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Whisper

Whisper

Titel: Whisper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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hast, könnten wir eine Nacht dort bleiben, irgendwo im Hotel, nur wir drei. Gilbert ist zur Kneipe gegangen, er will Marie fragen, ob sie die Katzen füttert, dann brauchen wir uns darum keine Sorgen zu machen.«
    Kat sah Noa an. »Ich fände es schön, wenn du dabei wärst.«
    Noa brauchte nicht lange zu überlegen. »Ich komme mit.«
    In dieser Nacht kamen die Schritte aus dem Garten. Leise, fast lautlose Schritte waren es, die im feuchten Gras versanken. Aber Noa war auch heute wieder halb im Traum und die Schritte mischten sich in ihn hinein, genau wie die Geräusche, dumpf und vage. Das leise Rattern, das metallische Klappern, ein Ratschen.
    Noa wollte aufstehen, aber der Schlaf war schwerer, er zog an ihr und hielt sie fest. Sie seufzte und drehte sich um, und dann träumte sie von David, einen langen, intensiven Traum, von dem sie sich am Morgen nur mit Mühe zu lösen vermochte.

VIERUNDZWANZIG
    Wir fahren zurück in die Stadt, aber es ist kein Zuhause. Es ist nur ein anderer Ort, an dem ich nicht existiere. Im Haus auf dem Dorf werde ich existieren. Habe ich nicht gesagt, ich möchte eine Geschichte haben? Jetzt habe ich eine. Mein Vater hat sie mit erfunden, ohne es zu wissen. Ich war nett zu Dumbo und nun liebt er mich. Er liebt mich, während Robert mich begehrt. Das ist ein gewaltiger Unterschied.
    Eliza, 19. August 1975
    D ie Schlüssel waren tatsächlich im Auto, Gilbert hatte sie gefunden und entschuldigte sich bei Kat. Er selbst hatte sie stecken lassen, gab er zerknirscht zu und fing sich von Kat eine Kopfnuss.
    Die Katzen hatten sie im Haus zurückgelassen, Marie hatte eingewilligt sie zu füttern, aber Kat war es zu gefährlich, ein Fenster offen zu lassen. Die Luft war drückend, der blaue Himmel der letzten Tage hatte sich grau gefärbt, eine graue Decke, durch die eine blasse Sonne schien. Erst als Kat auf die Autobahn fuhr, wurde es klarer. Obwohl Samstag war, herrschte nicht viel Betrieb, die Autobahn war streckenweise fast leer, nur der Wagen geriet ein paar Mal ins Stottern, weil der Motor seltsame Geräusche machte.
    »Was hast du mit Alfred veranstaltet, Gil?«, fragte Kat. Sie gab allen ihren Autos Namen, das letzte hatte sie Frau MüllerLüdenscheid getauft, ihr erstes, ein blauer VW, hatte Tante Friedchen geheißen. »Falsch getankt?«
    Gilbert schüttelte den Kopf, er sah beunruhigt aus. »Normal«, sagte er. »Ich hab Normal getankt, das schluckt er doch immer, oder nicht?«
    Kat schüttelte den Kopf. »Eigentlich trinkt Alfred Super . Wenn’s nicht besser wird, lassen wir ihn an der nächsten Tankstelle mal durchchecken. Aber jetzt sind wir ja gleich da.«
    Als Kat zwei Stunden später den Landrover in einem Parkhaus der Düsseldorfer Altstadt parkte, schien die Sonne.
    Die kleinen, kopfsteingepflasterten Gässchen waren überfüllt und es herrschte eine ganz eigenartige Stimmung – zumindest kam es Noa so vor. Als wäre die Welt von Slowmotion plötzlich auf Fastforward umgeschlagen. Die Leute wirkten fast ausnahmslos hektisch, trotz des gemütlichen Sommerwetters schienen alle wie von einer inneren Uhr angetrieben. Es war laut, alle möglichen Geräusche mischten sich durcheinander, streitende Pärchen, schimpfende Mütter, Hundegebell, Jazzmusik, die aus geöffneten Cafés oder Kneipen drang, und das Geschrei eines Mannes, der vor Woolworth auf einem Plastikeimer stand. Er trug einen Nadelstreifenanzug und auf dem Kopf einen pinkfarbenen Hut und er predigte lauthals von der Wiederauferstehung Jesu.
    »Hey Gilbert, da kannst du dich doch dazustellen, was meinst du?«, scherzte Kat und diesmal war sie es, die sich von Gilbert eine Kopfnuss gefallen lassen musste.
    Noa grinste.
    Kats Interview war um zwei, Gilbert würde sie begleiten, aber Noa beschloss spazieren zu gehen. Sie wollte weg von diesem Ameisenhaufen an Menschen und versprach Kat sie und Gilbert um fünf im Museum zu treffen. Kat wollte sich dort eine Ausstellung abstrakter Kunst ansehen, in der auch Robert mit seinen Bildern vertreten war.
    Die Altstadt liegt am Rhein, an dessen langer Uferpromenade Noa entlangging, keinem Ziel folgend, bis sie an einer Telefonzelle vorbeikam. Die ganze Zeit über hatte der Gedanke an den Zeitungsausschnitt über Elizas Verschwinden irgendwo in ihrem Hinterkopf gelauert, jetzt trat er nach vorn, und als Noa in die von Graffiti beschmierte Zelle trat, zitterte sie plötzlich vor Aufregung.
    Der Name Steinberg war in den abgegriffenen Telefonbüchern dreimal vertreten. Ein Doktor war

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