Whisper (German Edition)
das, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte und förderte eine Kette zutage. Als er danach griff, bemerkte er, dass diese mit einem Baum verbunden war.
„Hoppla“, meinte er bei sich, zog leicht an der Kette und entdeckte die Falle, die am anderen Ende hing. Ein prüfender Blick reichte. Sie war nicht mehr scharf. Vorsichtig nahm er das Mörderinstrument an sich und betrachtete die Schlagbügel. Er konnte eingetrocknetes Blut, wie auch einige Kratzer erkennen, die darauf schließen ließen, dass jemand an der Falle herumgefingert hatte.
„Was hast du denn gefunden?“ Kino kam näher und stieg ebenfalls vom Pferd. Er sah, wie Stefan mit seinem Fundstück hantierte.
„Eine Falle“, meldete der knapp, „allerdings eine entschärfte. Und irgendjemand muss daran herumgebastelt haben.“
Kino trat näher und nahm ihm die Schlagfalle aus der Hand.
„Stimmt! In der Falle hat sich erst vor Kurzem etwas befunden. Und jemand hat sie mit Geschick und Verstand geöffnet. Jemand, der keinen Schlüssel für den Mechanismus hatte.“
Kino begann sich auf dem Boden umzusehen, untersuchte den Baum, an dem die Kette hing, die nähere Umgebung, als er Stefan abermals schreien hörte.
„Hier, Kino. Hier war jemand. Hier ist eine Feuerstelle!“
Mit dem Fuß beförderte er den Haufen, bestehend aus Erde, Nadeln und nassem Laub, zur Seite und eröffnete eine Brandstelle. Kino trat heran.
„Und da hinten am Baum hat jemand stark geblutet. Ich habe Fußspuren gesehen, ein Pferd war hier und das hier“, er hielt Stefan ein kleines Stück eines T-Shirts entgegen, „ gehört keinem Wildtier. Die Hufspuren stammen zu hundert Prozent von Tom.“
„Wie kommst du denn darauf?“ Stefan deckte die Feuerstelle wieder zu und nahm das Stück Stoff entgegen.
„Denk nach, Stevie. Wir haben Tom vorigen Monat vorne beschlagen lassen, da er sich seinen linken Huf ramponiert hatte. Keines unserer Pferde trägt Eisen. Außer Tom. Dort hinten im Wald, als plötzlich die Spur der Pferde endete. Eine Einzige führte in den Wald. Seine!“
Die beiden Burschen sahen sich gegenseitig forschend ins Gesicht.
„Und was heißt das?“, fragte Stefan nach. „Was glaubst du?“
Kino sah sich noch einmal prüfend um.
„Ich sage dir, dass die Kids genauso ausgesetzt worden sind, wie wir. Vermutlich sind sie im Wald herumgegangen, ohne genau zu wissen wohin, und einer von ihnen ist in dieses Tellereisen getreten. Peng. Damit waren sie hoffnungslos gefangen, denn ohne Schlüssel beziehungsweise Werkzeug bekommt man die Schlagbügel nicht auf. Derjenige saß dort am Baum und hat geblutet. Die Kids waren hier festgenagelt, denn sie konnten nicht mehr weg. Ich wette mir dir, Tom hat sich von den Wilderern losgerissen und ist zu unserer Ranch gelaufen, weil er … weil er dort nach Jasmin gesucht hat.“ Er zögerte einen Augenblick, sprach aber dann weiter. „Jasmin ist einer Eingebung gefolgt und hat sich von Tom hierher bringen lassen. Ich glaube, sie hat die Falle geöffnet und ist nun mit den Kids auf dem Weg zur Ranch.“
Stefan sah seinen Freund nicht nur fragend, sondern mit einem Blick an, der eine deutliche Botschaft enthielt. He Alter, ich glaube ja echt viel, aber bist du sicher, dass du nicht gerade unter Größenwahn leidest.
Kino schien die Worte zu erraten.
„Hast du eine besser Erklärung?“, fragte er fast böse.
Stefan holte tief Luft.
„Neeee, gar nicht. Ich dachte nur, ah, vielleicht haben die Wilderer ihre Fallen kontrolliert und hier ein Wildtier gefunden. Sagen wir, einen Fuchs, denn ein Bär hätte vermutlich deutlichere Spuren hinterlassen. Sie haben den Fuchs an Ort und Stelle erschlagen und ihn gehäutet. Deswegen das Blut. Die Falle hat vielleicht etwas geklemmt, deswegen haben sie nachgeholfen, wobei sich einer der Typen verletzt hat. Deswegen haben sie ein Feuer gemacht, um die Schnittstelle oder Bissverletzung, was weiß ich, auszubrennen. Die Feuerstelle ist nicht groß, hat also nicht lange gebrannt. Dann haben sie ihr Pferd bepackt und sind wieder losgezogen. Und eben dieses eine Pferd hatte vorne Eisen. Echt Kino, nach der Geschichte mit der Palominostute bin ich wirklich bereit, sehr viel zu glauben. Hätte mir die Geschichte jemand anderer erzählt, ehrlich, ich hätte ihn für einen Fantasten oder einen Märchenerzähler gehalten. Dennoch, einem Pferd wie unserem etwas schrägen Tom das Wissen anzudichten, er würde zur Ranch laufen um Jasmin abzuholen, die sich natürlich ohne zu zögern von ihm in
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