Whisper Island (01) - Sturmwarnung
mir überhaupt jemand helfen kann, dann Seth, dachte sie. Sie vertraute ihm nicht rückhaltlos. Das konnte sie auch nicht. Aber sonst gab es niemanden, an den sie sich wenden konnte.
Er war nicht dort. Sie schaute sich in allen Räumen um. Schließlich hatte sie keine andere Wahl mehr und musste die Leute dort fragen, ob irgendjemand wusste, wo er war, und sie hatte Glück. Wie sich herausstellte, hatte Seth von allen Geld eingesammelt und war rüber zur Pizzeria gegangen, um eine große Salami-Pilze-Pizza zu besorgen.
Becca spürte Panik in ihr aufsteigen, weil sie wieder hinaus auf die Straße musste, zwang sich aber dazu. Die Pizzeria war auf der First Street, fast auf dem höchsten Punkt der Steilküste, die die Passage überblickte. Gleich daneben befand sich hinter einem Lattenzaun und einer Hecke ein kleiner Garten mit schmiedeeisernen Tischen, wo Touristen im Sommer ihre Pizza aßen. Becca wartete hier nervös, aber als Seth nicht so schnell auftauchte, wie sie gedacht hatte, fasste sie sich ein Herz und ging hinein.
Er bezahlte gerade. Becca ging auf ihn zu, aber der Lärm in der Pizzeria stürmte gnadenlos auf sie ein. Der Raum war erfüllt von einer Mischung aus Musik, Gesprächen und Flüstern, und für einen kurzen Moment schwankte sie nach hinten, weil sie das Gefühl hatte, etwas würde sich ihr in den Kopf bohren.
Seth drehte sich um, als könne er Beccas Panik spüren. »Hey. Was ist los?«, fragte er, als man ihm die Pizza reichte.
Sie antwortete: »Du musst … Seth, ich brauche Hilfe … Ich habe niemanden …«
Er zeigte mit dem Kopf zur Tür. »Draußen.«
»Ich kann nicht! Sie könnten mich sehen.«
»Wer? Außerirdische? Komm schon.« Er führte sie nach draußen, aber nicht auf den Gehsteig. Stattdessen ging er mit ihr in den kleinen Garten der Pizzeria, wo Becca ihm erzählte, dass der Sheriff im Motel war.
Er fragte: »Und?«, und ein einziges geflüstertes Wort drang durch Beccas Panik. Verfolgungswahn .
»Du verstehst nicht.« Sie stammelte, dass der Sheriff in der Schule aufgetaucht sei, und erzählte Seth von den Fragen, die er gestellt hatte, von dem Handy, davon, dass die Polizei das Handy zurückverfolgt hatte, der Name ihrer Mutter erwähnt worden war und der Sheriff ihn jetzt kannte.
»Sie haben mittlerweile wahrscheinlich mit meinem Stiefvater gesprochen. Sie müssen mit ihm geredet haben. Ich kann nicht zurück zum Motel. Wenn der Sheriff mich sieht und meine Verkleidung nicht gut genug ist und er meinem Stiefvater erzählt … Der Sheriff wird ihn direkt zu mir führen, Seth. Dann wird er mich umbringen, Seth. Verstehst du? Er wird mich umbringen. «
»Was zum Teufel …?« Seth sah sie merkwürdig an. Sie konnte es ihm kaum verübeln. Je mehr sie ihm erzählte, umso verrückter hörte sich die ganze Geschichte an. »Willst du mich nicht mal aufklären, was wirklich los ist?«, fragte er und darüber hinaus konnte sie noch hören: Vorsicht, Vorsicht . Er vertraute ihr genauso wenig wie sie ihm, und sie wusste nicht, wie sie sein Vertrauen gewinnen konnte.
»Ich kann nicht. Seth, bitte. Bitte . Ich kenne sonst niemanden, der …«, flehte sie.
»Okay, okay.« Seth trat von einem Bein aufs andere, während Becca ihm über die Schulter blickte und nach den Scheinwerfern des Polizeiautos Ausschau hielt. Schließlich sagte er: »Warte hier. Ich muss die Pizza rüber zum Gemeindezentrum bringen. Hast du Hunger? Hier, nimm ein Stück. Mach ruhig, ist kein Problem. Du kannst meins haben.«
Becca nahm es mit zitternden Händen. Sie konnte das Stück Pizza kaum halten, geschweige denn es vernünftig zum Mund führen. Seth machte die Schachtel wieder zu und sagte ihr, sie solle sich auf einen der schmiedeeisernen Stühle am anderen Ende des Gartens setzen. Dort würde sie niemand sehen, weil die Ecke in Dunkelheit gehüllt war.
Als er weg war, ging Becca in den hinteren Teil des Gartens. Hier drang der Lärm der Pizzeria nur noch gedämpft zu ihr herüber. Sie konnte die Wellen gegen die Klippen klatschen hören. Davon abgesehen hörte sie nur ein Auto vorbeifahren, konnte aber nicht ausmachen, ob es der Wagen des Sheriffs war, weil ihr das Gebüsch die Sicht auf die Straße versperrte.
Sie dachte an Jeff Corrie und daran, was passieren würde, wenn er hier auf der Bildfläche erschien. Er würde sie problemlos packen und mitnehmen können, und dann wäre sie ihm völlig hilflos ausgeliefert. Er war zwar nicht ihr Vater, aber den kannte sie ja nicht einmal. Jeff Corrie
Weitere Kostenlose Bücher