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White Horse

White Horse

Titel: White Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Adams
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ein Ventil für meine Wut brauche, verkrieche ich mich in die
Ecke gleich neben den Türen. Die Kreuzschmerzen haben ein wenig nachgelassen,
nun, da ich nicht mehr unentwegt über das harte Pflaster marschiere.
    Der Regen, dieser Scheißregen, will nicht aufhören. Ich kann sein
Trommeln nicht mehr hören. Kein Donnergrollen, das die Eintönigkeit
unterbricht. Kein Wechsel zu leisem Rieseln. Nur unerbittliches Trommeln.
    Meine Wache kommt und geht, und dann schlafe ich wieder. Nick und
ich sitzen uns in seiner früheren Praxis gegenüber, in dem Sprechzimmer, wo ich
ihm zum ersten Mal von dem Gefäß erzählte.
    Â»Die Büchse der Pandora«, sagt er. »Ich habe dir geraten, sie zu
öffnen.«
    Â»Das ist nicht deine Schuld.«
    Â»Nein. Aber dass du hier bist, ist meine Schuld.« Er kritzelt etwas
auf seinen Notizblock. »Du solltest nicht hier sein.«
    Â»In diesem Traum?«
    Â»In Griechenland. Es wäre besser gewesen, wenn ich mit dir darüber
gesprochen hätte. Warum hast du meinen Brief nicht geöffnet?«
    Â»Ich weiß es nicht.«
    Â»Ich bin dein Therapeut, Zoe. Sag mir die Wahrheit.«
    Â»Weil ich Angst habe.«
    Â»Wovor hast du Angst?«
    Â»Vor dem, was darinsteht.«
    Â»Was steht denn darin?«
    Â»Irgendetwas, das mir die Hoffnung nimmt. Das kann ich nicht
zulassen. Ich brauche Hoffnung. Ohne Hoffnung schaffe ich das nicht.«
    Er steht auf, zieht sein T-Shirt über den Kopf und wirft es auf den
Stuhl. Als er einen Arm nach mir ausstreckt, nehme ich seine Hand und lasse zu,
dass er mich eng an sich zieht. Mein Rücken presst sich gegen seinen muskulösen
Oberkörper. Seine Finger umfassen meine Brustwarzen so hart, dass ich zusammenzucke.
Sein Atem streift mein Ohr und bringt mein Blut in Wallung.
    Â»Du musst aufwachen, Baby.«
    Â»Aber ich will, dass du mit mir schläfst.«
    Â»Baby, wach auf! Jetzt!«
    Unsichtbare Finger zerren mich aus meinem Traum. Mit einem Keuchen
kehre ich vom Damals ins Jetzt zurück. Helles Licht strömt durch die
Buntglasfenster und hüllt alles in einen Regenbogen. Es regnet nicht mehr.
    Â»Hallo, Sonne«, sage ich überrascht.
    Irini steht an der Flügeltür und presst ein Ohr gegen den Schlitz in
der Mitte. Die Farben umspielen ihre glänzenden Narben. Ihre Stirn ist
verräterisch gerunzelt. Ich schüttle den restlichen Schlaf ab und trete neben
sie.
    Meine Lippen bewegen sich stumm. »Was ist?«
    Unsere Blicke treffen sich. »Da draußen steht jemand.«

    Ich bin nicht überrascht. Das Wann seines Auftauchens war das
einzige Fragezeichen.
    Irini sieht zu, wie ich mich bewaffne. Metzgermesser. Brotschieber.
Ich bin eine heimatlose Ninja, aufgeputscht durch Schwangerschaftshormone.
    Â»Das kannst du nicht.«
    Â»Und ob ich das kann.« Ihre begrenzten Sprachkenntnisse halten mich
nicht davon ab, mein Handeln zu erklären. »Auf diese Weise behalte ich die
Kontrolle. Die Begegnung läuft zu meinen Bedingungen ab. Im Freien.«
    Unüberlegt. Wütend. In die Enge getrieben. Müde und deshalb entschlossen,
diesem verdammten Spiel ein Ende zu bereiten. Das alles bin ich, als ich in das
gleißende Sonnenlicht hinausstürme. Einen Moment lang bin ich blind und
hilflos. Dann verengen sich meine Pupillen, werden kleiner, während der Punkt
am Horizont anschwillt.
    Â»Du müsstest tot sein.«
    Â»Und doch stehe ich hier, Amerika.«
    Â»Ich habe dich erstickt. Ich habe deinen Todeskampf mit angesehen.«
    Â»Du hast mit angesehen, wie ich den Atem anhielt, und bist zu
schnell davongerannt. Du versagst in allen Belangen.«
    Â»Los, komm schon! Wir tragen beide das jetzt aus. An Ort und
Stelle.«
    Ich muss einen schlimmen Anblick bieten, dick und rund um die Mitte
und klapperdürr überall sonst. Selbst ein reichlicher Vorrat an Schokolade
konnte dieses Kalb nicht mästen. Mein Baby nimmt alles auf, was ich in mich
reinstopfe, doch das muss so sein. Mütter kommen mit fast gar nichts aus, damit
ihre Kinder genug haben. So viel weiß ich noch,
obwohl ich nicht alle Bücher gelesen habe.
    Der Schweizer ist ebenso abgerissen wie wir, eine Vogelscheuche mit
einem dunklen Plan. Aber im Gegensatz zu Nicks selbstsicherer, lässiger
Männlichkeit wirkt seine Pose einstudiert, so als habe er sie vor dem Spiegel
geprobt und irgendwann gesagt: Das ist es. Der hier will ich
sein. Nichts an ihm ist locker und

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