Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
werden müssen. Diese Erpressungsgeschichte ist meiner Meinung nach vollkommen aus der Luft gegriffen. – Was soll denn immer dieses Gefrage? Die Sache ist doch eindeutig, schließlich gibt es einen Abschiedsbrief.«
»Ich befürchte, so ganz eindeutig ist es leider nicht«, entgegnete Jan.
»Was soll das heißen?« Martina Winkelmanns rechter Mundwinkel zuckte kurz. Ein Hauch Verunsicherung huschte über ihr Gesicht.
»Sie wissen es also noch nicht?«, fragte Jan vorsichtig. »Hat Ihnen Ihr Lebensgefährte nichts davon gesagt? Ich habe vorhin mit ihm telefoniert.«
»Nein, ich habe heute Morgen zuletzt mit ihm gesprochen.« Martina Winkelmann runzelte die Stirn. Es schien, als denke sie über etwas nach.
»Es gibt Hinweise darauf, dass sich Ihr Bruder nicht aus freien Stücken vor den Zug ge…«
»Ha, ich wusste es!«, rief Martina Winkelmann. »Dagmar, habe ich recht? Sie will nicht wahrhaben, wie labil Bernhard gewesen ist.«
»Nein«, sagte Jan.
»Wieso nein? Wer sonst erzählt dann so einen Mist? Was genau wollten Sie überhaupt sagen?«
»Beruhigen Sie sich erst einmal, Frau Winkelmann. Und nehmen Sie bitte wieder Platz.«
»Nein!«, sagte sie barsch. »Ich will jetzt wissen, wer diesen Unfug in die Welt setzt. Wenn es nicht Dagmar war, dann kann es nur mein Vater gewesen sein.«
»Leider auch nicht«, antwortete Jan. »Die Information stammt aus der Rechtsmedizin.«
Unter der dezenten Schicht aus teurem Make-up und Rouge wurde Martina Winkelmanns Gesichtshaut plötzlich blass.
»Das Thema Erpressung, von dem Ihre Nichte gesprochen hat, erscheint plötzlich in einem neuen Licht«, sagt Jan. »Bitte versuchen Sie sich noch einmal an die letzten Wochen zu erinnern. Fällt Ihnen irgendetwas ein, was ungewöhnlich war? Irgendeine Drohung, die Sie vielleicht nicht ernst genommen haben?«
»Ich … ich …« Sie brach ab, setzte dann noch einmal an. »Ich kann nicht glauben, was Sie da erzählen. Weshalb sollte jemand Bernhard vor diesen gottverdammten Zug stoßen?« Plötzlich schossen ihr Tränen in die Augen.
»Das gilt es herauszufinden«, sagte Jan ernst.
»Wieso hat er dann einen Abschiedsbrief geschrieben?« Ihre Stimme klang jetzt schwer. »Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Ich möchte doch noch einmal auf diese Sache mit dem britischen Investor zu sprechen kommen«, versuchte es Jan aufs Neue. »Können Sie bestätigen, dass es Probleme mit den Briten gab?«
»Ich habe kaum etwas von dieser Sache mitbekommen«, antwortete sie ausweichend. »Möglich, dass mein Bruder da etwas missverstanden hat. Er war immer sehr empfindlich, wenn ihn jemand etwas härter anging. Er war nicht der ausgebuffte Geschäftsmann, der er gerne sein wollte und den das Unternehmen gebraucht hätte.«
Jan war irritiert von Martina Winkelmanns Verhalten. Einerseits trauerte sie ganz offensichtlich um ihren Bruder, andererseits sparte sie nicht mit Kritik an ihm.
»Wie steht es um Ihr Verhältnis zu Ihrer Schwägerin?«, fragte Bettina.
Martina Winkelmann verzog ihren Mund zu einer herablassenden Grimasse und wandte ihren Blick ab. Es war offensichtlich, was sie von Dagmar Winkelmann hielt.
»Führten die beiden eine glückliche Ehe?«
»Was ist heutzutage schon glücklich?«, fragte sie zurück. »Die meisten Ehen bestehen doch nur der Kinder wegen.«
»Wollen Sie damit sagen …?«
»Nein, will ich nicht«, fiel sie Bettina ins Wort. »Ich kann Ihnen nichts über das Beziehungsleben meines Bruders sagen, es hat mich nie interessiert. Nur so viel: Dagmar ist mit Sicherheit nicht die Frau, die wir uns an Bernhards Seite gewünscht haben.«
»Wir?«, fragte Jan erstaunt nach.
»Frank-Walter hat allen Grund dazu, schlecht über diese Frau zu denken«, sprudelte es aus ihr heraus. »Sie war es, die Bernhard dazu veranlasst hat, ihn zu degradieren, sodass er nur noch für diese Eventsachen verantwortlich war. Seitdem er die Geschäftsführung innehatte, hat sie sich zunehmend in die Entscheidungen eingemischt.«
»Was hat Frank-Walter denn früher gemacht?«
»Er hat die Finanzbuchhaltung geleitet. Frank-Walter war schon immer ein Zahlengenie.«
»Welchen Grund gab es, dass er versetzt wurde?«
»Er war das Bauernopfer, weil die Brauerei in Zeiten der Krise rote Zahlen geschrieben hat.«
»Und Ihr Vater hat nichts dagegen unternommen?«
»Im Gegenteil. Nach dem Tod meiner Mutter vor fünf Jahren hat er sich nur noch um die Brauerei und seinen Nachfolger gekümmert. Frank-Walter und ich waren ihm
Weitere Kostenlose Bücher