Wetten, du küsst mich!
schlimmster Feind, sagte sie sich. Er war nichts anderes als ein Dieb, der ihr das Erbe, den Familienbesitz, entreißen wollte. Und ob sie nun diese idiotische Wette gewann oder verlor – sich in diesen Mann zu verlieben, war das Dümmste überhaupt. Und doch – als er sie fragte, ob sie ihn zur Lichterschau begleiten würde, hatte sie etwas in seinen Augen gesehen – eine Einsamkeit, die sie tief im Innersten berührte. Vom Personal hatte sie gehört, dass er den ganzen Thanksgiving Day allein in seiner Suite verbracht hatte und sich nur etwas vom Zimmerservice bestellt hatte. Wie gut es ihr dagegen doch ging. Feiertage hatte sie noch nie alleine verbringen müssen. So gesehen ist es ein Vorteil, dachte sie, dass meine Eltern jeweils mehrfach geheiratet haben. Überall gab es Familienangehörige, und überall war sie jederzeit willkommen. Nur im vergangenen Jahr hatte sie ausnahmsweise Thanksgiving nicht mit ihren Angehörigen gefeiert, sondern mit Matt und seiner Familie.
Sie dachte an Matt, und ihr fiel wieder ein, dass sie ihn noch gar nicht wie versprochen zurückgerufen hatte. Sie hatte den Besuch ihrer Schwester Chloe als Vorwand genommen, das Gespräch kurz zu halten. Doch der wahre Grund war, dass sie die Sache mit Matt gar nicht mehr vertiefen wollte. Sie mochte ihn wirklich sehr, aber sie liebte ihn nicht. Auf jeden Fall war es nicht die Art von Liebe, wie ihre Großeltern sie gelebt hatten – die Art von Liebe, die auch sie wollte. Und trotz seiner gefühlvollen Schwüre glaubte sie nicht, dass er sie wirklich auf diese Art liebte. Denn dann hätte er verstanden, warum das Contessa ihr so viel bedeutete. Aber das tat er nicht. Er hatte auch nicht verstanden, warum sie Kalifornien verlassen hatte und nach Hause zurückgekehrt war, um das Hotel zu retten. Und er würde auch jetzt ihre verzweifelten Versuche nicht verstehen, das Hotel vor der Übernahme durch Hawke zu bewahren.
Sie nutzte die Dunkelheit im Taxi, um Hawke unauffällig zu mustern. In seinen Jeans und seiner Fliegerjacke sah er eigentlich gar nicht so bedrohlich aus, fand sie. Mit seinem vom Wind zerzausten schwarzen Haar und dem leichten Bartschatten wirkte er sogar noch attraktiver. Aber selbst in Freizeitkleidung strahlte er noch Wachsamkeit, Furchtlosigkeit und Entschlossenheit aus. Und gleichzeitig etwas Sinnliches, ja Wollüstiges. Ganz eindeutig war er ein sehr leidenschaftlicher Mann. Dass er ihr unverhohlen gesagt hatte, diese Leidenschaft mit ihr ausleben zu wollen, hätte sie schockieren müssen. Und das tat es einerseits ja auch. Aber andererseits löste es ein Verlangen in ihr aus, das sie kaum noch unter Kontrolle hatte, wenn sie ihm nahe war.
Sofort überkamen sie Schuldgefühle. Nachdenklich sah sie aus dem Fenster des Taxis. Sie durfte Hawke auf keinen Fall spüren lassen, wie anziehend sie ihn fand, das wäre ein großer Fehler. Plötzlich musste der Taxifahrer einem Schlagloch ausweichen, und Laura wurde Hawke regelrecht in die Arme geschleudert. Als sie sich an ihm abstützte, um sich wieder aufrecht hinzusetzen, machte sie den Fehler, ihm in die Augen zu sehen. In seinem Blick lag ein Feuer, das es ihr heiß den Rücken herunterlaufen ließ. Als sie merkte, dass er sie in seinen Armen hielt, zog sie sich blitzschnell auf ihre Seite zurück. „Tut mir leid“, murmelte sie.
„Macht nichts“, entgegnete er, und der raue Klang seiner Stimme heizte die spannungsgeladene Atmosphäre noch mehr auf.
„Tut mir leid wegen der Rumpelei, Leute“, sagte der Fahrer leutselig und betrachtete sie im Rückspiegel. „Die Straßenschäden stammen noch vom Hurrikan, zumal hinterher alles noch wochenlang unter Wasser stand.“
„Ist schon in Ordnung“, sagte Hawke, ohne den Blick von Laura abzuwenden.
„Schon vor dem Hurrikan waren die Straßen nicht die besten, und jetzt sind sie in einem erbärmlichen Zustand“, sagte Laura, um der Situation die Spannung zu nehmen. Wie zur Bestätigung fuhr das Taxi durch ein neues Schlagloch und schleuderte Laura wieder auf Hawkes Seite. Er sagte nichts, als sie schnell von ihm abrückte und sich nun zur Sicherheit am Türgriff festhielt.
„Die Lady hat recht“, kommentierte der Taxifahrer, der von der gespannten Atmosphäre hinter sich offenbar nichts bemerkte. „Viele Straßen müssten dringend repariert werden. Aber die Leute kommen allmählich zurück. Und glauben Sie mir, New Orleans wird wieder aufblühen. Dauert nur länger, als die meisten dachten.“
Während der Fahrer
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