Werwolf-Spuk
waren die beiden Wölfe mit dieser halbnackten Frau erschienen. Für sie wäre es kein Wunder gewesen, wenn sie sich wieder hier im Wald herumgetrieben hätten, weil sie auch Verbündete der vier Jäger waren.
Lange brauchte sie nicht nachzudenken, denn sie bekam in den folgenden Sekunden zu sehen, dass ihr Gedanken genau richtig gewesen waren. Die Tiere waren plötzlich da. Sie sprangen im Zickzack auf sie zu. Ihre grauen Körper wirkten in diesem fahlen letzten Licht wie huschende Schatten, und sie hatten nur ein Ziel.
Maxine Wells wusste, dass es keinen Sinn hatte, wenn sie zu fliehen versuchte. Die grauen Tiere waren immer schneller und würden ihr die Kehle zerbeißen, wenn sie sich falsch bewegte.
Neben ihr stoppten sie.
Der eine verharrte links, der andere rechts von ihr.
Weil sie das so genau taten, ging sie davon aus, dass sie dressiert waren und menschlichen Befehlen gehorchten.
In diesem Augenblick ging sie davon aus, dass es keine Werwölfe waren, sondern normale Tiere. Begleiter der fast Nackten, die Maxine auf einmal vermisste. Sie hätte dazugehört, und sie gehörte auch dazu, wie die Tierärztin sehr bald erkannte.
Vor ihr schlich jemand durch den Wald. Diesmal war es kein Tier, sondern ein Mensch. Es war die fast nackte unbekannte Frau, die sich so sicher durch den Wald bewegte und genau die Richtung hielt.
Wenn überhaupt, dann hatte das Mondlicht nur einen schwachen Schleier durch die Lücken zwischen den Bäumen geworfen. Er erreichte kaum den Erdboden. Aber der helle Körper war deutlich zu erkennen. Füße wirbelten Laub raschelnd in die Höhe. Das Geräusch überklang sogar das Hecheln der Wölfe.
Maxine machte nicht den Fehler, sich zu bewegen. Sie wusste, dass die Tiere nur darauf warteten, dass sie es tat und sich ihnen so eine Gelegenheit zum Angriff bot. So blieb sie weiterhin stocksteif stehen und schaute nur nach vorn.
Die fremde Frau mit den langen dunklen Haaren drehte sich noch um einen Stamm, dann war sie da.
Beide schauten sich an.
Maxine lief ein Schauer über den Rücken. Wäre ihr diese Frau bei einer anderen Gelegenheit begegnet, hätte sie diese bestimmt als eine hübsche und auch interessante Person angesehen. Nicht aber in dieser Situation. Hier waren sie beide Feinde. Da stand jeder auf verschiedenen Seiten, und das bereitete ihr Sorgen.
Sie sah das Lächeln der anderen und auch den Glanz in ihren Augen. Dort schien sie das Mondlicht eingefangen zu haben, denn die Pupillen hatten einen helleren Glanz bekommen.
Sie stieß einen leisen Pfiff aus.
Die beiden Wölfe reagierten sofort. Sie ließen Maxine stehen und liefen zu ihrer Herrin. Sie drückten ihre Körper gegen die nackten Beine und wurden von den Händen gestreichelt. Die gespreizten Finger glitten durch das weiche Fell, und die Tiere genossen diese Liebkosung.
»Es sind meine Freunde«, flüsterte die Schwarzhaarige.
Maxine nickte. »Ja, das sehe ich.« Sie war froh, überhaupt sprechen zu können. »Aber wer sind Sie?«
»Ihre Herrin.«
»Haben Sie auch einen Namen?«
»Ich heiße Morgana. Morgana Layton. Ich bin die Herrin der Wölfe und die Dienerin des Götterwolfs Fenris.«
Die Tierärztin hatte jedes Wort verstanden. Sie war auch froh, diese Erklärung bekommen zu haben, obwohl sie nicht in der Lage war, sie zu begreifen.
Auch als Spezialistin für Tiere wollte ihr nicht in den Sinn, dass sich ein Mensch als deren Herrin aufspielte und ausgab. Klar, es gab Tiere, die Menschen gehorchten, aber Wölfe...?
»Du glaubst mir nicht – oder?«
»Es fällt mir schwer.«
Morgana lachte. »Das habe ich mir gedacht. Viele glauben mir nicht. Aber es ist so. Ich liebe die Wölfe, ich liebe den Mond, und ich liebe es, wenn sich Menschen in Wölfe verwandeln, denn erst dann kommen sie richtig in meine Nähe.«
Jetzt begriff Maxine. »Moment mal. Wollen Sie damit sagen, dass auch Sie eine Wölfin sind?«
»Ja, eine Werwölfin. Ich warte auf den vollen satten Mond, der bald am Himmel stehen wird, und dann werde ich mich in das verwandeln, als was ich mich wirklich fühle.«
»Das kann nicht wahr sein.«
»Es ist aber wahr.«
»Und die vier Männer?«
»Sind Freunde von mir. Ich habe sie zu dem gemacht, was sie heute sind. Sie gerieten in mein Revier, ohne überhaupt zu wissen, wer dort lebte. Ich suche mir die dunklen Wälder aus. Ich sorge dafür, dass die Werwölfe nicht aussterben und dass der Keim immer weitergetragen wird. Nur so kann man ihre Existenz sichern.«
Maxine fühlte sich wie vor
Weitere Kostenlose Bücher