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Werther, der Werwolf - Roman

Titel: Werther, der Werwolf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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einenAusdruck, ein Jauchzen, und rasch ist es gesagt – ich bin so glücklich! Merkwürdig, daß der Mensch, auf den Gipfel höchster Hoffnung gelangt, um sich schaut, das Beschreibbare liegt unter ihm, über ihm die klare Luft der Glückseligkeit. In dieser Reinheit bin ich, geliebter Bruder, und fühle, da ich sie teilen will, dieselbe bereits schwinden. So ist das Glück, wir erleben es nur, indem wir seiner nicht eingedenk, und sind wir’s, schwindet es schon imWind.
    Ich rufe mir in Erinnerung, wie Lotte es genannt, wie es dem klugen, lebensvollen Mädchen über die Lippen kam: O es ist Wahnsinn, Wonne, Sturz und hochfliegender Traum in einem! So ist der Mensch, er nimmt das wonniglichste Glück, betrachtet’s eineWeile, legt es beiseite und will das nächste. Jetzt, da mein Sehnen nach einem Kuß, einer Umarmung der Geliebten himmelstürmendeWirklichkeit geworden, sinne ich darüber, wie ich all ihre Küsse und Umarmungen auf mich ziehen könnte, auf immerdar. Darf sie denn, frag ich, da sie demWolf imWald ihre Liebe geschenkt, den Stutzer weiterlieben? Ist ihr Bund mitAlbert imAugenblick unsererVereinigung nicht in Luft aufgegangen, ist es nicht meine, Lottens Pflicht, dem unglücklichen Manne zu bekennen, was vorgefallen, mit Bedauern, doch deutlich machend, welche Folgen sich daraus ergeben? Das Hochzeitsdatum – ohne Bedeutung, dasVerlöbnis – aufzulösen, Lottens undAlberts Lebensplan – neu zu bedenken, jeder für sich.Vieles ist zu deuten, manches zu erklären, die Sache wird einigen Sturm entfesseln. Sturm imWasserglas, da Lotte zwar den einen nicht, den andern jedoch um so lieber heiratet, und so wird gefeiert werden, in jedem Fall. Der Förster mag murren, da ich nicht so wohl bestallt bin wieAlbert, doch er wird sich dreingeben, wenn die innig geliebteTochter ihn darum bittet.
    Ich meinerseits muß beim Grafen von W . darum ansuchen, denWerwolfsfluch, und sei er hundertmal ein Geschenk, wieder von mir zu nehmen. Denn so esWege gibt, mich in des Dämonen Bann zu tun, muß es Mittel zu seiner Überwindung geben. Jedes Märchen, jede Sage lehrt uns: der Königssohn hat dies und das zu bestehen, sodann löst sich der Fluch in sein Gegenteil auf. Konnte ich bis heute an das Märchenhafte meines Zustandes glauben, mag mir dieAuflösung des Märchens ebenso zugute kommen. Hab ich nicht Lottens Leben gerettet, war dies nicht die befreiendeTat, die mein lichtes Inneres zutage fördert? Der friedensspendendeWolf sprach aus mir, den dämonischen habe ich abgestreift, darf hoffen, die Bestie hinter mir zu lassen und fürderhin als Mensch wieder zu wandeln.Wilhelm! ich habe mir’s fest vorgenommen, den Grafen um die Lösung unseres mitternächtlichen Kontraktes zu bitten, will demVollmond zuvorkommen, ihm ein Schnippchen schlagen.Als reiner Mensch will ich aufblicken, wenn er sich zeigt, und damit Schluß von diesem Kapitel meines Lebens.

Am 7. Juli.
    Unerklärlich, Freund, ich habe das Schloß imWald nicht finden können. Da ich mich aufmache, den Braunen sattle, um schneller anzulangen, da ich denTann auf nächtlichemWeg durchreite, sehe ich vieleAnzeichen, die ich mir gemerkt, den geknickten Baum, merkwürdiges Felsgetürm – doch auch nach stundenlangem Suchen will sich das Schloß nicht zeigen. Ich kehre um, treibe den Braunen hierhin und dahin, die Bergrücken hoch, will, denWald überblickend, den Standort der Ruine erspähen – keine Spur davon, als hätte das Schloß nie bestanden oder verberge sich vor mir. Mir kommt die Sage zu Sinn,Wilhelm, die von Montsalvatsch erzählt und dem nutzlosen Bemühen Parzivals, den Ort zu finden, von dem der wunde KönigAmfortas ihm berichtet. Parzival vermag es nicht, ehe er nicht würdig, den Gral zu schauen, dann erst findet er, ohne zu suchen.
    Mein Gral ist Lotte, auf ihremAltar habe ich jedes erdenkbare Opfer gebracht: bin fortgeritten, habe Dienst in der Fremde genommen, hab mich ferngehalten, mich ihr nicht eröffnet, Stunde um Stunde,Tag umTag! all dieWochen geschwiegen, und hätte weiter mein Liebesleid bezwungen, wäre das Bärenvieh nicht brüllend aus demWald gestürzt, das mich zwang, die Gestalt zu wechseln. Ich habe die Prüfung bestanden! so sprech ich zu mir, während ich bis zum Rand der Nacht denWald durchstreife, bis mein Pferd nicht weiterkann und ich es am Zügel heimwärts führe. Dort sinke ich auf die Knie und bete,Wilhelm! nach wie langem zum ersten Mal: Herr, der du mir die eine, nach der mein Dasein drängt, zugeführt,

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