Whisper (German Edition)
so vertraut genähert wie ihr. Und noch etwas ist mir aufgefallen.“
Kinsky sah seine Frau an.
„Die Katze!“, meinte sie und erntete dafür einen verständnislosen Blick.
„Ja, die Katze“, wiederholte sie. „Mima! Du weißt, wie sie ist. Wenn man sie in der Hand hält, beißt und kratzt sie. Bobby wollte sie hinausbringen, wobei sie sich in seinem Rücken verkrallt hat. Aber als Jasmin sie berührte, hat sich Mima widerstandslos nehmen lassen. Sie hat sie kurz gestreichelt, danach konnte Bobby sie problemlos nach draußen tragen.“
Kinsky lächelte und gab seiner Frau einen Kuss.
„Das war Zufall, mein Herz. Mima war vermutlich nur überrascht.“
Susanna sank in sich zusammen. So sehr gern hätte sie etwas Besonderes an der jungen Jasmin entdeckt. Aber vermutlich hatte ihr Mann recht. Sie bildete sich da etwas ein, was nicht war. Oder gab es vielleicht doch etwas, von dem niemand etwas wusste?
3
E s war kurz nach halb fünf, als Jasmin wach wurde. Der Morgen leuchtete bereits durch das Fenster und sie konnte die Vögel zwitschern hören. Neugierig setzte sie sich auf und blickte aus dem Fenster. Gestern war alles schon in dumpfes Licht getaucht gewesen. Heute würde sie die Ranch in ihrer ganzen Pracht sehen können, sobald die Sonne aufgegangen war. Und diese leuchtete schon hinter den Bergen hervor. Der Tag versprach schön zu werden. Der Himmel war klar, kein Dunst behinderte das Bild, welches langsam gemalt wurde.
Jasmin schlüpfte in ihre Kleider. Jeans, T-Shirt und übergroßer Kapuzensweater, diesmal in dunkelblauer Farbe. Der andere hatte eine Wäsche dringend nötig. Auf der Ranch wollte sie auch die festen Schuhe anziehen. Vielleicht würde sie vor der allgemeinen Arbeit noch etwas Zeit haben, sich umzusehen.
Vorsichtig öffnete sie ihre Zimmertür, leise, um niemanden zu stören. Sollte Stefan noch schlafen, wollte sie ihn nicht wecken. Genauso leise schloss sie sie auch wieder, huschte durch den Raum, zog die Haustür auf und erschrak, als diese leise knarrte. Sie öffnete sie nur einen Spaltbreit, gerade soweit, dass sie hindurchpasste, und zog sie mit verzogenem Gesicht wieder zu. Die Tür knarrte abermals. Vorsichtig lauschte das Mädchen, doch niemand schien es gehört zu haben. Aufatmend drehte sie sich um. Auf der Ranch war es ruhig. Sie lag mitten in der Wildnis, umgeben von Wäldern und Wiesen, war ein Teil des Gebirges, das sich am nahen Horizont türmte, und eine Mauer um den Landstrich zu ziehen schien. Jasmin hörte die Vögel, das leise Rauschen des Windes in den Wipfeln der Bäume, lauschte angespannt, als sie plötzlich das Röhren eines Tieres vernehmen konnte. Das Mädchen hatte keine Ahnung von den Tieren, die hier in freier Wildbahn lebten, aber sie stufte das Röhren als ungefährlich ein. Die Atmosphäre wirkte beruhigend und befreiend auf sie. Eine Katze huschte über den Hof, irgendwo schepperte eine Kette, bis das Muhen einer Kuh die Stille durchbrach. Das entlockte Jasmin ein Lächeln. Ein Lächeln, das niemand sah. Irgendwie gefiel es ihr hier draußen. In Deutschland lebte sie seit ein paar Monaten mitten in der Stadt. Dort war es ständig laut, es stank, und die Hitze im Sommer war oft unerträglich. Die Menschen - meist unfreundlich, hektisch und ihr gegenüber sowieso distanziert. Hier war es ruhig und still. Es war noch kühl, die Luft roch frisch, und die paar Menschen, wie Stefan, Kinsky, Janina oder Susanna hatten sich als freundlich erwiesen. Keine Hektik, kein Stress. Es war anders. Hier fühlte sie die Ruhe, die sie schon lange nicht mehr verspürt hatte, und diese legte sich wie Balsam über ihre blutende, stark verletzte Seele.
Plötzlich blieb ihr Blick an einem Schatten hängen. Dieser Schatten hatte bisher vor der Haustür des Haupthauses gelegen, sodass sie ihn nicht bemerkt hatte, war aber aufgestanden, streckte sich und trat torkelnd über die Veranda. Er war zottig, tiefschwarz, hatte Hängeohren und blickte zu ihr herüber.
Fast automatisch sah Jasmin an dem Haus hoch und konnte den feinen Rauch entdecken, der aus dem Kamin kam. Da war also noch jemand wach.
Jasmin lief über den Hof und beobachtete dabei den Hund, der freundlich zu wedeln begann, als sie näher trat. Irgendwann sprang er von der Veranda und trabte munter auf sie zu. Jasmin blieb stehen. Neugierig kam das zottige Tier heran, schnupperte an ihrer Hand, dann an ihrem Bein, wedelte noch immer, um sie dann mit der Pfote anzustupsen. Jasmin griff dem Tier über den
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