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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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unser Studio im besten Licht präsentieren. Das hieß, dass ich auch mit dem Lappen das Sendepult wischte– wobei ich aus Versehen mitten in den Song » Iris« von Goo Goo Dolls ein » Gute Nacht, Bert« von Ernie aus der Sesamstraße setzte– und den Mülleimer hinunterbrachte. Als ich von meinem kleinen Ausflug zur Mülltonne wieder zurück war und vor der Tür zum Studio stand, dämmerte mir, dass ich gleich ein Problem kriegen würde. Mir wollte nämlich partout die Sicherheits-PIN fürs Studio nicht einfallen. Ich Idiot hatte vergessen, etwas zwischen die Tür und den Rahmen zu stellen, zum Beispiel den großen Aschenbecher oder einen Aktenordner, so wie es alle Kollegen machten, damit man die schwere Eisentür nicht ständig auf- und zuwuchten musste.
    Natürlich war ich jetzt alleine im Sender, alle anderen Mitarbeiter hatten sich inzwischen verkrümelt. Sonst hätte ich ja jemanden fragen können.
    Oh nein, das durfte jetzt nicht wahr sein! Ich hibbelte vor mich hin und hüpfte auf der Stelle. Warum passierte mir ständig so was?
    Man hatte, wie beim Geldautomaten, nur drei Mal die Chance, die vierstellige Nummer einzugeben– danach war die Tür für immer verriegelt, und man musste die Feuerwehr bzw. den Technikchef anrufen, um den Zugang zum Studio wieder freizubekommen. Mit einem riesigen Aufwand wurde dann eine neue Pin vergeben, und das Ganze zog womöglich auch noch rechtliche Konsequenzen nach sich, was weiß ich, jedenfalls wurde uns eingeschärft, NIE, NIE, NIE diese Sicherheitszahl zu vergessen! Ich zermarterte mir das Hirn. 4567 ? 6745 ? Ich wusste nur noch, dass es etwas ganz Einfaches war, so was wie 1234 – aber das wäre ja dann auch zu einfach gewesen, oder? Völlig verzweifelt hackte ich diese vier Zahlen trotzdem ins Tastenfeld, 1234 , rüttelte an der Tür… Nichts tat sich. Hilflos und zitternd musste ich jetzt über die Lautsprecher der Redaktion mitverfolgen, wie nach dem letzten Titel der laufenden Stunde (Queen–«We will rock you«) der für siebzehn Uhr einprogrammierte News-Opener ansprang. NEIN! Ich musste jetzt ins Studio, ich meine, JETZT SOFORT, verdammt, wie war denn gleich diese beschissene Nummer?
    Die Musik für die Nachrichten lief bestimmt schon zehn Sekunden, was allerdings fehlte, war die Nachrichtenstimme dazu, klar, ich stand ja auch vorm Studio und hatte die dämliche bescheuerte Zugangs-PIN vergessen! Noch ein Versuch, dann rufe ich Mona an, dachte ich– ich drückte 4 - 5 - 6 - 7 , rüttelte an der Tür, wieder passierte rein gar nichts. Ich hüpfte hin und her und auf und ab, vielleicht würde die Bewegung die Zahlen in meinem Gehirn irgendwie in die richtige Reihenfolge bringen. Nichts! Ich stand vor der Tür, zwei Meter vom Sendepult, aber Millionen Lichtjahre davon entfernt, meine Ausbildung mit Bravour abzuschließen.
    Jetzt blieb nur noch eins: Mona, meine letzte Rettung! Ach Mist, mein Handy lag natürlich im Studio, und ich wusste nicht mal ihre Nummer auswendig. Da, ein Geistesblitz: die Telefonliste! Ich rannte durch den langen Flur und die Redaktion zum Nachrichtenplatz, wühlte auf dem Schreibtisch herum, der so wie der ganze Sender aussah wie Sau, und riss dann hektisch eine in Plastik verschweißte DIN-A- 4 -Seite aus einer Schublade. Das Nachrichtenbett dudelte vor sich hin, klang auch an sich ja gar nicht schlecht, fand ich, wenn es nur nicht jetzt um jede Sekunde gehen würde! In einer Minute wäre nämlich Funkstille, dann sollte das Wetter kommen, und davor war im Programm immer ein » Stopset« gesetzt, so dass der Moderator gezwungen war, persönlich im Studio zu erscheinen, falls nicht nach einer Minute Sendeloch das Notband anspringen sollte.
    Fieberhaft suchte ich Monas Namen auf der Liste, währenddessen riss ich blindlings den Telefonhörer von der Gabel, tippte ihre Nummer ein– und prompt hatte ich in dem Moment die Sicherheits-PIN vor Augen: Ja, da war sie– 6789 ! Ich warf den Hörer auf den Tisch, rannte zurück, gab die PIN ein– zack, zack, zack, zack– hievte mit viel Kraft die schwere Tür auf, die Musik der Schlagzeilen lief weiter. Auf den Stuhl, das Headset auf, Zettel mit News gesucht, Mikroregler hoch, angefangen zu reden– warum hörte ich mich nicht? Oh nein, ich war noch in der Automation, deshalb reagierten die Regler nicht– in » Live Assist« geschaltet–, beim Umschalten Fingernagel eingerissen, » Scheiße!« geflucht.
    Erst da merkte ich, dass ich jetzt ja frei geschaltet und damit on air war.

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