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Werwelt 03 - Der Nachkomme

Werwelt 03 - Der Nachkomme

Titel: Werwelt 03 - Der Nachkomme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Stallman
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Tag, und er nahm den Geruch bratenden Fle i sches wahr. Auch in dieser Nacht schlief er gut, und es war, als hätte sich die Feier über einen Tag und zwei Näc h te hingezogen, denn als er am folgenden Tag erwachte, hatte er das Gefühl, sie wäre eben erst zu Ende gegangen.
    An diesem Abend muß ich lange warten, ehe ich heraus kann. Der alte Indianer, Albert Chee, ist immer noch auf den Beinen, läuft immer wieder hinaus und kommt wieder herein. Er murmelt vor sich hin, wandert zwischen den Fe l sen herum, kommt schließlich wieder zurück, um sich ni e derzulegen. Endlich schläft er ein. Ich husche ins späte Mondlicht hinaus und verwandle mich.
    Heute Abend werde ich nicht stromabwärts wandern, sondern die Höhlen der Felswände erkunden. Ich finde den Pfad und springe im Schutz der tiefen Schatten aufwärts, voller Ungeduld dem Mondlicht entgegen, das mich auf der Höhe erwartet. Oben am Ende des Pfads, sehe ich Barrys Wagen, der noch immer dicht am Abgrund steht. Ich setze mich hinter einem Wacholderbusch nieder, um wieder zu Atem zu kommen. Die Mesa ist hier nur dünn bewaldet mit Pinien und Wacholder, höchstens sechs Meter hoch, aber die Bäume bieten ausreichend Schutz. Es ließe sich hier vielleicht ganz gut jagen. Ich lege mich auf dem kiesigen Boden nieder und lausche den Geräuschen der Nacht, wä h rend ich meinen Raumsinn bis an seine Grenzen aussende und die Schatten beobachte, die das Mondlicht unter die verkrüppelten kleinen Bäume wirft. Es ist sehr still, spät in der Nacht, vielleicht zwei Stunden vor Tagesanbruch.
    »Hörst du mich, große Miezekatze?«
    Ich fahre zusammen beim plötzlichen Klang der Sti m me. Es ist lange her, daß Mina auf diese Weise mit mir in Verbindung getreten ist, und ihre Stimme ist soviel kräft i ger als früher. Ich sehe mich um, um festzustellen, wo der Halbmond jetzt steht. Er hängt tief im Westen am Horizont. Wir werden nur einige Minuten Zeit haben, miteinander zu sprechen.
    »Ich höre dich, Mina.«
    »Mami schläft, aber ich bin draußen im Garten auf der Schaukel, und der Mond ist schon fast verschwunden. Geht es dir und Papa gut?«
    »Ja, Mina, es geht uns sehr gut.«
    »Warum bist du an zwei Stellen, große Miezekatze?«
    Ihre Worte sind ganz klar und eindeutig. Ich überlege einen Moment lang.
    »Ich verstehe dich nicht, Mina. Ich liege ganz allein am Rand des Canyons.«
    »Aber ihr seid zu zweit.«
    Plötzlich aufgeschreckt sehe ich mich um. Mein Rau m sinn fühlt mit wacher Aufmerksamkeit nach allem, was in Reichweite ist. Kleine Tiere, ein größeres Tier in der Nähe. Vorsichtig stehe ich auf und spüre wieder. Es ist nicht so groß wie ich. Dann wittere ich es. Ein Reh.
    »Ich bin ganz allein hier«, sage ich zu ihr zurück.
    »Aber ich spreche mit euch beiden«, versetzt Mina ve r wundert, und Überraschung dringt zu mir durch.
    »?«
    »Sie sagt, daß sie nicht mit dir reden kann, weil du noch nicht erwacht bist«, sagt das kleine Mädchen über die we i ten Fernen hinweg.
    Es ist, als befände sie sich im Inneren meines Kopfes, aber weit hinten in der Dunkelheit. Ihre Worte kommen klar und scharf, doch aus weiter Ferne. Angespannt lausche ich. Spricht da noch jemand anderer?
    »Ich versteh ’ das nicht.«
    »Sie sagt, daß du es bald verstehen wirst.«
    »Wer ist das, mit dem du da sprichst, Mina?«
    »Sie ist wie du, große Miezekatze, aber sie kann nicht mit dir reden so wie ich.«
    Jetzt bin ich wirklich vollkommen durcheinander und frustriert. Wenn hier in der Nähe noch ein Wesen meiner Art ist, dann muß ich das wissen. Ein Prickeln läuft bei diesem Gedanken über meine Haut. Ich erinnere mich an das, was der Koyote gesagt hat.
    »Mina, sag mir, wo sie ist.«
    »Das weiß ich nicht. Und jetzt ist sie fort.«
    »Was hat sie gesagt, Mina? Sag es mir ganz genau.«
    »Sie hat gesagt, daß du bald aufwachst, und daß du dann reden kannst.«
    »Aber ich bin doch wach«, entgegne ich und renne aus Ärger über meine eigene Ohnmacht zornig hin und her.
    Ihre Stimme wird jetzt schwach, und ich sehe, daß der Mond gleich den Horizont erreicht hat. An dem Ort, wo M i na sich jetzt befindet, hinter dem Haus in Albuquerque, wird er jetzt schon außer Sicht sein. Wie es kommt, daß unsere G e spräche vom Mond abhängen, weiß ich nicht, aber es war schon im vergangenen Sommer so. Ich frage sie wieder, doch ihre Antwort ist so schwach, daß ich die Worte nicht verst e hen kann. Ich sage ihr auf Wiedersehen und trotte stromau f wärts am Rand der

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