Whisper Island (01) - Sturmwarnung
Schüler gemeinsam mit Becca gerade beobachtet hatten.
Cops … dafür ist jemand dran … neben der Kappe … Party mit Nyombe … Homecoming-Ball … Mann, er ist so scharf … was ich will … Aaron hat ’nen Dachschaden … Courtney dreht total durch … wenn er mich gefragt hätte, hätte ich … weiß nicht, sein Bein oder … Penner … jetzt habe ich eine Chance bei ihr …
Becca machte eine der sechs Türen auf. Im Schulgebäude deckte sich das, was die Leute aussprachen, mit ihrem Flüstern. Sechs Mädchen saßen an einem Tisch im neuen Gemeinschaftsraum, zwei von ihnen weinten. Vier Jungs in College-Jacken liefen vorbei und waren in ein ernstes Gespräch mit einem Sporttrainer vertieft. Schüler standen in Grüppchen beieinander und tauschten mit besorgten Mienen die neuesten Gerüchte aus. Dann lief Tatiana Primavera vorbei und steuerte mit ihren Stöckelschuhen auf das Verwaltungsbüro zu. Sie sah aus wie jemand, der unheimlich wichtige Dinge zu erledigen hatte.
Dann hörte Becca: »Warst du dort?« Sie wusste, wer da redete, noch ehe sie sich umdrehte und Jenn McDaniels erblickte.
»Seth Darrow war dort, also musst du auch dort gewesen sein, da ihr zwei euch ja so nahesteht. «
Jenn war nach Becca in den Gemeinschaftsraum gekommen. Für ein so zierliches Mädchen gelang es ihr ausgesprochen gut, wie eine Naturgewalt zu erscheinen, die kurz davor war, das zu tun, was Naturgewalten üblicherweise so tun: explodieren, toben, zerstören, überschwemmen. Becca hörte die Schimpfwörter in Jenns Flüstern. Sie fragte sich, wie oft Jenn sie laut aussprach.
»Er liegt im Koma.« Jenn lächelte höhnisch und fügte hinzu: »Vergiss nicht, Seth davon zu erzählen. Oder hat er es dir erzählt? Ich wette, er ist jetzt superglücklich .«
Becca schloss daraus, dass Seth weder der Polizei noch irgendjemandem sonst erzählt hatte, dass sie zu dem Zeitpunkt auch im Wald gewesen war. Diana Kinsale wusste es auch, aber etwas an dieser Frau sagte ihr, dass sie Becca genauso wenig verraten würde. Sie war unglaublich erleichtert. »Im Koma? Derric? Wovon redest du?«
Jenn lachte herb. »Oh, als wüsste ich nicht, worauf du es abgesehen hast, seit du ihn das erste Mal getroffen hast.«
»Seth?«
»Stell dich nicht so dumm, Dickerchen. Und hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel geguckt? Als hättest du je eine Chance bei Derric.«
Bevor Becca etwas erwidern konnte, brachte ein ohrenbetäubendes Pfeifen den ganzen Gemeinschaftsraum zum Schweigen und eine Stimme ertönte über die Lautsprecheranlage.
»Hier spricht Schuldirektor Vansandt. Alle Schüler sind aufgefordert, sich zu einer Versammlung in die Aula zu begeben. Sie beginnt in zehn Minuten.«
Becca wusste nicht, wo die Aula war, fand es aber recht schnell heraus, weil die Schüler aus dem neuen Gemeinschaftsraum auf den großen Gang mit den sechs Eingangstüren strömten. Sie gingen nicht nach draußen, sondern nach links und verschwanden kurz darauf um eine Ecke. Interessanterweise folgte ihnen Jenn McDaniels nicht. Sie machte sich, an Becca vorbei, in die entgegengesetzte Richtung auf. Sie stieß Becca mit der Schulter heftig aus dem Weg, sagte: » ’tschuldigung , Speckschwarte«, und ging denselben Flur entlang wie Tatiana Primavera kurz zuvor, so als hätte sie etwas mit dem Schuldirektor zu besprechen.
In der Aula drängten die Schüler aneinander vorbei, um einen Sitzplatz zu ergattern. Auf der Bühne stand ein Rednerpult. Daneben waren auf beiden Seiten Stühle aufgereiht, vier auf der einen und drei auf der anderen Seite.
Becca fand sich inmitten des Gedränges wieder, während sie sich gedanklich ganz darauf konzentrierte, was Jenn ihr gesagt hatte. Sie wusste nicht, was genau es bedeutete, wenn jemand im Koma lag. Sie wusste, dass Menschen ein Koma überleben konnten, aber sie wusste auch, dass sie manchmal jahrelang dahinvegetierten und nie wieder erwachten. Oder wenn sie erwachten, waren zehn Jahre vergangen, und alles um sie herum hatte sich verändert.
Das wünschte sie Derric nicht. Allein der Gedanke war ihr unerträglich. Sie wollte, dass es ihm gut ging und er »Freude« empfand, so wie er es sich ständig selbst vorbetete und so wie sein Lächeln andere Leute glauben ließ, dass er sich freute, weil sie den Rest von ihm, der aus Sonnenlicht, aber auch aus Traurigkeit bestand, nicht spüren konnten.
Becca dachte an Seth und daran, was Jenn über ihn gesagt hatte – wie sehr er sich über die Nachricht freuen würde, dass
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