Wettlauf mit dem Tod
Erschrocken fuhr sie zusammen und setzte sich auf. Niemand kannte ihre Nummer – außer Rowdy.
Sie machte Licht, drückte eine Taste am Telefon und hielt es ans Ohr. »Hey.«
»Habe ich dich geweckt?«
»Nein.« Sie führten beide ein relativ unstetes Leben, und Rowdy rief grundsätzlich zu den unmöglichsten Zeiten an. Da ständig Gefahr drohte, fragte sie sofort: »Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Du hattest Gesellschaft.«
Sie schluckte schwer. Wie hatte er das so schnell herausgefunden? »Ein Nachbar.«
»Ein Mann.«
Das Apartmenthaus gehörte Rowdy. Er hatte es unter falschem Namen gekauft. Sie konnte verstehen, dass ihn ihr Verhalten entsetzen musste. »Ich kenne ihn ja kaum …«
»Aber du hast ihn trotzdem zu dir eingeladen?«
Sie konnte seine Skepsis nachvollziehen. »Es ist nicht so, wie du denkst. Er heißt Logan Stark, und aus irgendeinem Grund …« Sie sollte ihm wohl lieber nicht erzählen, dass er sie anbaggerte. Das würde ihn nur wütend machen und sein Misstrauen wecken. Schließlich fand sie Logans Avancen sogar selbst ziemlich seltsam. »Er wollte nur mit mir essen.«
Frostiges Schweigen.
»Komm schon, Rowdy«, beschwichtigte sie ihn, »du weißt doch, dass ich vorsichtig bin.«
»Du spielst mit dem Feuer.«
Möglicherweise. »Das ist doch keine große Sache. Wir haben nur zusammen gegessen.«
»Kannst du mir auch verraten, warum?«
Sie zuckte mit den Schultern, obwohl er es gar nicht sehen konnte. »Das habe ich mich auch schon gefragt. Dass ich ihm gefalle, wäre ja wirklich zu abwegig.«
Er fluchte leise. »So habe ich das nicht gemeint.«
»Doch, das hast du«, entgegnete sie. »Aber das ist schon in Ordnung. Am wichtigsten ist schließlich, unauffällig zu bleiben, stimmt’s?«
»Das gefällt mir nicht.«
»Das ist bei dir inzwischen an der Tagesordnung.« Sie seufzte aus Mitgefühl für ihren Bruder. Sie machte sich Sorgen um ihn. Trotzdem hatte sie die ständigen Ausflüchte satt. »Bitte glaub mir, Rowdy, ich werde kein Risiko eingehen.«
»Vielleicht nicht vorsätzlich, aber was du gestern Abend getan hast, war nicht ganz ungefährlich. Ich werde diesen Typen lieber mal überprüfen.«
Hmm … »Vielleicht könntest du herausbekommen, wo er arbeitet.«
»Frag ihn danach«, schlug Rowdy vor. »Wir warten ab, ob sich das, was er dir erzählt, mit meinen Informationen deckt.«
»Einverstanden.« Wenn sich die Gelegenheit ergab, würde sie ein wenig herumschnüffeln.
»Gib mir eine Woche oder zwei, damit ich etwas über ihn herausfinden kann. Pass so lange gut auf dich auf.«
Das würde sie. Es gab ja sonst niemanden, der das tat, mal abgesehen von ihrem Bruder, doch es hätte ihr nichts ausgemacht, wenn der etwas weniger wachsam gewesen wäre, insbesondere jetzt, wo Logan aufgetaucht war. »Ich hab dich lieb, Rowdy.«
Nun klang seine Stimme schon weicher. »Ich hab dich auch lieb, Kleines. Benimm dich«, ermahnte er sie noch einmal und beendete das Gespräch.
Pepper legte das Telefon zurück auf den Nachttisch. Wie schön wäre es gewesen, Rowdy einmal besuchen und mit ihm einen ganzen Tag verbringen zu können. Doch das würde er nicht gestatten.
Sie konnte verstehen, weshalb, aber das änderte auch nichts daran, dass sie ihn mit jedem Tag mehr vermisste.
Doch trotz ihrer Traurigkeit galten ihre Gedanken nicht ihrem Bruder, sondern allein Logan, als sie versuchte, endlich einzuschlafen.
Und das war höchst verwirrend.
Morton Andrews hielt im dritten Stock seines exklusiven Klubs Hof, umgeben von allerlei Idioten. Er tolerierte sie, da sie ihm gehörten, völlig loyal waren und seinen Einfluss fürchteten.
Er fasste den Polizeibeamten, der gerade den Raum betreten hatte, ins Auge. Er würde ihm keinen Stuhl anbieten. Keine Höflichkeiten.
Die Bullen durften nicht vergessen, welchen Status sie innehatten – nämlich den von gedungenen Hilfskräften. »Stimmt es, dass Rowdy Yates aufgetaucht ist?«
Er bemerkte einen Anflug von Überraschung, der jedoch sofort überspielt wurde. »Wo haben Sie das her?«
Interessant. Dann war vielleicht doch etwas dran. »Sie haben wohl vergessen, dass ich meine Hände und Ohren überall habe. Das sollten Sie doch wissen.«
Zustimmendes Nicken. »Ja, das ist mir bekannt.«
Geduld gehörte nicht gerade zu Mortons Stärken. »Also?«
»Wir wissen bisher nichts Konkretes über Rowdy.«
Dieses kühle, an Verachtung grenzende Selbstbewusstsein. Fast schon ärgerlich. Die meisten Bullen kuschten vor ihm und begriffen,
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