Whisper (German Edition)
Kopf. Er sah sie aus großen, dunklen Augen an, während sie ihn hinter den Ohren kraulte und merkte, wie er seinen Kopf in ihre Hand drückte.
Plötzlich stutzte Jasmin. Bilder flackerten durch ihren Kopf. Sie sah … sie sah den Hund laufen, sie sah ihn rennen, diesen Hund. Dann ein Schuss … Jasmin zuckte heftig zusammen … der Hund fiel, blieb liegen, rappelte sich aber dann doch wieder hoch und torkelte irgendwie unkoordiniert weiter. Erschrocken zog das Mädchen ihre Hand zurück und blickte leicht erregt in die dunklen Augen des Tieres, welches sie mit einem lieblichen und verwegenen Ausdruck anstarrte. Jasmin trat zurück, scheute sich, ihre Hand nochmals auszustrecken, und zuckte noch ein weiteres Mal heftig zusammen, als sie plötzlich das laute Krächzen eines Vogels vernahm. Unwillkürlich blickte sie hoch und konnte geraden noch den schwarzen Körper einer dunklen Krähe oder eines Raben erkennen, der mit einigen gekonnten Flügelschlägen in den Wald eintauchte. Hunde, Krähen, Raben, sagte man hier in der Wildnis so etwa Guten Morgen? Jasmin spürte einen heißen Schauer über ihren Rücken rieseln und schüttelte sich leicht. An gewisse Dinge musste sie sich wohl erst gewöhnen. Mit einem unguten Gefühl ließ sie den Hund stehen, trat über die Treppen auf die Veranda, bewegte die breite Türklinke nach unten und stieß die Tür sacht auf.
„Guten Morgen, Jasmin. Ich hoffe du hast gut geschlafen?“ Susanna öffnete gerade den Ofen und schob ein Blech hinein. Jasmin erschrak zum wiederholten Mal, da sie nicht damit gerechnet hatte, sofort gesehen zu werden, war aber von Susannas direkten, freundlichen und unbekümmerten Art doch irgendwie angenehm überrascht.
„Ich freue mich, dass du so früh hergefunden hast. Komm her, ich zeige dir, wo du mir am besten helfen kannst. Wir backen morgens immer frisches Brot und heute stehen noch Pancakes auf dem Programm.“
Jasmin näherte sich vorsichtig. Küchenarbeit war für sie nichts Neues. Lange Zeit hatte sie gekocht, gebacken, geputzt und geschrubbt. In etwa wusste sie, um was es ging.
„Hier!“ Kaum war das Mädchen heran, drückte ihr Susanna eine Schüssel mit einem Teigfladen in die Hand. „Ordentlich durchkneten. Wir haben noch drei Brote zu machen. Bis heute Abend ist dann alles weg. Meistens bleibt nichts übrig. Auch Butter muss heute noch gerührt werden, sonst fehlt heute Abend etwas.“
Jasmin nahm die Schüssel an sich. Susanna sah sie aus freundlichen Augen an, erwartete keine Antwort, wirkte nicht genervt, sondern drehte sich um, um ihrer eigenen Arbeit nachzugehen. Lange wollte sich Jasmin auch nicht bitten lassen. Sie sah sich kurz in der Küche um. Der Gesellschaftsraum war von der Küche nur durch eine niedrige Holzmauer getrennt. Eine breite Steinplatte diente als Arbeitsfläche, sodass man den arbeitenden Menschen in der Küche zusehen konnte. Somit war auch die Möglichkeit einer Konversation gegeben. Die Leute vom Tisch konnte sich mit denen in der Küche unterhalten, und umgekehrt. Diese war nicht weiß Gott wie groß, aber sehr geräumig und durchaus ausreichend. Aus dem Backrohr drang bereits der Duft von frischem Brot. Jasmin stellte die Schüssel ab, schnappte sich ein Geschirrtuch, stopfte es sich seitlich in den Gürtel, zog ihre Ärmel hoch und warf noch einen prüfenden Blick zu Susanna. Würde die Frau sie beobachten? War sie neugierig auf ihre Hände, auf ihre Narben oder auf ihr Tun? Aber Susanna kümmerte sich nicht um sie, sondern räumte geschäftig in ihren Kästen herum. Jasmin blickte kurz auf ihre Hände. Jeder der hereinkam würde sie sehen … nein, würde er nicht, denn kaum einer würde die Küche betreten. Entschlossen griff sie in die Schüssel und begann den Teig durchzukneten. Küchenarbeit. Ein Bereich, wo sie helfen konnte und in dem sie sich auskannte. Da war nichts neu. Somit war es nicht notwendig, Susanna auf die Nerven zu gehen oder ihr zur Last zu fallen. Jasmin wollte die Frau unterstützen, wo es nur ging, und nahm sich auch vor, es zu tun. Vorsichtig lächelte sie in sich hinein, als sie den Teig nun schon zum wiederholten Mal wendete. Irgendwie war es schön, wieder eine Aufgabe zu haben.
Susanna drehte sich absichtlich nicht um. Auch wenn sie auf dem Rücken keine Augen besaß, sie hatten Ohren, und die sagten ihr genug. Jasmin war unsicher, bewegte sich vorsichtig, hatte einen eher ängstlichen Blick. Doch dann … sieh an. Susanna wagte den ersten verstohlenen Blick. Das
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