Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Whisper Island (01) - Sturmwarnung

Titel: Whisper Island (01) - Sturmwarnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
haben. Sie waren perfekt geeignet für jedes Wetter und jeden Boden. Man konnte damit durchs Wasser gehen und an Land laufen. Wenn man warme Socken trug, konnte man die Sandalen das ganze Jahr über tragen, außer bei Schnee. Und deshalb hatte er sie gekauft: damit er sie immer und überall tragen konnte.
    Aber im Augenblick trug er sie nicht, und zwar, weil … und zwar, weil er sie nicht trug. Ganz einfach. Und das ging Hayley gar nichts an. Und es stand ihr auch nicht zu, ihm Fragen darüber zu stellen. Oder ihm überhaupt Fragen zu stellen, wenn man es genau nahm.
    Sie fing langsam an, ihm auf die Nerven zu gehen. Aber inzwischen ging ihm so ziemlich alles auf die Nerven.
    Zum Teil war es seine eigene Schuld. Er hatte mit seinen Eltern eine Abmachung, aber er hielt sich nicht daran. Außerdem war er ihnen gegenüber nicht ehrlich, wenn es darum ging, wie er seine Zeit verbrachte. Hayley hatte recht, wenn sie ihm vorwarf, dass er sich nicht um seine Berufsbefähigungsprüfung bemühte. Er hatte keinen Nachhilfelehrer und lernte auch nicht alleine. Und warum war das so? Weil er es nicht ausgehalten hätte, bei dem Test durchzufallen und für alle Zeiten als der Oberloser dazustehen.
    Als er die Schnellstraße erreichte und nach Freeland hineinfuhr, war die Ampel auf der Straße zum Einkaufszentrum der Stadt gerade auf Rot gesprungen. Einer Eingebung folgend, bog er plötzlich links ab. Es gab noch etwas, das er tun konnte, um sich selbst zu beweisen, dass er kein hoffnungsloser Fall war. Er fuhr zum Geschäft für Farmzubehör und parkte seinen Wagen neben ein paar Heuballen. Sie waren – zum Schutz vor dem Regen – mit einer Plane bedeckt, aber ihre rechteckige Form war noch immer gut zu erkennen. Er betrat das Gebäude und streifte durch die Gänge, bis er das Hundefutter entdeckte. Er musste zwei Tage halbtags im Star Store arbeiten, um genug Geld für Gus’ Hundefutter zu verdienen, denn es war ohne Zusätze hergestellt. Aber er machte das gerne und war froh, es überhaupt bezahlen zu können.
    Er hievte sich einen Achtzehn-Kilo-Sack auf die Schulter. Dann suchte er etwas, das Gus gefallen würde, ohne dass er es in dreißig Sekunden kaputtgebissen hätte. Er entschied sich für einen echten Knochen mit Knorpel, ein riesiges Ding, an dem Gus tagelang herumknabbern oder es herumtragen konnte, wenn er nicht gerade daran nagte.
    Seth nahm den Knochen und ging zur Kasse. Die Kassiererin tippte schon seine Waren ein, als jemand die Hand auf seine Schulter legte, und eine Stimme, die er besser kannte als seine eigene, sagte: »Ich bezahl das. Und das hier auch.«
    Er schaute auf und erkannte seinen Großvater. Ralph trug genau das gleiche Hundefutter über der Schulter. Als Seth das sah, schnürte sich ihm der Hals zu, denn es bedeutete, dass Ralph, neben all seinen anderen Vermutungen, auch davon ausgegangen war, dass Seth das Futter für seinen eigenen Hund vergessen würde.
    »Kommt gar nicht infrage«, widersprach Seth und reichte der Kassiererin das Geld. Er nahm das Futter und den Knochen und ging nach draußen. Er lief zu den Heuballen, doch als er dort ankam, war seine Wut fast schon wieder verraucht. Er stellte den Beutel mit dem Hundefutter auf den Boden und ließ sich auf einen Heuballen sinken. Den Knochen drehte er wieder und wieder in seiner Hand.
    Mit einem dumpfen Plumpsen setzte sich jemand neben ihn. Dann erklang die Stimme, die Seth mehr als alles auf der Welt liebte: »Ich habe dir unrecht getan, Seth. Ich hätte es besser wissen müssen, aber das habe ich nicht und möchte dich um Verzeihung bitten. Ich hoffe, du kannst mir vergeben.«
    »Du hast sogar gedacht, ich würde das Futter für Gus vergessen«, warf Seth seinem Großvater vor.
    Und Ralph räumte ein: »Stimmt. Und das war auch unrecht von mir. Ich habe mir etwas zusammengereimt und ich lag falsch. Bitte verzeih mir auch das, Seth.«
    »Grandpa, ich habe deine Sachen nicht geklaut«, beteuerte Seth. »Und ich nehme auch keine Drogen. Mein Gehirn ist auch so schon verkorkst genug. Wie wäre ich erst drauf, wenn ich Drogen nehmen würde?«
    Ralph seufzte. Er nahm seinen Hut ab, kratzte sich heftig den Kopf und setzte ihn wieder auf. Dann sagte er: »Das weiß ich doch. Einen Moment lang habe ich daran gezweifelt, aber Zweifeln ist menschlich und ich hoffe, du weißt, dass ich auch nur ein Mensch bin. Die Menschen reimen sich Dinge zusammen und manchmal liegen sie eben falsch. Aber das Allerwichtigste ist doch: Ganz gleich, was ich denke

Weitere Kostenlose Bücher