Wettlauf mit dem Tod
wollte.
»Wie sieht es aus, Schätzchen?« Sie strich mit dem Finger über ihr offenherziges Dekolleté. »Hast du ein bisschen Zeit?«
Jede Menge. »Tut mir leid, aber ich glaube, du liegst außerhalb meiner Preisklasse.«
»Für dich mache ich ein Spezialangebot.«
Das konnte er sich lebhaft vorstellen. »Nett von dir, aber diesmal nicht.« Er nickte ihr noch einmal zu und betrat das schummerig beleuchtete Etablissement. Schleppende Musik spielte. Die Nischen und die Bar waren mit Stammgästen besetzt, und auf einer maroden Bühne wirbelten nackte Körper herum.
Er wurde von weiteren Frauen ins Visier genommen und bemühte sich, den Blickkontakt mit ihnen so kurz wie möglich zu halten. Sie brauchten sich keine Hoffnungen zu machen, denn er war absolut nicht in Stimmung. Bevor es ihn wieder nach nächtlicher Gesellschaft gelüsten würde, gab es noch einiges zu erledigen.
Er nickte einer der Damen zu und bedachte eine weitere mit einem halbherzigen Lächeln. Er wusste die Aufmerksamkeit des weiblichen Geschlechts stets zu schätzen, nutzte sie jedoch nicht immer aus. Nur manchmal, wenn die dunkle Vergangenheit ihn einholte und seine aufgewühlten Gedanken den Schlaf fernhielten, brauchte er die Weichheit einer Frau, um die Nacht zu überstehen.
Und jedes Mal verachtete er sich selbst für seine eigene Schwäche.
Rowdy ließ sich an einem der kleinen Tische nieder, lehnte sich bequem zurück und musterte eine der aufmerksamen Damen, die noch viel zu jung aussah, und dann eine andere, die deutlich zu alt war. Schließlich verlegte er sich darauf, einer der Tänzerinnen zuzusehen, die zumindest einen tollen Hintern hatte.
Die durchweg weiblichen Bedienungen, die an ihren kleinen Schürzchen als Angestellte der Bar zu erkennen waren, schwirrten in knappen Kleidchen und auf schwindelerregend hohen Stöckelschuhen nahezu barbusig zwischen den Tischen umher.
Er rieb sich den Mund. Ob ihm ein schnelles Nümmerchen möglicherweise doch dabei helfen würde, seine Gedanken zu ordnen? Allerdings stach ihm noch keine Frau besonders ins Auge. Teufel, er verspürte nicht ein Fünkchen Interesse, nicht einmal für die fast nackte Blondine, deren Kurven er nicht die Aufmerksamkeit schenkte, die sie eigentlich verdienten.
»Was kann ich Ihnen bringen?«, unterbrach eine forsche Frauenstimme seine Gedanken.
Rowdy sah auf und verlor sich in hellblauen Augen.
Allerdings nicht für lange.
Die tanzende Blondine hatte ihn kaltgelassen, doch diese Frau entfachte einen Funken in ihm. Er ließ den Blick über sie wandern, über ihr dickes, dunkelrotes Haar, das von einem Haarband zurückgehalten wurde, die schmale Nase, den breiten Mund und ihren zierlichen Körper.
Sie hatte keine sexy Uniform abbekommen, sondern trug eine gerade geschnittene Jeans, Slipper und ein normales T-Shirt mit rundem Ausschnitt. Das Schürzchen hing ihr locker um die Hüften.
Rowdy sah ihr wieder ins Gesicht. »Du bist mir aber ein knackiges, kleines Ding.«
Sie reckte das Kinn in die Luft. »Okay, Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder sagen Sie mir, was sie trinken wollen, oder Sie suchen sich einen anderen Tisch.«
So, so. Eine kleine Provokation? Eine Aufforderung zur Jagd?
Der Funken zündete und entfachte ein Feuer.
Rowdy lächelte sie an, und sie blinzelte. Er schwieg und beobachtete sie.
»Okay«, lenkte sie ein, »ich muss zugeben, dass dieser Blick funktioniert. Nicht ganz ungefährlich. Aber ich lebe nun mal von meinen Trinkgeldern. Wenn Sie also nichts wollen …«
»Ich will schon etwas.«
Sie schnappte nach Luft und veränderte ihre Haltung ein wenig. Sie sah zur Decke hinauf und dann nach rechts. »Ganz ehrlich, ich muss die Getränkebestellungen aufnehmen. Das ist alles. Das ist mein Job. Mehr nicht.«
»Sie tanzen also nicht?« Er entspannte sich, lehnte sich lässig auf dem Stuhl zurück, legte eine Hand auf den Tisch und eine auf den Oberschenkel. »Verdammt schade.«
Sie runzelte die Stirn über seine gespielte Enttäuschung. »Würde ich das tun, ginge der Laden sofort pleite. Das dürfen Sie mir glauben.«
»Soweit ich gesehen habe, ist die Bar doch sowieso schon am Ende.« Da sie ihn verwirrt ansah, fügte er hinzu: »Das ›Zu verkaufen‹-Schild.«
»Ach so.« Sie rümpfte die Nase. »Erwägen Sie, den Laden zu kaufen?«
»Wenn ich das tue, könnte ich Sie dann an die Tanzstange versetzen?«
»Nicht, wenn ich auch weiterhin für Sie arbeiten soll.«
Hatte der momentane Besitzer das auch schon versucht?
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