Wickelkontakt - Roman
wird. Da sind wir uns ja auch ähnlich: Ich konzentrier mich halt auch sehr auf die Arbeit– im Moment arbeite ich als Assistent der Technischen Direktion, obwohl ich Konstrukteur bin, und verdiene nicht so viel, wie ich leiste. Das wäre was anderes, wenn ich als Produktionsingenieur einsteige. Die Züricher wollen mir den Titel anbieten und das entsprechende Gehalt.«
Wie ich wusste, bastelte er an den Bühnenbildern für die Theaterstücke herum, das hieß, er kümmerte sich um den ganzen technischen Kram. Wie er mir erklärt hatte, war er mitverantwortlich für die Sicherheit aller Mitarbeiter. Für mich wäre das ja nichts, aber ich fand seinen Job, so wie er war, total cool. Cooler wäre allerdings gewesen, er hätte jetzt nicht über das Angebot aus der Schweiz nachgedacht.
Jonas setzte sein Bier an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Gleichzeitig befürchtete ich, vor ihm auf dem Barhocker loszuheulen.
» Aber du liebst doch das Theater hier«, versuchte ich es zaghaft, » und den Norden!« Es half nichts.
» Ja, aber woanders würde ich eben deutlich mehr verdienen, und darum geht es ja letztendlich.« Er seufzte.
Ich konnte es kaum glauben. Ungewöhnlich schweigsam verlief der weitere Abend. Wie du mir, so ich dir, dachte ich und bekam richtige Gänsehaut. Er wollte sich also an mir rächen. Das hatte ich jetzt davon! Ich versuchte, den Abend noch irgendwie zu überstehen und mir nichts weiter anmerken zu lassen.
Von der Barbara -Bar gingen wir Richtung Hans-Albers-Platz, neben der Großen Freiheit eine weitere Touri-Ecke der Reeperbahn. Weil es dort überall supervoll und total laut war, entschieden wir uns fürs Skandia, eine finnische Kneipe mit echt finnischem Bier.
Am Tresen konnte ich mit meinen im Urlaub erworbenen Finnischkenntnissen prahlen: » Kaksi olutta, ole hyvää«, und von der Seite sah ich Jonas an, dass ihn das überraschte. Dabei wollte ich ihn jetzt gar nicht mehr beeindrucken. Ich ärgerte mich einfach nur noch über ihn! Was vertrödelte ich meine Zeit mit einem, der sowieso wegziehen würde und mich nicht als seine Freundin betrachtete?
Nach dem zweiten Bier dort fing ich an, dummes Zeug zu erzählen, und es war mir egal. Ich berichtete ihm von jedem Seitensprung, den ich bei meinen Exfreunden begangen hatte, wie ich generell Jungs kennenlernte und weitere Abscheulichkeiten, die niemand gern hört, geschweige denn ein Mann.
Dort im Skandia, am schummrigen Tresen, hätte ich mit Sicherheit in » Deutschland sucht die Superschlampe« gewonnen, ich legte mich dermaßen ins Zeug, dass einem schon vom Zuschauen schlecht werden konnte. Jonas sollte bloß nicht auf die Idee kommen, ich hätte jemals ernsthaftes Interesse an ihm gehabt. Pah! Hatte ich ja auch nicht. Ich war frei, ich war unabhängig, schon vergessen? Ich machte nur, was ich wollte! Ich trank noch ein Bier und wollte dann tanzen gehen. Also machten wir uns auf den Weg in die Washington Bar, etwas abseits des Kiez-Trubels Richtung Hafen, in der ein Kumpel von Jonas arbeitete. In der um Mitternacht gedrängt vollen kleinen Tanzbar baggerte ich alle Typen an, die mir entgegenkamen oder sich an mir vorbeiquetschten. Es war peinlich, es war lächerlich, und ich war total betrunken. Ich musste mich mal wieder an Jonas festhalten und aufpassen, dass ich nicht schon wieder losflennte.
Später fuhr ich alleine nach Hause– ich hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte.
15
Wir haben Maja abgeschoben. Einfach so, zack, weg mit ihr. Oh, ich bin so gemein und eine Rabenmutter– aber eine, die endlich wieder schlafen kann!
Weil Maja in ihrer Wiege in unserem Schlafzimmer nur rumgequengelt und diese ständig vollgekotzt hat, habe ich meine Hebamme gefragt, woran das liegen könnte. Die meinte nur ganz lapidar: » Wahrscheinlich findet sie die Wiege zum Kotzen.«
Hätte ich auch selber draufkommen können! Vielleicht war es ihr auch im Schlafzimmer zu dunkel/zu hell, zu leise/zu laut, oder sie wollte einfach endlich ihr eigenes Zimmer haben. Klar, sie passt ja jetzt auch schon in die zweite Babygröße (sechsundfünfzig) und gehört damit fast schon zu den großen der kleinen Mäuse.
Mit knapp sechzig Zentimetern ist man eben auch einfach schon zu groß, um noch bei Mama und Papa zu schlafen. Oder unsere leisen Sexgeräusche haben sie schon so gestört, dass sie es nicht mehr ausgehalten hat. Jaa, wir hatten tatsächlich wieder Sex, zum ersten Mal vier Wochen nach der Geburt. Das wurde auch mal wieder Zeit. Wie
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