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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Wolff
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ich Tochter und Enkelkind aus dem Bett und in den nahe gelegenen Park scheuchte. Schon an der ersten Bank streikte Svenja und weigerte sich, auch nur einen Schritt weiter zu gehen. „Schließlich bin ich noch krankgeschrieben“, maulte sie.
    Also gut, würden wir die notwendige Portion Frischluft eben im Sitzen genießen, ich war ja nicht kleinlich. Kimmie allerdings fand die Unterbrechung gar nicht lustig und begann zu meckern. Vielleicht hatte sie auch die Hose voll oder Hunger, auf alle Fälle schrie sie bald zum Steinerweichen.
    Das rief die anderen Mütter auf den Plan, und eine nach der anderen warf einen Blick in den Kinderwagen. „Ach, ist die süüüß!“ – „Die ist ja noch ganz winzig!“ – „Ach wie niedlich!“,und so weiter. Bis Svenja der Kragen platzte und sie den Wonneproppen aus den Kissen heraus auf ihren Schoß nahm, was ihr mehr als einen bösen Blick einbrachte.
    Eine junge Frau klärte uns auf: „Große Schwestern in allen Ehren, aber in dem Alter sollte sich die Mutter selbst um das Kleine kümmern!“ Stand auf und folgte den anderen auf den Spielplatz.
    Da stand ich nun und konnte sehen, wie verletzter Stolz und Eifersucht aus Svenjas Augen blitzten. Kimmie brüllte aus Leibeskräften und beruhigte sich erst, als sie wieder wohl verpackt in ihrem Wagen lag. Svenja stapfte schmollend in Richtung Heimat und schimpfte: „Dann viel Spaß beim Spaziergang, Mama Yvonne.“ Na toll!
    Aber der Tag hatte noch mehr zu bieten. Erst mokierten sich die Kolleginnen an der Kasse abfällig über die jungen Leute von heute, denen nichts, aber auch gar nichts heilig sei, nicht einmal die Ehe. Zu allem Überfluss drehte sich nach Ende der Schicht, als ich mit meinem Tageseinkauf in der Warteschlange stand, auch noch ein etwa zehnjähriger Junge zu mir um. Er betrachtete mich von oben bis unten, nahm dann sein Eis vom Band und sagte freundlich: „Bitte sehr, gehen Sie ruhig vor. Ich bin ja noch jung und kann warten.“
    ???
    „Ja trage ich denn ein Schild um den Hals, auf dem alt steht?“, tobte ich später mit dem Sturm um die Wette. Der Regen prasselte an die Fensterscheiben des altersschwachen Polos und drückte meine Stimmung auf den Gefrierpunkt. Höchste Zeit für ein heißes Bad, eine Tasse Schokolade mit Schuss und einen Fernsehabend. Stattdessen musste ich zu Frau Sanders in die zweiten Etage und anbieten, von nun an ihre Flurwoche zu übernehmen. Gegen ein kleines Entgelt natürlich, schließlich brauchten wir Kohle und Svenja wollte ich noch nicht schicken.
    Du bist alt !, sezierte Beelzebub mein Innerstes. Hast du in letzter Zeit mal in den Spiegel gesehen? Oder in deinen Ausweis? So was nennt man Midlife-Crisis.
    Ich schluckte. Seine Attacken auf mein Selbstbewusstsein waren so selten geworden, dass ich sie schon fast vergessen hatte.
    Mach dich nicht lächerlich, Yvonne. - Thea? Was machte die denn hier? - Das hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern mit der Übernahme eines neuen Rollenbildes. Mach dir also nicht ins Hemd, sondern geh die Sache an.
    Na toll! Jetzt tummelte sich neben einem destruktiven Über-Ich und einem übergewichtigen, Männer vernaschenden Anni-Engel auch noch eine promovierte Emanze in meinem Kopf. Hoffentlich vertrugen die sich da oben und fingen keinen Ringkampf an. Obwohl – Beelzebub gegen Thea, das hätte schon was! Wenn es nicht um mich ginge, hätte ich große Lust, der Schlammschlacht zuzusehen, so etwas konnte man auch ohne multiple Persönlichkeitsstörung genießen.
    Beelzebub und seine Midlife-Crisis siegten fürs Erste und ließen die Tränen fließen. So alt wie heute hatte ich mich in meinem ganzen Leben noch nie gefühlt. Wieder drängte sich Pascals unbedachter Satz in mein Gedächtnis: „Darf man als Oma denn noch Miniröcke tragen?“
    Wie denn – keine Minis mehr? Kein Privatleben? Kein ... Sex?
    Natürlich darf man !, kam es zweistimmig aus dem Hinterstübchen – Anni und Thea, auf einmal friedlich vereint. Versuch es nur, flüsterten sie . Entscheide, ob das Leben dich lebt oder du das Leben.
    Ich ...
    Wenn sogar ein Windhund wie Andrea auf dich abfährt, kann es ja so schlimm nicht sein, bemerkte auch Beelzebub selten gnädig und auf einmal war ich dankbar für seine sarkastische Ader.
    Natürlich hatten sie recht, alle drei: Ich war 35 und weder hässlich noch scheintot, wovor also fürchtete ich mich? Robert, Falk, Andrea – bewiesen sie nicht Tag für Tag, dass ich noch im Rennen war? Ihre Eifersucht aufeinander war der beste

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