Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wetterleuchten

Wetterleuchten

Titel: Wetterleuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
nicht mehr als das, was in der Zeitung stand. Und falls Becca neugierig war, sollte sie doch Rhonda Mathieson fragen, da sie sich in der Gemeinschaftspraxis bestimmt um das Mädchen gekümmert hatte. Derric könnte ihr wahrscheinlich auch schon mehr erzählen. Er war ja draußen mit Josh, und wenn Becca ihn fragen würde ...
    »Ach, schon gut«, winkte Becca ab. Derric zu fragen, wäre das Letzte gewesen, was sie gewollt hätte.
    Debbie sah sie ernst an und sagte dann: »Ist nicht so gut gelaufen, oder? Zwischen dir und Derric?«
    Becca zuckte mit den Achseln. »Scheint so. Ich hab’s vermasselt. Oder wir beide. Keine Ahnung. Ist ja auch egal.«
    Kinder ... lautete Debbie Grieders gedachte Antwort. Becca konnte ihr diese amüsierte Resignation nicht übelnehmen. Die ganze Geschichte war ziemlich dämlich, und wenn sie Debbie erzählt hätte, wie sie es vermasselt hatte, würde das wahrscheinlich noch dämlicher klingen. Debbie sagte: »Bei der wahren Liebe muss man oft Hindernisse überwinden, Mädchen.« Doch dem konnte Becca nicht zustimmen. Wahrer Liebe stand nichts im Weg, fand sie. So sollte es zumindest sein.
    Jedenfalls konnte sie nicht bei Debbie Grieder im Motel bleiben, ja, nicht einmal auf ihrer Couch schlafen. Es war schlimm genug, dass sie Derric immer in der Schule sehen musste. Wenn sie ihm auch noch außerhalb der Schule ständig über den Weg laufen würde, wäre es die reinste Qual.
    Da half nichts, als zur Arbeit zu gehen. Wenigstens konnte sie so ein bisschen Geld verdienen und ihre neue Unterkunft bezahlen, wenn sie erst eine hätte. Nachdem sie ihren Haferflockenkeks verdrückt hatte, machte sie sich auf den Weg nach Heart’s Desire. Sie musste einmal mit dem Bus umsteigen, um zu ihrem Fahrrad zu gelangen, das sie zwischen Bäumen versteckt hatte. Dann radelte sie rasch die Double Bluff Road hoch, bog am Stoppschild rechts ab und erklomm die letzte Anhöhe hoch zur Klippe, wo die Farm lag.
    Als sie dort ankam, wurde sie von begeistertem Hundegebell empfangen und sah Diana Kinsales Pick-up vor dem Haus stehen. Vier von ihren Hunden sprangen auf dem Hof herum, der das Haus umgab, während Oscar die Szene von der Veranda aus beobachtete, wo er sich nahe der Durchgangsdiele einen guten Platz gesucht hatte.
    Becca ging durch die Küche, wo ein Topf mit Spaghettisoße köstlich duftend auf dem Herd stand. Sie hob den Deckel, um das volle Aroma einzuatmen, und wurde zurückversetzt in die Zeit, als sie von der Schule nach Hause kam und ihre Mom gebackene Bohnen gekocht hatte. Da schnürte sich ihr kurz der Hals zu, und sie räusperte sich lautstark.
    Nein, nein, nein, nein, sagte sie zu sich. Daran durfte sie jetzt nicht denken. Es war so schon alles schwer genug für sie.
    Sie ging in die Durchgangsdiele, um Hallo zu sagen, und sah Diana im Friseurstuhl sitzen. Ihr Haar war feucht, und sie hatte einen Plastikumhang über den Schultern hängen. Sharla stand hinter ihr. Sie schauten beide in den Spiegel und schienen zu überlegen, welcher Haarschnitt für Diana am besten war. Als Becca eintrat, musterte Diana sie lange und konzentriert und streckte dann ihre Hand aus. Becca nahm sie und Dianas schwielige Hand fühlte sich warm an. Sie wanderte rasch zu Beccas Arm, den sie umfasste, und Becca spürte, was sie jedes Mal spürte, wenn Diana sie berührte: eine sanfte Wärme und das Gefühl, von einer Last befreit zu werden. Dann sagte sie zu Becca: »Bleib genau da stehen und pass auf, was Sharla mit mir anstellt. Du musst mir Mut zusprechen. Ist das in Ordnung, Sharla?«
    »Kein Problem«, gab diese zurück. »Sie kommt sowieso als Nächste dran, und keine Widerrede, Miss Becca, denn ich merke schon, dass du protestieren willst. Du siehst mir schon wieder viel zu struppig aus, und ein Haarschnitt von Sharla Mann darf nicht aussehen, als hätte ihn ein Hundefriseur verbrochen.«
    Sharla legte Diana die Hände auf die Schultern und stellte die Stuhlhöhe ein. Doch während sie das tat, fand eine Veränderung im Raum statt. Becca spürte, wie ein Ruck durch Dianas Hand ging, die immer noch auf ihrem Arm lag, und auf einmal wurde alles grau vor ihren Augen und dann schwarz, und kurzzeitig dachte sie, sie würde ohnmächtig werden.
    Bevor sie aber auf sich aufmerksam machen konnte, erschien vor ihrem inneren Auge ein deutliches Bild. Es war scharf gestochen wie eine Fotografie, und dann wurde es zu einem Film. Doch er war verwackelt, wie Filme, die so wirken sollen, als wären sie aus der Sicht einer

Weitere Kostenlose Bücher