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Wesen der Nacht

Wesen der Nacht

Titel: Wesen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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gewitterte, konnte ich mir abschminken, draußen nach ihm zu suchen, sofern ich nicht riskieren wollte, von einem Blitz geröstet zu werden. Frustriert darüber, dass ich erneut nur herumsitzen und warten konnte, schob ich fluchend das Fahrrad in den Schuppen. Mehrmals blieb ich stehen, um einen Blick zur Einfahrt zu werfen, und erwartete beinahe, jeden Moment den Wagen meines Verfolgers um die Ecke biegen zu sehen. Bevor ich ins Haus zurückging, lief ich noch bis zur Ginsterhecke vor und ließ meinen Blick die Straße entlang wandern. Es war niemand zu sehen. Kein aufgewirbelter Staub, auch kein Motorengeräusch, nur das entfernte Grollen des Donners.
    Zurück im Haus verriegelte ich die Tür und überprüfte, ob die Fenster geschlossen waren. Dereks Glaube an die Wirkung der Magie sorgte dafür, dass ich mich tatsächlich sicher fühlte.
    » Cale?«, flüsterte ich in die Stille des Wohnzimmers hinein, wo ich mich in einem der großen Sessel niedergelassen hatte. »K annst du mich hören?«
    Ich bin da, Prinzessin.
    Sofort regte sich das schlechte Gewissen in mir angesichts der Sache mit Derek vorhin– und das, obwohl ich nicht einmal etwas dazu beigetragen hatte. Zumindest nicht aktiv. Trotzdem fühlte es sich an, als hätte ich Cale betrogen, was völlig unbegründet war, denn weder zwischen uns beiden noch zwischen Derek und mir war etwas passiert. Da saß ich nun und fühlte mich schlecht wegen einem Beinahe-Kuss, der nicht einmal von mir ausgegangen war. Wie bescheuert war das denn? Und was sollte das überhaupt mit Cale und mir? Meine Gefühle für ihn waren dumm und sinnlos, denn er war nicht einmal ein Mensch, und bisher hatte ich ihn noch nicht einmal gesehen. Nur eine Astralprojektion. Abgesehen davon würde er ins Jenseits zurückkehren und dort vermutlich eine lange Strafe ableisten müssen. Ich würde ihn nie wiedersehen. Nie. Nie. Nie mehr. Und was sprach eigentlich gegen Derek? Er mochte mich, ich mochte ihn und er hatte mich gerettet. Womöglich würde er mir helfen, Cale und meine Gefühle für ihn zu vergessen. Wohl eher zu verdrängen, denn wenn ich an die Wärme dachte, die schon allein seine Stimme in mir auslöste, wusste ich, dass ich ihn unmöglich vergessen konnte.
    Ich bemühte mich, mir nichts anmerken zu lassen, und berichtete ihm, was passiert war. Falls er etwas mitbekommen hatte von dem Beinahekuss und meiner Aufregung, zeigte er es nicht. Ich erklärte ihm, dass ich meine Suche nach ihm wegen des Gewitters verschieben musste. Während wir uns unterhielten, brach die Verbindung zwischen uns immer wieder ab, als würde das Gewitter noch zusätzlich stören. Ich konnte spüren, wie sehr es ihn anstrengte, den Kontakt aufrechtzuerhalten. Wenn ich ihn noch hören konnte, klang seine Stimme dumpf und weit entfernt, als würde er durch eine geschlossene Tür hindurch aus einem anderen Raum mit mir sprechen.
    »D u solltest deine Kraft nicht verschwenden«, sagte ich.
    Aber es geht dir nicht gut.
    »I ch bin in Ordnung.« Das war die Wahrheit. »D u warst für mich da, als ich dich gebraucht habe. Jetzt will ich, dass du dich schonst, bevor…« Ich wagte nicht, es auszusprechen, aber ich hatte Angst, ihn nicht mehr rechtzeitig zu finden. Obendrein hatte ich ein schlechtes Gewissen, denn meine Sorge galt nicht allein Cale, sondern auch dem Umstand, dass ohne ihn meine Chancen schwanden, Dad und Trick zu finden. » Cale, du musst dich schonen.« Trotz meiner Bedenken ließ er sich nur widerwillig davon überzeugen, sich wenigstens für die Nacht zurückzuziehen.
    Als er schließlich fort war, schrieb ich eine weitere Mail an Mom und ging in die Küche. Es war Zeit, die Einkäufe aufzuräumen und mir etwas zu essen zu machen. Ich war gerade auf dem Weg zur Speisekammer, als ich etwas auf der Arbeitsplatte sah. Wo kam das Schnapsglas her? Das hatte gestern garantiert noch nicht dagestanden. Als ich es in den Schrank räumen wollte, sah ich eine Bewegung im Augenwinkel. Die Porzellanschüssel, die Derek ans hintere Ende der Arbeitsplatte gestellt hatte, stand auf dem Kopf und wanderte langsam in Richtung Spüle. Mit gerunzelter Stirn ging ich näher heran. Zwischen dem Rand der Schüssel und der Arbeitsplatte glaubte ich einen Schatten auszumachen. Das chipsfressende Nagetier! Ich hatte keine Angst vor Mäusen, die Vorstellung allerdings, dass sich eine Maus oder gar eine Ratte unter der Schüssel versteckte, fand ich eklig.
    Das Vieh musste verschwinden.
    Da ich nicht riskieren wollte, dass

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