Whitley Strieber
lige Vampire erledigt. Aber sie kamen immer wieder zurück! Immer wieder!«
»Für uns war es auch nicht leicht.«
»Anfangs schossen wir ihnen in die Brust und begruben sie einfach. Aber sie schaufelten sich wieder frei, und zwar so unauffällig, dass wir an den Gräbern keine Spuren entdeckten. Wir dachten sie auszumer- zen, doch letztlich erreichten wir nichts. Im Laufe der Zeit bemerkten wir, dass die ihrem Muster entsprechenden Morde weitergingen. Aber wir können sie nur schwer erwischen, weil sie an den unterschiedlichs- ten Orten aus den alten Steinbrüchen unter der Stadt hochsteigen.
Man weiß nie, wo sie zuschlagen, verstehen Sie?«
»Was ist mit dem 9. und 13. Arrondissement?«, fragte Becky. »Irgendwann folgten wir einem der Vampire in das 13. Arrondisse- ment. In die Rue des Gobelins Nummer neunzehn, um genau zu sein. Er ist der einzige Vampir in Paris, der über der Erde lebt. Die Übrigen – mein Gott, die alten Steinbrüche sind ein grausiger Ort.« Er ver- stummte für einen Augenblick. »Unsere Verlustrate liegt dort unten bei siebzig Prozent.«
Paul sagte nichts. Von den sieben Leuten, die mit ihm angefangen hatten, hatte er vier verloren. Er und Justin hatten schon diese etwas über fünfzig Prozent für monströs gehalten.
Das Telefon klingelte. Colonel Bocage ging um seinen Schreibtisch herum und nahm den Hörer ab. Er sprach auf Französisch und legte nach einigen Augenblicken abrupt auf. Er stand schweigend vor ihnen. Paul wusste, auch ohne zu fragen, was geschehen war.
»Eine weitere Verlustmeldung. Wir haben die ganze Mannschaft ver- loren, die in das Haus eindrang. Alle sechs Männer.«
»Verdammt!«, sagte Charlie.
In der Ferne läutete eine Glocke.
»Es gibt auch eine gute Nachricht. Von einem sauvage wurden die Gebeine gefunden. Sie werden fortgebracht und verbrannt.« »Und der andere?«
»Mrs. Tallman ist nur noch ein Haufen Asche.«
»Dann sind wir fertig«, sagte Becky. »Ich kann heimfliegen und her- ausfinden, ob mein Verlobter noch meinen Namen kennt.«
»Wir werden versuchen, die alten Steinbrüche dichtzumachen und zu sterilisieren«, sagte Bocage in verkrampft gefasstem Tonfall. »Wir haben sechs wichtige Leute verloren. Es wird Monate dauern, Ersatz zu finden und ihn auszubilden.« Er hob die Brauen. »Ich glaube, un- sere beiden Länder sind im Besitz einiger Geheimnisse, die wir teilen sollten.«
Langley würde diesbezüglich so nervös sein wie eine alte Jungfer auf einer Schlafanzug-Party. Verträge und Stillschweigeabkommen wür- den erarbeitet werden müssen, um im weiteren Verlauf der Operation den Geheimhaltungsvorschriften beider Länder Genüge zu tun. Er würde nach Virginia fliegen und seinen Vorgesetzten einen ausführli- chen Bericht abliefern müssen. Andererseits konnte er Langley auch den ganzen verdammten Bürokratiekram in den Hintern schieben und weitermachen, ohne sie darüber zu informieren.
»Darf ich davon ausgehen, dass Sie dabei sind?«, fragte Colonel Bo- cage.
Er brauchte Becky und Charlie gar nicht erst anzusehen. Ihre Ant- wort würde dieselbe sein wie Pauls. »Darauf können Sie Gift neh- men.«
8
Feuersbrunst
Wenn sie nicht umgehend Blut bekam – frisches Blut –, würde sie ster- ben. Dort, wo sie völlig hilflos lag, eingeschlossen und von schreckli- chen Schmerzen gepeinigt, konnte sie kein Blut finden. Miriams Qua- len waren entsetzlicher, als sie es sich in den schlimmsten Albträumen hätte ausmalen können – und sie glaubte, dass sie an diesem feuch- ten, dunklen Ort sterben würde.
Sie war nur aus einem einzigen Grund in diese Lage geraten: Sie war von der Katastrophe in Chiang Mai überrascht worden und rannte seitdem umher wie ein kopfloses Huhn. Sie war ohne jeden Plan, ohne Bedacht, um den Globus gehetzt, und nun sah sie, wozu dies geführt hatte.
Die Menschen hatten den Fluchtweg mit Beton zugeschüttet und zu- sätzlich mit Eisengittern versperrt. Sie war ins oberste Stockwerk hochgestürmt, in die alten Räume, in denen Lamia gelebt hatte. An den Wänden hatte noch die alte Brokattapete gehangen, obwohl sie längst verfault war und allmählich abfiel. Auch das Bett, in dem Miriam und Lamia gekuschelt und ihre Mahlzeiten gütlich geteilt hatten, hatte noch an derselben Stelle gestanden. Doch als die Flammen das oberste Stockwerk erreichten, hatte Miriam auf das Dach fliehen müs- sen. Sie hatte von der Dachkante auf die Straße hinuntergespäht und Dutzende von Polizisten und Feuerwehrmännern erblickt.
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