Whisper
gegeben, sagte er, aber bald darauf hatte die Band wieder zu spielen begonnen, und außer dass Gustaf und Marie seltsam verstört geblieben waren, hatte er nichts aus ihnen herausbekommen.
Pancake und Hitchcock waren im Garten. Der Kater hatte sich das ausgegrabene Erdloch beim Kompost vorgenommen, neben dem immer noch der Spaten lag. Schon seit Stunden hockte er unter der Erde und stieß alle paar Minuten ein aufgeregtes Maunzen aus. Einmal stand Pancake am Rand und lugte ängstlich zu ihm herunter, als wolle sie fragen: »Was treibst du da eigentlich die ganze Zeit?«
Oben in Kats Schlafzimmer klingelte das Handy – schon zum dritten Mal in den letzten zwei Stunden.
»Ich geh mal ran«, sagte Gilbert. »Vielleicht ist es ja was Wichtiges.«
Als er wiederkam, war sein Gesicht rot vor Aufregung. »Kat bekommt einen Bambi, ihr Assi war dran, er hat gerade die Post geöffnet! Einen Bambi für die beste Darstellerin in Bis aufs Blut , sie haben es gerade in der Presse bekannt gegeben und wollen jetzt ein Interview mit Kat machen. Sie würden auch herkommen, wenn das für Kat okay wäre. Was meinst du, Noa, soll ich zur Mühle gehen und ihr Bescheid sagen? Sie wird doch dort sein?«
Seine Stimme klang plötzlich unsicher und Noa wechselte einen raschen Blick mit David. Sie war wütend auf Kat, furchtbar wütend, aber im Innersten war sie besorgt. Was wusste Kat über Robert, über sein Leben, über die Zeit vor dreißig Jahren? So, wie sie ihn gestern Morgen am Gartentor angeschrieen hatte, offensichtlich nicht besonders viel. Und doch genug, um von einer gottverdammten Vergangenheit zu sprechen. Und wie hatte er diese unmögliche Situation von gestern Abend aufgeklärt? All diese Fragen überschatteten den Stolz, den Noa natürlich auch empfand. Einen Bambi zu bekommen, das war so ziemlich das Größte, was man sich als deutsche Schauspielerin vorstellen konnte.
»Ich gehe«, sagte Noa. »Ich gehe hin und frage sie.«
Kat kam ihr zuvor. Als Noa aus dem Haus gehen wollten, trat sie ihr auf der Terrasse entgegen. Ihre Augen waren verquollen, aber sie lächelte, ein sanftes, unsicheres Lächeln. Kat, dachte Noa, ich erkenne dich nicht wieder.
»Robert und ich wollen zum Essen in die Stadt fahren«, sagte Kat. »Ich wollte nur kurz nach Hause, mich umziehen, dann holt er mich ab. Ist bei euch alles okay?«
»Du hattest einen Anruf, Kat. Du –« Noa lächelte. Ein warmes Gefühl stieg in ihr auf. »Du kriegst einen Bambi für die beste Darstellerin in Bis aufs Blut.«
»Was?« Kat starrte Noa an und plötzlich fing sie an zu weinen. Sie lehnte sich ans Treppengeländer, presste die Hände vor ihr Gesicht und schluchzte, es schüttelte sie richtig. »Das ist alles zu viel für mich!«
Gilbert kam in den Flur, er sah erschrocken aus und wollte Kat in den Arm nehmen, aber Noa hielt ihn zurück. »Kann ich dich einen Augenblick sprechen, Kat?«
Kat nickte, straffte die Schultern und ging mit Noa in ihr Zimmer.
»Was hatte das gestern Abend zu bedeuten?«, fragte Noa. »Diese Stille im Zelt, als Robert dich holen kam. Dieser Ausdruck auf Gustafs Gesicht. Was hat Robert dir darüber erzählt – und was hast du mit seiner Vergangenheit gemeint, von der du gestern Morgen gesprochen hast?« Noa forschte in Kats Gesicht, das jetzt irritiert aussah. »Ich habe euch gestern Morgen vor dem Haus gehört, Kat«, erklärte Noa und hielt ihre Mutter bei den Handgelenken. »Hat Robert dir irgendwas erzählt? Etwas über Eliza Steinberg?«
»Eliza Steinberg?« Kat sah jetzt völlig verwirrt aus. »Den Namen hab ich schon mal gehört … Steinberg, waren das nicht die Leute, die in unserem Haus gewohnt haben? Was meinst du denn damit? Warum soll mir Robert etwas über sie erzählt haben?«
Noa zögerte. »Nur so«, sagte sie ausweichend.
Kat seufzte und knöpfte sich das Piratenhemd auf. Zerknittert und verschwitzt sah es aus. »Nein, Noa. Er hat mir nichts erzählt. Ich habe ihn nach seiner Familie gefragt, aber er sagt, er will darüber nicht sprechen, und wir …« Kat zog die Nase hoch. »Wir haben gestern Nacht eigentlich mehr über mich gesprochen. Noa, ich … ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich habe zum ersten Mal das Gefühl, dass jemand mich meint, mich , nicht Katharina Thalis, die Schauspielerin. Robert wühlt Gefühle in mir auf, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie hatte. Meine Filme, all das, das interessiert Robert überhaupt nicht. Er … ach Scheiße, Noa! Was soll ich bloß machen?«
»Das
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