Wickelkontakt - Roman
gesagt, sehr leise, und es klang auch mehr nach » aua, aua, aua, aua« als nach » Oh, oh ja, mehr!, aber immerhin. Und es tat so gut! Ich liebte meinen Mann, besonders im Bett. Und wollte wieder mehr von ihm, gleichzeitig unser Baby nicht traumatisieren. Jedenfalls haben wir es gestern einfach versucht, das mit dem neuen Zimmer.
Würde das kleine Würmchen es überleben, schon im richtigen Bett im eigenen Kinderzimmer zu schlafen? Ich war mir nicht sicher. Sie ist doch noch so klein, dachte ich, erst sechs Wochen! Ihr neues Reich liegt allerdings genau neben dem Schlafzimmer und wäre auch sonst in unserer sechzig Quadratmeter großen Wohnung nicht allzu weit entfernt gewesen. Es ist ja nicht so, als würden wir sie im Westflügel oder im Gästehaus unterbringen oder sie in einer Tragetasche ins Treppenhaus stellen (obwohl Jonas genau das vor wenigen Nächten vorgeschlagen hat– ich konnte mir nur immer wieder sagen: » Das hat er nicht ernst gemeint, das hat er nicht ernst gemeint«, bis ich es schließlich selber glaubte.)
Maja bekommt wie immer um dreiundzwanzig Uhr Hunger, so wie jeden Abend, pünktlich ist sie wohl jetzt schon– von mir hat sie das nicht. Danach halte und wiege ich sie im Arm, bis sie eingeschlafen ist, und lege sie in ihrem Blümchenschlafsack ins Babybett. Ein bisschen wünsche ich mir, dass sie aufwacht und nach mir verlangt, aber das tut sie nicht. Und es ist ja auch gut so. Mehr als das wünsche ich mir nämlich ein paar Stunden ruhigen Schlaf. Ich kann einfach nicht ruhig schlummern, wenn neben mir jemand die ganze Zeit grunzt und pupst und rasselnde Atemgeräusche macht.
Natürlich muss ich anfangs doch noch alle zehn Minuten aufstehen und nachsehen, ob es der Kleinen auch gutgeht.
Heimlich beobachte ich sie durch den Türspalt im Schein ihrer blumenförmigen Nachtlampe– zwischendurch wacht sie tatsächlich ein paar Mal auf, und ich muss feststellen, dass sie sich auch ohne mich prächtig amüsiert. Die süße Maus liegt in ihrem Bettchen, strahlt die Zimmerdecke an oder flirtet mit ihrem Spieluhr-Löwen, bis sie ganz alleine wieder einschläft. Ich bin richtig beleidigt.
» Aha«, denke ich pampig, » das fängt also jetzt schon an, dass sie mich gar nicht braucht.« Um mich trotzdem ein bisschen geliebt zu fühlen, kuschele ich mich an meinen Mann.
» Liebst du mich denn wenigstens?«,
» Na klar«, sagt der tapfere Brötchenverdiener. Kurze Pause.
» Warum?«, will ich wissen. Er reagiert nicht gleich. Das liegt daran, dass er schon fast eingeschlafen ist. Trotzdem setzt er noch zu einer Antwort an.
» Weil du meine Sonne bist, die Tag und Nacht für mich strahlt, und weil ich mit dir einfach glücklich bin«, murmelt er, ohne dabei theatralisch zu klingen.
» Ich liebe dich auch«, sage ich. » Danke, dass du mich geheiratet hast. Das war sehr lieb von dir.«
Zufrieden und konzentriert lausche ich auf Majas Schlafgeräusche, die nun leiser als sonst zu uns ins Zimmer dringen, und schlafe dann an Jonas’ Schulter ein.
In dieser Nacht träume ich das erste Mal seit der Geburt nicht, dass ich am Strand vor einer Tsunami-Welle flüchte, sondern von einer Butterfahrt.
16
Tag sechs nach unserer letzten Verabredung: Es war Freitagabend. Jonas hatte mich nicht mehr angerufen. Ich wusste nicht mehr ein noch aus. Das hatte ich jetzt davon, ich war aber auch einfach zu dämlich, schimpfte ich mit mir. Wahrscheinlich war er schon in Zürich. Na, Glückwunsch!
Selbst wenn das jetzt noch mal was wurde– was allerdings gar nicht zur Debatte stand–, wie sollten wir denn auf die Distanz eine Fernbeziehung führen?
Im Sender hielt ich ausnahmsweise mal die Klappe über meine Liebesgeschichten. Während ich die ersten zehn Tage, seit er mich zu Hause besucht hatte, nur begeistert von ihm gewesen war, merkte ich jetzt, da er sich nicht mehr meldete, dass ich mich unheimlich verliebt hatte. Doofe Nuss, die ich war. Was war das denn auch für ein blöder Quatsch mit der Liebe? Ich war total sauer.
Dabei hatte ich noch nicht mal mit ihm geschlafen, wie konnte ich da nur schon so verknallt sein? Er war einfach toll. Oder ich fand ihn auf einmal toll, weil er so offensichtlich nichts von mir wollte. Oder es war einfach nur Taktik von ihm– vielleicht war ICH ja der Fisch und sollte langsam eingeholt werden? Ich wusste es nicht. Er hielt sich jedenfalls wunderbar an alle Frauenratschläge wie » Mach dich rar, sei ein Star«. Warum können Männer so was? Oder können sie das gar
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