Werwolf-Spuk
Büsche zu beiden Seiten drängten sich jetzt über ihn hinweg.
Schon bald schlugen die ersten Zweige gegen unser Auto. Der Boden war auch nicht mehr so hart und griffig. Er war aufgeweicht wie nasse Seife, und auch ein Rutschen konnte ich nicht vermeiden.
»Ich denke, dass bald Schluss ist«, sagte Carlotta.
»Stimmt genau. Wir kommen nicht mehr weiter.« Ich hielt nach einer Lücke am Wegrand Ausschau, in die ich den Range Rover fahren konnte, doch da gab es nichts.
Mitten auf dem Weg mussten wir stoppen. Zu wenden wäre ein Problem gewesen. Damit wollte ich mich jetzt nicht beschäftigen, stellte den Motor ab und zog den Zündschlüssel aus dem Schloss.
»Ende der Fahnenstange.«
Carlotta und ich stiegen zuerst aus. Suko und Amos blieben weiterhin im Fond sitzen, worüber ich mich wunderte. Ich wartete auf sie und saugte den Geruch des Waldes ein und den leicht moorigen des Wegs, auf dem die Blätter dabei waren, eine Schicht aus Humus zu bilden, die dem Boden gut tun würde.
Die hinteren Türen blieben weiterhin geschlossen. Ich wollte wissen, was los war und zog die Tür auf.
Suko schaute mich kurz an. »Er will nicht.«
»Warum nicht?«
»Erstens geht es ihm schlecht, und zweitens leidet er unter starker Angst.«
»Fängt die Verwandlung an?«
»Erste Anzeichen sind bereits zu spüren. Es geht ihm wirklich nicht gut.«
»Hm.« Ich dachte nach. »Willst du bei ihm bleiben und hier auf uns warten?«
»Nein, um Himmels Willen. Ich schaffe das schon.« Suko sprach Amos Irving an, der einige Male den Kopf schüttelte. Da kam er bei Suko gerade richtig. Gewalt setzte mein Freund zwar nicht ein, aber er schob ihn auf die offene Tür zu, wo ich stand und ihn entgegennahm.
Ich fasste ihn mit beiden Händen an und spürte, wie stark er zitterte. Dann riskierte ich einen schnellen Blick zum Himmel. Dort hatte der Mond mehr Farbe bekommen. Sein Kreis schimmerte durch das Gerippe der Äste.
Irving focht einen innerlichen Kampf aus. Er stöhnte leise. Oder glich das Geräusch schon mehr einem Heulen? Es wäre nicht unnormal gewesen, denn in ihm steckte der Keim der Verwandlung. Ich würde ihn in seinem Zustand auch nie mit dem Kreuz attackieren, allerdings blieb es vor meiner Brust normal und strahlte keine Wärme ab.
Suko zog unseren Schützling zur Seite. Er lehnte ihn gegen den Wagen, wo Irving auch stehen blieb, den Kopf zurücklegte, ihn einige Male kreisend bewegte und danach zum Himmel schaute, um den Mond zu sehen.
Wann würde seine Verwandlung erfolgen? Man musste ihn nur anschauen, um sich diese Frage zu stellen. Ich glaubte nicht, dass dieser Vorgang sich bis zur Tageswende hinziehen würde. Die jetzigen Anzeichen deuteten daraufhin, dass es schon viel früher geschehen würde, und dann wollte ich dabei sein.
Allerdings stand dem die Entführung der Maxime Wells entgegen. Wenn ich beides verglich, dann war mir die Tierärztin wichtiger. Sie musste so schnell wie möglich gefunden werden. Ich ging allerdings auch davon aus, dass der Mann auf der Suche nach ihr ein Hindernis war, und deshalb kam mir der Gedanke an Trennung.
»Du wirst sicherlich mit ihm allein fertig«, sprach ich Suko an, der sich mir zudrehte und den Mund zu einem breiten Lächeln verzog. Allerdings wirkte es sehr gequält.
»Ich weiß, was du vorhast, John.«
»Und?«
Er nickte mir zu und zeigte damit sein Einverständnis. »Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, John. Wir kommen nach und werden dich bestimmt finden.«
»Danke.«
Carlotta hatte zugehört. Sie gab ihren Kommentar ab. »Genau kenne ich die Gegend hier nicht und nur aus der Luft. Was ich da allerdings gesehen habe, davon ist mir schon etwas in Erinnerung geblieben. Der Wald hat auch ein Loch.«
Ich war leicht überrascht. »Was hat er?«
»Naja, eine Lücke.«
»Eine Lichtung meinst du?«
»Genau, John. Mir fiel das Wort nicht ein.« Sie deutete in die Höhe. »Von oben her habe ich die Lücke gesehen. Sie sieht aus, als hätte man den Wald dort gerodet.«
»Okay. Und was hast du noch alles gesehen?«
»Sonst nichts. Aber ich denke, dass die Lichtung nicht schwer zu finden ist. Du musst nur geradeaus gehen und dich durch den Wald schlagen. Kann sein, dass du auch einen Weg findest. Aber du solltest dich beeilen, bevor es richtig dunkel wird.
Carlotta hatte mir ja alles sehr schön erzählt. Allein, mir fehlte der Glaube, und ich merkte auch, dass sich mein Misstrauen meldete. So richtig gefiel mir ihre Aussage nicht.
»Du sprichst nur von mir,
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