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White Horse

White Horse

Titel: White Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Adams
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hoffe ich
das.
    ZEIT: JETZT
    Wir haben etwa eine Meile auf der Straße zurückgelegt, als
uns der Schweizer einholt.
    Nun sind wir keine Gefangenen mehr. Sondern gleichberechtigte
Gefährten. Ich weiß nicht, ob ich das will, aber es gefällt mir besser, als ich
dachte. Irgendetwas ist an ihm, das gütig ist. Das uns beschützt. Ich möchte
fest daran glauben, dass ich recht behalte.
    Â»Was erwartet dich in Brindisi?«, fragt er.
    Â»Ein Boot.«
    Â»Aha. Also gibt es einen Mann in deinem Leben.«
    Manchmal ist ein Boot einfach ein Boot.

    Â»Du bist also Arzt?«, frage ich einige Zeit später.
    Ich warte, aber er lässt es dabei bewenden. »Spezialgebiet?«
    Â»Der konservative Teil deines Volkes würde mich als Mörder
bezeichnen, Amerika.«
    Es dauert einen Moment, bis der Groschen fällt und zu all den anderen
Münzen in den Wunschbrunnen klirrt. »Du bist ein …« Ich suche nach einem
Begriff. »… Reproduktionsmediziner.«
    Sein Lachen klingt trocken und abgehackt. »Amerikaner. Können die
Dinge nie beim Namen nennen. Ich bin Abtreibungsarzt. Unter anderem. In erster
Linie aber Forscher.«
    Lass das, befehle ich mir, aber mein
Körper verrät mich. Eine Hand zuckt in Richtung Bauch. Eine winzige Bewegung.
Ganz kurz nur. Aber dem Schweizer entgeht sie nicht.
    Â»Du bist schwanger.«
    Ich verweigere die Antwort.
    Â»Du solltest es nicht behalten.«
    Lisa, die eine Hand auf den Gepäckträger des Fahrrads gelegt hat,
kommt nicht recht nach. Der Schweizer beobachtet, wie ich mich nach ihr
umdrehe.
    Â»Die Menschen haben nun mal ihre dunklen Ecken, Amerika.«
    Â»Brauchst du eine Pause?«, rufe ich über die Schulter.
    Â»Das Ding, das du da austrägst, ist missgestaltet«, fährt er fort.
»So wie die Monster in der Scheune.«
    Lisa schüttelt den Kopf, macht ein paar schnellere Schritte, bis sie
den Schweizer eingeholt hat, und umklammert den Gurt, der von seinem Rucksack
baumelt. Das Ende des Besenstiels klopft wieder gleichmäßig auf den
Straßenbelag.
    Â»Was würde mich deine Hilfe kosten?«
    Â»Das sage ich dir später. Wenn es so weit ist.«
    Die Angst hält mich davon ab, weitere Fragen zu stellen.
    ZEIT: DAMALS
    Bei unserer letzten Begegnung krümmt sich Ben so weit nach
vorn, als warte er auf eine Lumbalpunktion. Natürlich weiß ich da noch nicht,
dass es unsere letzte Begegnung ist.
    Â»Hey«, sagt Ben, als ich mich nach seinem Befinden erkundige, »ich
brauche ein neues Bett oder so was. Mein Rücken bringt mich um.«
    Er schläft auf einer Couch in seinem Wohnzimmer, inmitten seiner
kostbaren Hightech-Einrichtung. Bens Wohnung ist der Bauch eines Roboters. Rote
und grüne LED s geben ständig Auskunft über den
Gesundheitszustand des Systems.
    Â»Du könntest dich doch einfach regenerieren.« Ich deute auf eine der
wenigen organischen Komponenten im Raum, die Pappe-Nachbildung einer
Borg-Regenerations-Kammer.
    Â»Mach dich nicht über die Borg lustig. Eines Tages werden wir auf
einer Star-Trek-Welt leben. Nicht in naher Zukunft. Aber irgendwann. Und dann
wirst du es bereuen, schlecht über die Borg geredet zu haben.«
    Ich deute auf die große Tüte in meiner Hand. »Ich war beim Chinesen.
Wie findest du das?«
    Â»Ich bin so hungrig. Hoffe nur, dass ich das Zeug behalten kann. Ich
habe es jetzt zwei Tage ganz ohne Erbrechen geschafft.« Er deutet ein Würgen
an.
    Wir teilen uns Rindfleisch und Brokkoli, gebratenen Reis, süßsaures
Schweinefleisch und Garnelen, deren Namen ich nicht aussprechen kann. Ich habe
beim Bestellen nur auf die Karte gedeutet, um mir den Zungenbrecher zu
ersparen. Und während wir zusehen, wie sein Screensaver auf den breiten
Bildschirmen tanzt, erkundige ich mich nach Stiffy.
    Â»Keine Ahnung, wo der sich rumtreibt«, sagt er.
    Meine Stäbchen verfangen sich in einer Lasche des Faltkartons. Eine
Garnele fliegt im hohen Bogen durch die Gegend. Ben klaubt sie von der Couch
und stopft sie sich in den mit Essensresten verschmierten Mund.
    Â»Ich habe ihn auch länger nicht mehr gesehen. Soll ich dir helfen,
Flyer zu verteilen?«
    Â»Der taucht schon wieder auf, wenn er richtig Hunger hat.«
    Â»Ich werde die Augen offen halten. Vielleicht läuft er mir über den
Weg.«
    Â»Na ja, wenn du meinst.«

    In meinem Wohnblock gibt es siebenunddreißig Katzen. Eigentlich
sind es

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