Wickelkontakt - Roman
mit ihm aufregend.
Es war einfach schön, in seiner Nähe zu sein, ich fühlte mich total wohl und war kribbelig bei seinem bloßen Anblick. Seine Augen hatten ein so intensives Blau, dass man dachte, man würde einen Sommerhimmel betrachten, seine Haare waren dunkel, fast schwarz, und ein bisschen wuschelig hochgestylt. Vermutlich brauchte er für diese Prozedur morgens eine halbe Stunde im Bad, aber es lohnte sich: Er sah einfach fantastisch aus. Den Schatten eines Dreitagebartes fand ich keineswegs ungepflegt, sondern männlich und sexy, und ich rieb gerne meine Wange an den kratzigen Stoppeln.
Als wir auf einer recht lauschigen Bank sitzen blieben, unsere Gesichter in die für Mitte März schon warme Frühlingssonne hielten und einfach mal gar nicht redeten, überlegte ich nicht mehr, ob er » der Richtige« war. Oder wie es weitergehen sollte, was » aus uns werden würde«. Dieser Mensch tat mir einfach gut, merkte ich und strahlte ihn an. » Komm, lass uns da drüben ein Eis holen!«, sagte ich. » Muss doch gefeiert werden, dass endlich wieder die Sonne scheint.« Weil es für Mitte März wirklich ungewöhnlich warm war, standen am Eiswagen jede Menge Leute an. Wir turtelten in der Warteschlange albern herum, ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und grinste dabei allen Leuten zu, die uns amüsiert ansahen. Wenn ich ebenfalls solche verliebten Glitzeraugen hatte wie Jonas, waren wir aber auch wirklich ein köstlicher Anblick.
Dann schlenderten wir weiter, setzten uns auf eine Bank am Rand der Alster, sahen aufs Wasser, küssten uns, redeten über alles, was je in unserem Leben geschehen war und vergaßen die Zeit. Je mehr er erzählte, desto mehr begriff ich, was für einen guten Fang ich mir fast hätte entgehen lassen! Dass er sich überhaupt noch mal bei mir gemeldet hatte, grenzte an ein Wunder. Nicht nur, dass er ein Einser-Abi vorzuweisen hatte, er war früher Tennislehrer und Rettungsschwimmer der Deutschen-Lebens-Rettungs-Gesellschaft gewesen und spielte in einer Hamburger Band namens NoNameKnown, mit der er einmal wöchentlich probte und gelegentliche Auftritte hatte. Jaja, stille Wasser sind tief, und obwohl ich Sprudel bevorzugte, konnte ich von diesem stillen Wasser gar nicht genug kriegen.
Als es abends längst dunkel und auch richtig kalt war, fuhr ich wieder nach Hause, satt und glücklich vom sonnigen Tag.
9
Vier Wochen nach der Geburt kann ich eine erste Zwischenbilanz ziehen: Es wird immer besser!
Die Angstzustände lassen langsam nach, ich werde von Tag zu Tag fitter und fühle mich fast schon wieder wohl in meinem Körper. Die Kleine scheint sich jetzt an einen gewissen Plan zu halten, und ich meine, ihn zu durchschauen. Sie wacht auf, meckert aber noch eine halbe Stunde herum, bevor sie wirklich Hunger bekommt. Ich wickele sie, möglichst bevor die Windel ausläuft, dann bekommt sie ihr Fläschchen und will hinterher noch eine Weile bekuschelt werden. Spätestens eine Stunde später schläft sie wieder und wacht erst vier Stunden danach wieder auf.
Ich hoffe, das bleibt jetzt so, denn damit kann ich gut leben. Aber wie ich schon weiß, verändern sich Kinder ja angeblich ständig, also wird mir nichts anderes übrigbleiben, als diesen neuen Plan nicht zu sehr zu verinnerlichen, es einfach » hinzunehmen« und » loszulassen«, wie in allen Ratgebern steht. Dabei liegt mir das nicht besonders. Normalerweise plane ich schon jeden Abend, wann ich am nächsten Tag duschen möchte.
Um mich etwas zu entspannen, mache ich eine Liste über meine Probleme und wie ich sie lösen kann:
Problem: Bin schlecht drauf, weil immer noch zu dick.
Lösung: Sechs Wochen nicht wiegen, wieder mit Sport anfangen, weniger essen, mehr Wasser trinken und geduldiger sein. Schlauen Satz aus dem Babybuch verinnerlichen: » Der Bauch hat neun Monate gebraucht, um zu wachsen, jetzt braucht er auch neun Monate, um wieder wegzugehen.«
Problem: Kann nicht geduldig sein. Will jetzt gleich wieder schlank sein. Blödes Baby-Buch!
Lösung: ??
Problem: Bin unendlich müde.
Lösung: Mehr schlafen, wenn Maja schläft. Nicht so viel machen in der Zeit.
Problem: Habe noch Rückenschmerzen aus der Schwangerschaft.
Lösung: Abnehmen, dann gehen die von selber weg.
Problem: Habe Schuldgefühle (kann nicht stillen, bin manchmal genervt von Maja, fühle mich als Versagermutter)
Lösung: Dass ich nicht stillen kann, ist nicht meine Schuld (aber ich hätte es länger als eine Woche versuchen müssen, oder?). Immer
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