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Werwelt 02 - Der Gefangene

Werwelt 02 - Der Gefangene

Titel: Werwelt 02 - Der Gefangene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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fragte er.
    »Ist auch besser, wenn Sie den Weg nehmen«, erwiderte der Indianer mit einem Blick auf Barrys kleines Auto, das fauchende Dampfwolken ausstieß. »Auf der anderen Straße würde Ihr Pferd vielleicht seinen Geist aufgeben«, meinte er lächelnd und deutete auf den Model-A.
    Barry wollte ihn eigentlich fragen, was er mit der anderen Straße meinte, doch wenn dies der Weg zum Gebirge war, dann würde er sich jetzt gleich auf die Fahrt machen, ehe es noch dunkler wurde.
    Es war wirklich eine schlimme Straße. Felsspitzen ragten mitten in den Pfad hinein, und die Fahrspuren waren so tief, daß man, einmal drinnen, nicht mehr aus ihnen herauskam. Die stetige steile Steigung strengte den kleinen Wagen so an, daß er unaufhörlich spuckte und hustete, und Barry dachte mehrmals, jetzt würde er gleich endgültig streiken, und er würde dann den Rest des Wegs zu Fuß zurücklegen müssen. Es war inzwischen ganz dunkel geworden, und Barry fiel immer stärker auf, was für ein lautes, charakteristisches Geräusch so ein Model-A Ford von sich gab. Wenn er den ganzen Weg fuhr, wurde seine Ankunft denen, die da oben in der Hütte saßen, nicht überraschend kommen. Vielleicht hatte ihm Bill auch mit voller Überlegung diese Hinweise geliefert; vielleicht war es seine Absicht gewesen, daß er Renees Nachricht bekam und Bruno fand; vielleicht wartete er jetzt irgendwo in der undurchdringlichen Finsternis mit einem Gewehr auf den Knien.
    Barry schüttelte die Furcht ab und blickte immer wieder auf den Meilenzähler, um rechtzeitig vor dem Ende des Ziehwegs anhalten zu können und dann den Rest des Wegs zu Fuß zu gehen. Das waren nur Hirngespinste. Bill konnte es gar nicht so eingerichtet haben. In diesem Moment sah er einen kleinen Pfad, der auf der rechten Seite abzweigte, und hielt den Wagen an, um den Weg zu inspizieren. Das Schweigen schloß sich um ihn wie eine feste Hülle, wie die Schwärze im Inneren einer Höhle. Er blickte auf, als er aus dem Wagen stieg, und sah die Sterne, die ruhig, beinahe ohne ein Funkeln, vom mondlosen Himmel herabschienen. Der Ziehweg vor ihm war nur ein schmaler Streifen von einem etwas helleren Schwarz. Er spürte das Drängen des Tieres, das heraus wollte, und dachte, okay, du hast die bessere Nase.
    Ich verwandle mich.
    Die Welt um mich herum wird lebendig. Meine Ohren nehmen das leise Säuseln des Windes auf, der durch die Fichten streicht, die feinen Geräusche der huschenden Tiere im Wald. Drüben, auf der anderen Seite des Ziehwegs ist eine Hirschkuh, die sich vorsichtig ihren Weg bahnt, mehr ihrer Witterung als ihrem Auge folgend. Mein Raumsinn fängt sie ein, und ich kann sie wahrnehmen, ähnlich wie Barry eine Gestalt auf dem dunklen Negativ einer Fotografie wahrnehmen würde. Ich schicke meine Sinne durch die Bäume, suche nach anderem Leben, nach Geräuschen menschlicher Wesen. Ich glaube nicht, daß dieser Seitenweg in letzter Zeit benützt worden ist. Nein. Seit Monaten ist hier kein lebendes Wesen mehr gewesen. Keine Spuren, kein Geruch. Sicherheitshalber trotte ich in aller Eile noch ein kleines Stück den Pfad hinauf. Kein menschliches Wesen hat diesen Weg beschritten. Barry drängt darauf, weiterzufahren. Ich fühle mich sicherer in meiner eigenen Gestalt und wünsche, wir könnten uns irgendwie voneinander lösen, um ein richtiges Team zu bilden, aber bis zu der Hütte können es noch Meilen sein. Ich gebe nach und laufe zum Auto zurück.
    Während er den schnaufenden kleinen Wagen den holprigen Pfad hinauf durch die Dunkelheit steuerte, machte Barry sich klar, daß seit seinem Zusammenstoß mit den Polizisten eine gefährlich lange Zeit verstrichen war. Die beiden Männer waren sicherlich inzwischen längst aufgewacht und hatten über ihr Funkgerät Meldung gemacht. »Ein feiner Desperado bin ich«, sagte er in die Dunkelheit hinein. »Ich hab’ nicht einmal daran gedacht, ihr Radio zu demolieren.«
    Bald würde es hier in den Bergen wimmeln von Beamten der State Police. Er würde höllisch aufpassen müssen, denn sie würden sich ihm jetzt mit Vorsicht nähern, auf das wenig entgegenkommende Verhalten hin, das er den beiden jungen Polizisten gezeigt hatte, wahrscheinlich zuerst schießen und dann die Fragen stellen.
    »Ich wünschte, das wäre nicht nötig gewesen«, sagte er laut.
    Der Wind in seinen Ohren klang plötzlich anders. Lief da irgendwo ein Automotor? Er schaltete seine Scheinwerfer aus und hielt mit einem Ruck an. Hastig zog er den Zündschlüssel

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