Wettflug mit dem Tod (Orion 10)
»Gute Idee.«
»Habe ich öfters!«
Nach weiteren zehn Minuten war die Flasche halb leer, und Titus hielt den Gleiter an.
Er kletterte von seinem Steuersitz und hockte sich neben McLane auf die breite Bank mit Rückenlehne. Sein breites Grinsen bekam Bedeutung, als er sagte:
»Haben Sie schon einmal mit einem Gasdruckgewehr geschossen, Raumfahrer?«
Cliff lächelte unbeholfen und sagte, absichtlich stockend:
»Ach, wissen Sie, Titus, ich glaube, wir sollten hier im Gleiter nicht so förmlich sein. Wir sind mehr als siebzig Stunden beisammen, und ich bin überzeugt, daß wir gute Partner werden.«
Titus sah McLane lange, und wie es Cliff schien, voller Zweifel an, dann nickte er.
»Meinetwegen«, sagte er. »Sie heißen Cliff, nicht wahr?«
Jetzt nickte McLane voller Begeisterung.
»Ja, Titus«, sagte er. Titus mußte sich jetzt so ähnlich wie der hochverehrte Leiter einer Bildungsreise fühlen, die durch sehr unbekannte Gebiete führte. Es gehörte zum geplanten Vorgehen des Kommandanten, denn er witterte in Titus Veever jemanden, der zu Dingen fähig war, wie sie die Zentrale Rechenanlage »befürchtete«.
»Also – können Sie schießen?« fragte Titus.
»Nur mit Raumschiffswerfern, Overkillgeschützen und der HM 4«, erklärte Cliff ruhig. »Zeigen Sie's mir?«
»Es wird nötig sein.«
Das Gasdruckgewehr, das aus des Konsuls persönlicher Waffensammlung stammte, besaß einen relativ langen Lauf und im Kolben ein schweres Magazin; einen Hochdruckbehälter voll Gas. Ein Magazin voller nadelartiger Geschosse steckte vor dem Abzugsknopf. Der Schaft bestand aus Kunststoff, war ziemlich schwer und trug die Verzierungen einer künstlichen Maserung. Auf dem Lauf saß ein Zielfernrohr mit stärkster Vergrößerung.
»Sie drücken diesen Knopf«, sagte Titus und hielt das Gewehr auf dem Knie; die Mündung zeigte senkrecht nach oben. »Dann rutscht ein Geschoß in die Kammer. Diese Nadeln zur Jagd sind mit einem schnell wirkenden Lähmungsgift imprägniert Das Wild fällt um und bleibt tagelang bewußtlos; es verdirbt also nicht.«
Cliff nahm die Waffe und drückte den Knopf vor dem Auslöser.
Ein scharfes, knackendes Geräusch.
Eine der Nadeln rutschte in die Kammer.
»Weiter!«
Titus senkte die Waffe und deutete mit der Mündung auf einen weidenartigen Baum vor dem Gleiter.
»Sie zielen lange, gehen nach Möglichkeit mit dem Ziel mit und drücken dann hier ab. Der Rückstoß ist sehr gering.«
Cliff stand auf, der Gleiter schwankte ein wenig.
»Haben Sie ein Ziel?« fragte er.
Titus steckte zwei schmutzige Finger in den Mund und stieß einen grellen, tremolierenden Pfiff aus.
Zwei schwarze Wasservögel flogen in ungefähr sechzig Metern Entfernung auf und gewannen mit heftig schlagenden Schwingen Höhe. Sie flogen schräg nach Osten ab.
»Zielen Sie auf den vorderen Raubvogel«, sagte Titus scharf.
Cliff verfolgte mit dem Lauf den Flug des Vogels, zielte sorgfältig und drückte ab. Der vordere schwarze Vogel zuckte zusammen und sackte ab, dann fiel er mit heftig schlagenden Flügeln fast senkrecht nach unten.
Cliff drehte sich um und fragte in verblüffend echtem Erstaunen:
»War es so ungefähr richtig?«
Ein unverkennbar wachsamer Ausdruck kam in das bärtige Gesicht des Kolonisten.
»Mann!« sagte er staunend. »Sie bluffen gekonnt!«
Cliff schüttelte den Kopf und stellte das Gewehr ab.
»Ehrenwort, Titus«, sagte er leise, »ich habe bis heute ein solches Gewehr nicht in den Händen gehabt. Vielleicht liegt es daran, daß wir Raumleute ein ziemlich intensives Training haben. Ich bluffe nicht, außerdem haben Anfänger immer mehr Glück als Profis ... das erste Mal.«
Titus schüttelte den Kopf.
»Das ist ziemlich unglaublich«, meinte er und kletterte wieder auf seinen Sessel. »Holen wir den Vogel.«
Cliff setzte sich, und der Gleiter surrte los.
Er durchschnitt das Schilf wie ein Boot. Der Untergrund wechselte ständig: Es waren flache, breite Wasserläufe und Schilfinseln, dann wieder kleine Hügel, auf denen Bäume mit traurig herunterhängenden Zweigen und hellgrünen, an den Rändern roten Blättern wuchsen, wieder ein Stück Sumpf, das mit Kleintieren bevölkert war. Sie flüchteten geräuschvoll, und mit der steigenden Sonne nahmen auch die Geräusche um beide Männer zu. Es knisterte, quakte und zirpte unaufhörlich, und dazwischen ertönten die Schreie von Vögeln. Das Rascheln, sagte Titus, stammte von den Zahnfischen, die hier in den Wasserläufen auf Uferbeute
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