Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
einzigartige Geschmack unseres Pilseners lässt sich deutlich herausschmecken.«
Jan bedankte sich und nahm einen kräftigen Schluck. In der Tat schmeckte das Mixgetränk weit weniger süß und klebrig, als er befürchtet hatte. Wobei es ihm im Moment ohnehin fast egal war, was er trank, solange er nur endlich ein kühles Getränk in den Händen halten und seine Kehle hinunterlaufen lassen konnte.
»Weshalb sind Sie hier?«, fragte Martina Winkelmann, nachdem sie sich auf einem ledernen Bürostuhl niedergelassen hatte, den sie hinter dem Schreibtisch hervorgezogen hatte. »Ich dachte, es wäre alles gesagt. Bei Ihrem Besuch in unserer Villa konnten Sie sich doch ein gutes Bild von unserer Familie machen.«
»Nun«, begann Jan, »die gestrige Situation bei Ihnen hat einige Fragen aufgeworfen, auf die wir gerne Antworten hätten. Die Aussage Ihrer Nichte, dass Ihr Bruder erpresst wurde, steht noch immer im Raum. Und wenn ich Sie richtig verstanden habe, trauen Sie Ihrem Bruder sehr wohl zu, sich das Leben genommen zu haben. Vielleicht können Sie ein wenig Licht ins Dunkel bringen.«
»Tja, so sind wir Winkelmanns eben«, sagte Martina Winkelmann nonchalant. »Wir lieben und wir hassen uns, sage ich immer. Einer Meinung sind wir selten.«
»Könnten Sie etwas konkreter werden?«
»Mein Bruder und ich konnten verschiedener nicht sein. Bernhard war bisweilen depressiv und deswegen auch in psychologischer Behandlung. Dr. Achenbach hat mir mal in einem schwachen Moment gesagt, dass Bernhard an einer tief gehenden psychischen Störung leide, hervorgerufen durch einen Vaterkomplex.«
Jan zog seinen Block hervor und machte sich Notizen. Er hatte von Bernhard Winkelmann einen gänzlich anderen Eindruck gewonnen. Ganz und gar nicht den eines depressiven Menschen, sondern vielmehr den eines arroganten Großkotzes.
»Bernhard war ein Zweifler, jemand, der kein unnötiges Risiko einging. Ganz wie unser alter Herr. Mit dem Unterschied, dass Bernhard der Funktion als Geschäftsführer psychisch nicht gewachsen war.«
»Im Gegensatz zu Ihnen?«, fragte Jan betont harmlos.
»Sie werden von mir bestimmt nicht zu hören bekommen, dass ich es auf seinen Posten abgesehen hatte. Immerhin bin ich die Marketingchefin und habe genug mit dieser Aufgabe zu tun.«
»Und jetzt haben Sie kommissarisch die Geschäftsleitung übernommen«, warf Bettina ein.
»Richtig, haben Sie etwa ein Problem damit?«
»Ganz und gar nicht«, antwortete Bettina. »Gibt es denn weitere Personen innerhalb des Unternehmens, die Anspruch auf die Position hätten?«
»Natürlich nicht«, sagte Martina Winkelmann verständnislos. »Die Brauerei ist im Familienbesitz und soll auch weiterhin in diesem Sinne geleitet werden.«
»Was sagt denn Ihr Vater dazu?«
»Was soll diese Frage?«, fragte sie gereizt.
»Nun«, suchte Bettina nach den richtigen Worten. »Ist es nicht so, dass Bernhard der Liebling Ihres Vaters war? Immerhin hat er die Anteile der Brauerei vollständig auf Ihren Bruder übertragen.«
Martina Winkelmann stand auf und sah Bettina herablassend an. Mit der linken Hand fuhr sie sich durch ihre welligen dunkelblonden Haare. Wie schon gestern trug sie einen schwarzen Hosenanzug und elegante Pumps. Es war offensichtlich, dass sie Bettina zu verstehen geben wollte, was sie von ihrem äußeren Erscheinungsbild hielt. Pullover, Jeans und Sneakers zog sie wahrscheinlich bestenfalls an, wenn sie spazieren ging. Maximal ihr Freund durfte sie so sehen, mutmaßte Jan. Die Öffentlichkeit sollte sie dagegen ausschließlich als taffe, schick gekleidete Geschäftsfrau wahrnehmen. Selbst in Zeiten der Trauer.
»Ja, das war in der Tat eine harte Entscheidung«, antwortete sie schließlich. »Aber ich akzeptiere sie und mein Bruder Frank-Walter ebenfalls.«
»Aber jetzt werden die Karten bestimmt neu gemischt«, warf Jan ein.
»Mag sein.« Sie blickte ihn missgelaunt an. »Ich lasse mir von Ihnen nichts einreden.«
»Arbeitet Ihr Lebensgefährte eigentlich auch im Unternehmen?«, wechselte Bettina das Thema. »Wie hieß er noch gleich?«
»Andreas Behrendt«, antwortete Martina Winkelmann abwehrend. »Er hat nichts mit der Brauerei zu tun, zumindest nicht direkt.«
Jan erinnerte sich, dass Behrendt Jurist war.
»Was meinen Sie?«
»Er ist Anwalt in einer großen Bielefelder Kanzlei. Gelegentlich vertritt er die Brauerei in Rechtsfragen.«
»Auch bei den Verhandlungen mit dem britischen Investor?«
»Nein, da gab es nichts, wobei er hätte aktiv
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