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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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plötzlich so auf –?«
    Sie konnte keine Antwort mehr geben. Wie ein kleiner schwarzer Wirbelwind fegte sie auf die Straße hinaus.
    Sie eilte zu Fuß die Gelbe Ziegelstraße entlang und merkte kaum, dass dabei ein Plan in ihr Gestalt annahm. Vor lauter angestrengtem Nachdenken vergaß sie eine Weile ganz, dass sie ja ihren Besen hatte, und erst als sie eine Ruhepause einlegte und sich darauf stützte, fiel er ihr wieder ein.
    Boq, Glinda, selbst ihr Vater Frex: wie enttäuschend sie ihr auf einmal erschienen. Waren sie alle seit ihrer Jugend von ihren Idealen abgefallen, oder war sie damals zu naiv gewesen, um sie so zu sehen, wie sie wirklich waren? Sie war von den Menschen angewidert und sehnte sich nach Hause. Sie war zu sehr aus dem Lot, um in einem Gasthaus abzusteigen. Es war warm genug, um draußen zu schlafen.
    Lange lag sie wach am Rand eines Gerstenfeldes. Der Mond ging riesengroß auf, wie er es manchmal tut, wenn er gerade über den Horizont steigt. Er beschien von hinten eine Stange mit einem Querholz, die dastand, als wartete sie darauf, dass man eine Vogelscheuche daran hängte.
    Warum hatte sie sich nicht mit Nessarose verbündet und eine Armee gegen den Zauberer auf die Beine gestellt? Alte Familienzwistigkeiten hatten es verhindert.
    Nessarose hatte um Hilfe bei der Regierung von Munchkinland gebeten, und die Hexe hatte ihre Bitte abgeschlagen. Stattdessen hatte sie sich die letzten sieben Jahre in Kiamo Ko verkrochen. Sie hatte die Gelegenheit vertan, sich mit ihrer Schwester zusammenzuschließen.
    Alles, was sie im Leben in Angriff genommen hatte, war am Ende gescheitert.
    Sie wälzte sich im Mondschein hin und her, bis sie gegen Mitternacht aufstand, gequält von Gedanken an den Tod ihrer Schwester, die wie eine Schmeißfliege zerklatscht worden war – und auf einmal kam der Hexe eine Idee. Dorothy würde zweifellos der Gelben Ziegelstraße in die Smaragdstadt folgen, und eine derart auffällige Erscheinung wie sie konnte auf dieser Strecke überall mühelos ausfindig gemacht werden. Die Hexe nahm sich vor, den Plan auszuführen, den sie schon vor fünfzehn Jahren gehabt hatte. Madame Akaber wartete immer noch darauf, ermordet zu werden.
    6
    Shiz war inzwischen eine Geldfabrik geworden. Die in einem historischen Bezirk angesiedelten Kollegien waren bis auf ein paar neue Schlafsäle und moderne Sporthallen weitgehend unverändert geblieben. Außerhalb des Akademieviertels jedoch war Shiz ein Zentrum der Rüstungsindustrie. Ein riesiges Monument aus Bronze und Marmor, Der Geist des Imperiums, dominierte, was vom Eisenbahnplatz übriggeblieben war, und Luft und Licht ringsherum wurden von kolossalen Fabrikgebäuden aufgebraucht, die schmutzige schwarze Rauchsäulen ausspien. Die Blausteinfassaden waren bis zur Unkenntlichkeit verrußt. Die Luft selbst wirkte erhitzt und fiebrig vom ausgestoßenen Atem einer Stadt, die jede Sekunde danach lechzte, ihren Reichtum zu vermehren. Die Bäume waren welk und grau. Und weit und breit war kein einziges Tier zu sehen.
    Das Grattler-Kolleg sah paradoxerweise älter und neuer zugleich aus. Die Hexe beschloss, sich nicht mit dem Pförtner aufzuhalten, und flog eigenmächtig über die Mauer in den Küchengarten, wo Boq ihr vor langer Zeit einmal von einem Nebengebäude beinahe in den Schoß gefallen war. Die Wiese hinter dem Obstgarten war verschwunden, und an ihrer Stelle erhob sich ein steinerner Bau, über dessen schimmerndem Poxiteingang die Inschrift CASPAR UND GLINDA VON PALTOS KONSERVATORIUM FÜR MUSIK UND BÜHNENKUNST eingemeißelt war.
    Drei Mädchen eilten plappernd durch den Garten, ihre Bücher fest an die Brust gedrückt. Im ersten Moment meinte die Hexe, die Geister von Nessarose, Glinda und sich selbst zu sehen. Vor Schreckmusste sie sich auf ihren Besen stützen. Sie hatte vergessen gehabt, wie lange das her war, wie sehr sie gealtert war.
    Die drei erschraken, als die Hexe sie ansprach: »Wo kann ich die Rektorin finden?«
    Doch eine gewann rasch den jugendlichen Aplomb zurück und wies ihr den Weg. Das Büro der Rektorin war immer noch im Hauptgebäude. »Da finden Sie sie bestimmt«, sagte das Mädchen. »Morgens um die Zeit ist sie immer da und trinkt allein oder mit Spendern Tee.«
    Die Kontrolle muss sehr viel laxer gehandhabt werden als früher, wenn keine etwas daran findet, mich im Garten anzutreffen,

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