
. Die Antwort ist eines, der seiner Sache eben nicht gewiß ist.
Falk
. O doch! Ich bin meiner Sache so ziemlich gewiß.
Ernst
. Denn du wirst ja wohl wissen, ob und wenn und wo und von wem du aufgenommen worden.
Falk
. Das weiß ich allerdings; aber das würde so viel nicht sagen wollen.
Ernst
. Nicht?
Falk
. Wer nimmt nicht auf, und wer wird nicht aufgenommen!
Ernst
. Erkläre dich.
Falk
. Ich glaube ein Freimäurer zu sein; nicht so wohl, weil ich von älteren Maurern in einer gesetzlichen Loge aufgenommen worden: sondern weil ich einsehe und erkenne, was und warum die Freimäurerei ist, wenn und wo sie gewesen, wie und wodurch sie befördert oder gehindert wird.
Ernst
. Und drückst dich gleichwohl so zweifelhaft aus? – Ich glaube einer zu sein!
Falk
. Dieses Ausdrucks bin ich nun so gewohnt. Nicht zwar, als ob ich Mangel an eigner Überzeugung hätte: sondern weil ich nicht gern mich jemanden gerade in den Weg stellen mag.
Ernst
. Du antwortest mir als einem Fremden.
Falk
. Fremder oder Freund!
Ernst
. Du bist aufgenommen, du weißt alles – –
Falk
. Andere sind auch aufgenommen, und glauben zu wissen.
Ernst
. Könntest du denn aufgenommen sein, ohne zu wissen, was du weißt?
Falk
. Leider!
Ernst
. Wie so?
Falk
. Weil viele, welche aufnehmen, es selbst nicht wissen; die wenigen aber, die es wissen, es nicht sagen können.
Ernst
. Und könntest du denn wissen, was du weißt, ohne aufgenommen zu sein?
Falk
. Warum nicht? – Die Freimäurerei ist nichts willkürliches, nichts entbehrliches: sondern etwas notwendiges, das in dem Wesen des Menschen und der bürgerlichen Gesellschaft gegründet ist. Folglich muß man auch durch eignes Nachdenken eben so wohl darauf verfallen können, als man durch Anleitung darauf geführet wird.
Ernst
. Die Freimäurerei wäre nichts Willkürliches? – Hat sie nicht Worte und Zeichen und Gebräuche, welche alle anders sein könnten, und folglich willkürlich sind?
Falk
. Das hat sie. Aber diese Worte und diese Zeichen und diese Gebräuche, sind nicht die Freimäurerei.
Ernst
. Die Freimäurerei wäre nichts Entbehrliches? – Wie machten es denn die Menschen, als die Freimäurerei noch nicht war?
Falk
. Die Freimäurerei war immer.
Ernst
. Nun was ist sie denn, diese notwendige, diese unentbehrliche Freimäurerei?
Falk
. Wie ich dir schon zu verstehen gegeben: – Etwas, das selbst die, die es wissen, nicht sagen können.
Ernst
. Also ein Unding.
Falk
. Übereile dich nicht.
Ernst
. Wovon ich einen Begriff habe, das kann ich auch mit Worten ausdrücken.
Falk
. Nicht immer; und oft wenigstens nicht so, daß andre durch die Worte vollkommen eben denselben Begriff bekommen, den ich dabei habe.
Ernst
. Wenn nicht vollkommen eben denselben, doch einen etwanigen.
Falk
. Der etwanige Begriff wäre hier unnütz oder gefährlich. Unnütz, wenn er nicht genug; und gefährlich, wenn er das geringste zu viel enthielte.
Ernst
.
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