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White Horse

White Horse

Titel: White Horse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Adams
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ungünstig
ist.«
    Â»Nein, nein, alles bestens. Du weißt ja, wie Katzen sind. Sie kommen
heim, wann es ihnen passt.«
    Oder auch nicht.
    Ich denke an Stiffy, der nicht wieder aufgetaucht ist, und an Ben,
dem das inzwischen auf merkwürdige Weise egal zu sein scheint.
    Â»Heißt das, dass du und Raoul …« Die Frage hängt in der Luft.
    Â»Ja, es hat gefunkt. Aber jetzt muss er erst mal wieder gesund werden.
Deshalb bin ich auch in seiner Wohnung. Er fühlt sich so verdammt elend, dass
ich ihm meine berüchtigte Hühnersuppe koche. Du machst also mit?«
    Â»Klar. Sobald es Raoul besser geht.«
    Â»Danke, danke, danke!«
    Â»Bist du sicher, dass es im Museum keinen Ärger geben wird?«
    Â»Wir erzählen das nicht groß rum. Aber selbst wenn jemand davon
erfahren sollte – Museumsexperten lieben es nun mal, historische Geheimnisse zu
entschlüsseln. Und falls wir es, wie Raoul vermutet, mit einer Art Missing Link
zu tun haben, macht dir der Aufsichtsrat womöglich ein Kaufangebot. So ein bedeutendes
Stück könnte uns Ansehen verschaffen.«
    Wenn ich das Ding verkaufe, habe ich ein Problem
weniger am Hals. Aber ein Problem, das man anderen aufbürdet, bleibt ein
Problem.
    Â»Dann tun wir das.«
    Â»Schatz?«, ruft er in die Tiefen von Raouls Wohnung. Raouls Stimme
kommt allmählich näher. Das Ganze erinnert an eine zärtliche
Versteckspiel-Variante für Erwachsene. »Schatz? Zoe ist einverstanden.«
    Â»Halb einverstanden«, werfe ich ein, und er lacht.
    Raoul nimmt ihm den Hörer ab. »Das werde ich dir nie vergessen. Ich
bin so gespannt, was die Röntgenaufnahmen ergeben.«
    Â»Dann sieh zu, dass du bald wieder auf der Matte stehst.«
    Â»Du bist großartig«, krächzt er. »Jetzt verstehe ich, warum James
dich so bewundert. Wir wollten nächste Woche nach Miami fliegen, aber offenbar
braut sich dort gerade ein Wirbelsturm zusammen.«
    Dann würgt er und übergibt sich offenbar.
    Er auch.
    Spinnenbeine krabbeln meinen Rücken hoch.
    ZEIT: JETZT
    Lisas Schreie schrecken mich aus dem Tiefschlaf. Meine Uhr
zeigt 2:24 Uhr nachts an, während mein Körper auf 8:15 Uhr abends beharrt –
eine Viertelstunde, nachdem ich es mir zwischen den ausladenden Baumwurzeln
bequem gemacht hatte.
    Sie ist jetzt verändert. Irgendwie gebrochen. Als habe sie mehr als
ein Auge verloren.
    Ich mache mir Vorwürfe. Die Vernunft sagt mir, dass ich erschöpft
war, dass mich in jener Nacht der Schlaf so oder so übermannt hätte. Manchmal
holt sich der Sandmann seine Beute ohne Rücksicht auf Verluste. Aber das Gefühl
wendet ein, dass ich mehr hätte tun können, um mein Schäfchen zu schützen.
    Meine beiden .
    Â»Was ist los?«, frage ich mit belegter Stimme.
    Â»Nur ein Traum«, entgegnet der Schweizer. In dieser Nacht hält er
Wache.
    Zwei Schäfchen. Lisa und mein ungeborenes Kind. Obwohl man
eigentlich noch nicht von einem Kind sprechen kann, oder?
    Was spielt sich jetzt in meinem Bauch ab? Ich weiß es nicht. Die
Ereignisse zwischen Empfängnis und Geburt verschwimmen in meiner Erinnerung, je
mehr ich mich bemühe, sie in die richtigen Wochen und Monate einzuordnen. Inzwischen
schlägt das Herz. Das ahne ich. Und das winzige Wesen hat wohl bereits Fingernägel.
Aber das ist mir aus einem Film im Gedächtnis geblieben. Von der Notbesetzung
des Behelfslazaretts habe ich ebenso wenig erfahren wie aus dem Buch, das ich
auf den Rat des dortigen Mediziners stahl, weil er selbst keine Ahnung vom
Kinderkriegen hatte. Er versorgte mich mit Vitaminen und wünschte mir viel
Glück, weil das alles war, was er mit auf den Weg geben konnte. Eine Schwangerschaft
hat keinen hohen Stellenwert. Nicht jetzt, da ringsum alles stirbt. Ein neues
Leben kann die vielen Toten nicht ersetzen.
    Ich könnte den Schweizer fragen. Er würde wissen, welche Zellen sich
teilen und Organe bilden und wie es dabei um das Verhältnis Mensch zu Monster bestellt
ist. Er würde wissen, ob dieses leichte Flattern normal ist, das ich spüre.
    Als ich eben beschließe, mich an ihn zu wenden, kommt der Sandmann
zurück. Er schreitet über das Feld, eine Hand in dem Säckchen mit dem feinen
Staub. Er erreicht den Baum und beugt sich über mich. Schlaf, sagt er, und Nebel hüllt mich ein. Er nimmt einen Teil des Jetzt mit. Worte,
gesprochen mit der harten Stimme des Schweizers.
    Â»Sei

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