Whisper (German Edition)
ich du wäre, würde ich mich ihm gegenüber, was Jasmin betrifft, sehr still verhalten, denn dem traue ich zu, dir deine vorlaute Klappe ganz undamenhaft zu stopfen! Und er wird Kinsky vorher nicht um Erlaubnis fragen, denn der wird sich wegdrehen und Kino das machen lassen, was immer er zu tun gedenkt.“
Judith sah Janina missmutig an. Dabei bemerkte niemand den schwarzen Vogel, der mit heftigem Flügelschlag losgeflogen war, sich aber jetzt nur noch von der Luft tragen ließ und nahezu geräuschlos über die Köpfe der Mädchen hinwegsegelte. Weit genug entfernt, um nicht bemerkt zu werden und nah genug, um zu treffen. Judith zuckte zusammen, als sie plötzlich ein leichtes Klatschen am Kopf verspürte. Automatisch griff sie mit der Hand nach oben und hatte eine schmierige, schwarz-grüne warme Masse zwischen den Fingern.
„Ich will ja nichts sagen“, grunzte Patrick, dem als Erstes auffiel, was passiert war, „aber im Moment siehst du ziemlich beschissen aus!“
Dabei bemerkten auch die anderen, was Judith am Kopf getroffen hatte und begannen zu kichern und zu prusten.
„Kann es sein, dass dir jemand wortwörtlich auf den Kopf geschissen hat?“, fragte Markus lachend und starrte dabei genussvoll in das Gesicht des Mädchens, die sagenhaft rot geworden war und angewidert auf ihre Finger blickte.
„Hey Judith“, grölte Patrick, und als sie sich im zuwandte, neigte er sich etwas zu ihr, „nicht ablecken. Das kommt sicher nicht gut.“
Man brach in haltloses Gelächter aus, Judiths Ausdruck, ein unbezahlbarer Anblick. Giftig sah sie in die Gesichter der Kids, um dann ihre Hand angewidert zu schütteln. Angeekelt holte sie ein Taschentuch aus ihrer Jacke und versuchte das schmierige Zeug abzuputzen, verteilte es dabei aber nur noch mehr, was nicht unbedingt dazu beitrug, dass sich die anderen Kids beruhigten. Wütend warf sie ihnen einen Blick zu, bevor sie sich abwandte und Richtung Gästehaus verschwand. Christina folgte ihr wie ein Dackel, war bemüht, ein ernstes Gesicht zu bewahren, was ihr aber kaum gelang.
„Diesem Vogel gehört ein Orden verliehen“, tönte Markus und ergriff Ediths Hand. Lachend zog er sie an sich und drückte ihr einen kleinen Kuss auf den Kopf. „Für den Anblick dieses schönen Antlitzes würde ich glatt um den halben Erdball fahren.
Jasmin bekam von all dem nur wenig mit. Sie bemerkte wohl, dass die Gruppe, zu der sie eigentlich gehörte, aufgetaucht war, doch bevor sie sich dafür interessieren konnte, warf Kino die Autotür zu und setzte sich rasch hinters Steuer, startete den Motor und wendete den dunkelblauen Wagen. Das Gegacker der Jugend, welchen Grund er auch haben sollte, interessierte ihn nicht wirklich. Er wollte Jasmin zu seinem Großvater bringen, die Nacht auf der Ranch verbringen und früh am Morgen losreiten, um rechtzeitig auf die Gruppe zu treffen. Normalerweise mochte er solche Trails. Sie brachten ihn der Natur näher, er konnte die enge Verbindung zu seinem Pferd spüren, unter dem Sternenhimmel einschlafen, und meist enthielten diese Ritte noch irgendein kleines Abenteuer, welches man nicht vorhersehen konnte, was dem Ganzen aber einen abgerundeten Touch gab. Doch diesmal gab es Jasmin und sie war nicht mit dabei, sondern musste zurückbleiben. Ein Gedanke, der ihm nicht unbedingt gefiel. Sie war bei seinem Großvater gut aufgehoben, das wusste er. Niemand würde sie dort ärgern oder gar demütigen, und trotzdem ließ er sie ungern allein. Die drei Tage würden hart werden.
Während der Fahrt sprachen sie nicht miteinander. Wie immer starrte Jasmin beim Fenster hinaus und schien ihrem Umfeld gegenüber teilnahmslos. Irgendwann fielen dem Mädchen die Augen zu. Die Rolle Zeichnungen fest in ihrem Arm, verschlief sie den Rest des Weges. Kino warf ihr hin und wieder einen Blick zu. Wie zufrieden sie aussah, wenn ihr einmal die Augen zugefallen waren.
Irgendwann holte sich Kino ihre Hand und hielt sie fest. Jasmin bekam das nur am Rande mit, wurde noch nicht mal richtig wach, aber es war Kino ein Bedürfnis, sie zu berühren und zu spüren. Sah man ihm das wirklich so stark an, dass er verliebt war? War er es denn? Er hatte sich noch nie für ein Mädchen interessiert und es wäre ihm auch jetzt nicht aufgefallen, wenn ihn sein Vater nicht darauf angesprochen hätte. Er mochte sie, ganz klar. Er mochte sie sogar sehr, hatte das drängende Empfinden, ständig bei ihr sein zu wollen, sie zu berühren, nicht nur nett, sondern zärtlich zu ihr zu
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