When the Music's Over
behaupten?
»Wir haben diese Anzeige gesehen«, sagte Susi und winkte Barbo. »Wo hast du sie nur hingelegt, du tapsiger Bär?«
»Hier ist sie schon, meine Hübsche.«
Luciu und Carlotta tauschten kurze amüsierte Blicke. Waren sie hier in die Inszenierung einer Boulevard-Komödie geraten?
»Wir haben sofort an euch gedacht, als wir … nun, gib schon her.« Susi grabschte Barbo einen grellbunten Zettel aus den Händen. »Was bist du nur für ein Gastgeber! Schenk unseren Gästen von dem Wein ein, dem guten, hörst du?«
»Schon gut, mein Täubchen, dem guten. Wo ist nur die, na ja, Flasche?« Brummend kramte er in den Kisten und Kästen, die an der Wand entlang gestapelt waren.
»Ja, also. Wie ich schon sagte, haben wir sofort an euch gedacht, stimmt’s, Bärchen?«
Zustimmendes Brummen aus Richtung der Kisten. Carlotta entfuhr ein Kichern. Entschuldigend legte sie die Hand vor die Lippen und zuckte mit den Schultern. Ausgesprochen hübsche Schultern, wie Luciu, vorübergehend abgelenkt, fand.
Endlich, nachdem sie den Wein ausgiebig gekostet und gewürdigt hatten, erfuhren sie, worum es in dieser ominösen Anzeige ging. Ein reicher Mann, ein sehr reicher Mann, wollte auf einer Insel namens Freezone ein großes Festival veranstalten und lud alle Künstler dazu ein.
»Alle Künstler?«, staunte Carlotta.
»Na, ihr wisst doch, wie diese Reichen sind.« Mit diesem lapidaren Satz erklärte Madame Esmeralda das Thema für beendet.
»Hm.« Luciu für seinen Teil hatte überhaupt keine Ahnung, wie die Reichen so waren. »Wie sollen wir denn zu dieser Insel kommen?« Er sagte das so, als würde er sogar an deren Existenz zweifeln. Freezone? Nie gehört.
»Wie auch immer«, schwang sich Susi zu einem abschließenden Kommentar auf, »wir haben uns jedenfalls vor einer Woche registrieren lassen, nicht wahr, mein Bärchen?«
Barbo-Bärchen brummte zustimmend. Doch dann hockte er sich zu Luciu und erklärte ihm haarklein, wie das mit dem Registrieren lief.
»Also, du suchst dir ein Cyber-Café und gehst auf die World-Net-Page – die haben nämlich die Rechte an dem Festival – na ja, da kannst du dich anmelden. Die sagen dir dann deinen Sammelpunkt, und dort wirst du dann eingesammelt – na ja, heißt ja auch schließlich Sammelpunkt – und dann bringen sie dich zur Insel. Kostet dich nichts, Essen und Unterkunft sind frei.« Das war mit Abstand die längste – na ja – zusammenhängende Rede, die Barbo je gehalten hatte.
Zwei Tage hatten sie vor leeren Stühlen gespielt – rechnete man die Zuschauer nicht mit, die nur hereingekommen waren, um dem ewigen Regen und der Kälte zu entfliehen –, dann hatten sie einstimmig beschlossen, die weite Reise nach Freezone anzutreten. Dort sollte es, so hatten sie gehört, wenigstens immer warm sein.
Als sie ihre Unterkunft verlassen wollten, entdeckte Alfredo eine vertraute Gestalt. Richtig blass und ganz klein stand er neben ihren Wagen: der Junge, der ihnen in der kurzen Zeit, die er mit ihnen verbracht hatte, richtig ans Herz gewachsen war.
Er sah ganz erbärmlich aus: verfroren, übermüdet und viel zu dünn. Doch die Hand, die Alfredos Arm packte und ihn zur Seite zog, war unerwartet kräftig.
»Ich brauche eure Hilfe.« Garfield kam gleich zur Sache. »Ich habe Freunde, die unbedingt aus der Stadt müssen.«
»Komm, wir reden drinnen weiter.« Alfredo bugsierte den Jungen in den Wohnwagen. Ihm waren die hektisch-besorgten Blicke, mit denen der Kleine die Umgebung absuchte, nicht entgangen.
Selbst als er in der relativen Sicherheit des Wagens war, brachte ihn die Anspannung zum Zittern. Alfredo sah es und brachte ihm einen Becher heißen Tee, der immer auf dem Kocher stand. Garfield trank gierig. Als er noch bei der Truppe gewesen war, hatte er das Gebräu verabscheut, nun meinte er noch nie etwas Köstlicheres getrunken zu haben.
Stimmen und schwere Schritte vor der Tür. Garfield sprang auf, verschüttete den Tee. Wo konnte er sich verstecken? Dann erkannte er die Stimmen: Luciu und Paolo. Erleichtert setzte er sich wieder.
»Seht mal, wer uns mit seinem Besuch beehrt.«
Großes Hallo und Umarmungen. Garfield wurde es eng im Hals. So war das wohl, wenn man nach Hause kam.
»Hat große Sorgen, der Junge«, sagte Alfredo. »Wird uns vielleicht noch erzählen, was ihn bedrückt.«
»Ärger mit der Bürgerwehr?« Paolo nickte wissend.
»Schlimmer.« Garfield sah zu Boden und schob seine Fußspitze auf dem löchrigen Bodenbelag hin und her.
»Freunde
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