Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Westwind aus Kasachstan

Westwind aus Kasachstan

Titel: Westwind aus Kasachstan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
nur.«
    »Ich bin nicht verhaftet?«
    »Nein. Warum denn?«
    »Ich hatte den Eindruck, daß ich ein Staatsgeheimnis entdeckt habe.«
    »Das war einmal. Vor einigen Wochen hat sich das geändert. Jetzt ist Kirenskija eine Stadt wie alle anderen. Jeder kann sie besuchen. Nur kommen keine Besucher, weil keiner weiß, daß es diese Stadt gibt. Außer denen, die auch bisher Zutritt hatten, sind Sie tatsächlich der erste Besucher von außerhalb, der nichts mit der Stadt zu tun hat. Deshalb möchte General Wechajew Sie sehen.«
    Sie hielten vor der Kommandantur, stiegen aus, gingen an zwei salutierenden Posten vorbei ins Haus und trafen auf den Adjutanten des Generals. Er hatte sie erwartet. Auf dem Fernsehschirm hatte man ihre Fahrt verfolgt. Der Major grüßte, drehte sich um und ging davon.
    »Haben Sie einen Wunsch, Herr Weberowsky?« fragte der Adjutant. Er war im Rang eines Hauptmanns und war in Kasachstan geboren.
    »Ja. Ich habe Durst«, antwortete Weberowsky. »Das war eine wahre Höllenfahrt. Ich bin wie ausgedörrt.«
    »Ich will sehen, was ich herbeischaffen kann.« Der Adjutant klopfte an eine weiße Tür und stieß sie dann auf. »Gehen Sie hinein.«
    General Wechajew war ein ganz anderer Typ als sein Vorgänger Schemskow, der vor kurzem in den Ruhestand versetzt worden war. Er war für seinen Rang noch ziemlich jung, was in Rußland eine Seltenheit war, denn die Generalität bestand größtenteils aus alten Männern. Wechajew, so schätzte Weberowsky, war höchstens fünfzig, drei Ordensspangen zierten seine Uniform, er hatte braunes, gewelltes Haar, war von mittlerer Statur und hatte ein Gesicht wie ein Mensch, der gerne genießt und das Leben heiter nimmt. Vor allem die braunen Augen waren lebhaft. Jetzt musterten sie Weberowsky mit deutlicher Neugier.
    »Sie sind die erste Schwalbe, die bei uns einfliegt. Nach Kirenskija kommt der Frühling«, sagte er heiter. »Leider sind wir auf Schwalben nicht eingestellt. Sie werden ein Nest in Semipalatinsk bekommen. Die Freunde vom KGB sind schon unterwegs.«
    »KGB?!« Weberowsky zog unwillkürlich die Schultern hoch. »Ich bin also doch verhaftet?«
    »Sie wollen Professor Frantzenow besuchen?«
    »Ja, meinen Schwager.«
    »Das kann jeder sagen.«
    »Ich kann es beweisen! Ich habe einen Brief von ihm.«
    »Briefe kann man fälschen.«
    »Was hätte ich sonst für einen Grund, nach Kirenskija zu kommen?«
    »Das ist die Frage, die mich beschäftigt.« General Wechajew streckte die Hand aus. »Den Brief bitte.«
    Weberowsky holte das Schreiben aus der Tasche und hielt es Wechajew hin. Der General las es stumm, faltete den Bogen dann wieder zusammen und steckte ihn in das Kuvert.
    »Sieht echt aus«, sagte er und gab den Brief an Weberowsky zurück.
    »Er ist echt.«
    »Kommen Sie mal her.« Der General deutete auf einen Monitor und schaltete ihn ein. Das Bild zeigte das Schwimmbad. Eine Menge Badender füllte das Becken, auf der Wiese lagen mehrere Männer und lasen, dösten vor sich hin oder spielten Federball. Die Kamera schwenkte hin und her. Wechajew zeigte auf den Bildschirm. Langsam glitt die Kamera über Wiese und Schwimmbecken. »Erkennen Sie unter den Männern Ihren Schwager? Wenn ja, dann sagen Sie ›halt‹!«
    »Ich erkenne ihn sofort – wenn er sich in den letzten neun Jahren nicht allzusehr verändert hat. Neun Jahre sind eine lange Zeit.«
    »Zweimal dürfen Sie sich irren, beim drittenmal werden Sie wirklich verhaftet. Also, sehen Sie genau hin.«
    Weberowsky beugte sich vor und betrachtete das vorbeiziehende Bild. Ist es eine Falle? dachte er dabei. Ist Andrej gar nicht unter den Männern? Will man auf diese Art einen Grund finden, mich nach Semipalatinsk zu bringen?
    General Wechajew schien seine Gedanken zu erraten. »Professor Frantzenow ist unter diesen Männern, ich garantiere dafür. Wo ist er? Sagen Sie ›halt‹.«
    Die Kamera schwenkte zum Beckenrand, zur chromblitzenden Einstiegsleiter. Ein Mann mit jetzt nassen, weißen Haaren kletterte aus dem Wasser. Er trug eine schwarze Badehose und sah für sein Alter noch recht sportlich aus. Weberowskys Kopf zuckte vor.
    »Halt!« rief er. »Das ist er. Das ist Schwager Andrej Valentinowitsch.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Vollkommen sicher bin ich! Das ist er. Schmaler und natürlich älter ist er geworden. Als ich ihn das letztemal sah, hatte er braune Haare mit ein paar grauen Strähnen. Jetzt sind sie weiß.«
    General Wechajew schaltete den Monitor aus, zeigte auf einen Sessel und setzte sich

Weitere Kostenlose Bücher