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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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dir gesprochen –, die Frau, die nicht an die Existenz der Seele glaubte. Das ist mir im Gedächtnis geblieben, also was gäbe es zu verzeihen, meine Gute? Ich weiß, du bist müde von der Reise –jeder ist müde, wenn er hier ankommt –, und du brauchst ein ordentliches warmes Essen und ein paar Nächte Schlaf, und irgendwann nächste Woche plaudern wir miteinander, einverstanden?«
    Sarima hakte sich bei Elphaba ein. »Aber ich werde deinen Namen vor den anderen geheimhalten, wenn du möchtest«, sagte sie. Sie schritt mit Elphaba durch die hohe verzogene Eichentür in den Speisesaal und rief: »Heute Abend haben wir die Tante zu Gast.« Hungrig, neugierig und ungeduldig standen die Schwestern neben ihren Stühlen. Vier hatte die Kelle in der Terrine und rührte um, Sechs hatte sich in ein aggressives Braunrot geworfen, Zwei und Drei, die Zwillinge, blickten fromm auf ihre Gebetskarten, Fünf rauchte und blies Ringe über die Platte mit augenlosen gelben Fischen, die sie aus dem unterirdischen Teich geholt hatten. »Schwestern, freut euch, eine alte Freundin von Fiyero ist gekommen, um unser Leben mit schönen Erinnerungen zu bereichern. Seid ihr so herzlich gut, wie ihr mir gut seid.« Das war vielleicht eine unglückliche Wortwahl, denn die Schwestern empfanden alle Groll und Verachtung für Sarima. Warum hatte sie einen Mann geheiratet, der so jung gestorben war und sie nicht nur zu Ehelosigkeit, sondern auch zu Liebesentzug verurteilt hatte?
    Während des ganzen Essens sprach Elphaba weder, noch schaute sie von ihrem Teller auf. Immerhin aß sie ihren Fisch auf und Käse und Obst dazu. Sarima schloss aus ihren Essgewohnheiten, dass sie unter einem Schweigegebot bei Mahlzeiten gelebt hatte, und war nicht überrascht, als sie später von dem Nonnenkloster erfuhr.
    Sie tranken ein Glas kostbaren Sherry im Musikzimmer, und Sechs unterhielt sie mit einem zittrigen Nocturne. Die Besucherin sah elend aus, was die Schwestern erfreute. Sarima seufzte. Das Einzige, was sich über die Frau konstatieren ließ, war: Sie war älter als Sarima. Vielleicht würde Elphaba ja für die kurze Zeit ihres Aufenthalts aus ihrer Gedrücktheit herauskommen und sich anhören mögen, wie beschwerlich und anstrengend Sarimas Leben war. Es wäre nett, einmal mit jemandem zu plaudern, der nicht zur Familie gehörte.
    2
    Eine Woche verging, ehe Sarima zu Drei sagte: »Richte bitte der Tante aus, dass ich sie morgen gern zum zweiten Frühstück im Solar sehen würde.« Sarima fand, dass Elphaba inzwischen genug Zeit gehabt hatte, um sich wieder zu fangen. Die leidende grüne Frau machte den Eindruck, unter einem Zeitlupenbann zu stehen. Mit eckigen Bewegungen stakste sie über den Hof oder stampfte zu den Mahlzeiten herein, als wollte sie mit den Fersen Löcher in den Boden treten. Ihre Ellbogen waren immer angewinkelt, und ihre Hände schlossen und öffneten sich krampfhaft.
    Sarima fühlte sich stärker als je zuvor, was nicht viel zu besagen hatte. Es tat ihr gut, eine ungefähr Gleichaltrige um sich zu haben, auch wenn diese noch so verkorkst war. Die Schwestern missbilligten Sarimas Herzlichkeit, doch die höheren Gebirgspässe waren bereits für den Winter geschlossen, und man konnte eine Fremde nicht einfach in die tückischen Täler hinunterjagen. Die Schwestern berieten sich in ihrem Salon, während sie zu den Lurlinalien scheußliche graue Topflappen für die nichtswürdigen Armen strickten. Sie ist krank, sagten sie, sie ist träge, unkultiviert (noch mehr als sie selbst, war der unausgesprochene und ungemein befriedigende Hintergedanke), sie ist verdammt. Und ist dieser Fettkloß von einem Jungen ihr Sohn oder ein kindlicher Sklave, oder ist er einer ihrer Helfergeister? Hinter Sarimas Rücken nannten sie die in der Schusterwerkstatt wohnende Tante eine Hexe, eingedenk der alten Sagen von Kumbricia, die sich in den Kallen abscheulicher – und hartnäckiger – hielten als anderswo in Oz.
    Manek, Sarimas mittleres Kind, war der Neugierigste von allen. Als die Jungen eines Morgens alle auf den Zinnen standen und hinunterpissten (ein Spiel, an dem die arme Nor Desinteresse heucheln musste), sagte er: »Was wäre, wenn wir die Tante anpinkeln würden? Würde sie schreien?«
    Â»Sie würde dich in eine Kröte verwandeln«, sagte Liir.
    Â»Nein, ich meine,

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