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Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Erfrierungs-Ersatzteilen. Keiner, der ohne Merkmal war. Ihre Isolierhüllen schirmten die brutalen Tatsachen dieser Welt ab, die kalten, dunklen und brennend heißen Chemikalien der schmelzenden Berge. Aber sie schützten unvollkommen, so daß die Menschen ihre häßlichen Sprenkel voller Stolz trugen, als ein Zeichen, daß sie die warmen, bequemen Siedlungen verlassen hatten.
    Er zog sich an und ließ die zunehmende Wärme der Hütte hinter sich. Jupiter warf überallhin trübblaue Schatten, und die Monde schimmerten unter ihren uralten Narben. Er überquerte das Feld zur Fusionskuppel, indem er sich zwischen abgestellten Fahrzeugen hindurchwand, die wie dunkle, kastenförmige Gebilde auf einer in mattem Blau glühenden Ebene ruhten. Träge lag die Welt unter einer strengen Nacht, und er spürte bereits die kupfrige Wärme, als seine Gedanken dem frühen, verschlafenen Morgen vorauseilten. Das stupide Womm-womm-womm der Fusionsgeneratoren schien ihn wie ein ungeduldiges Tier zu begrüßen. Er schleppte die Kabel zu den Fahrzeugen, steckte sie ein und sah zu, wie das schwarze Eis langsam von den wuchtigen Spurketten und Rädern schmolz, als die Kilo-Amps sich entluden und Leben erneuerten.
    Als er in die Hütte zurückkam, herrschte auch hier wieder Leben. Die Heizer knackten und fauchten, Männer fluchten über Kleidungsstücke, die durch unentdeckte Eisflecken feucht geworden waren, und ihr Atem ließ die Fenster bereits beschlagen. Rohre rasselten, als die Hitze sich in ihnen wieder ausbreitete, und der Geruch bratenden Fleisches zog durch die Luft. Old Matt saß über eine dampfende Schüssel gekauert an einem Tisch und kaute gedankenvoll.
    »Willst du die Zielgenauigkeit nochmal prüfen, bevor wir ihn in den Schlepper legen?« fragte Manuel und setzte sich neben ihn.
    »Nein. Er ist gut, keine Streuung. Der Strahl spreizt sich ein wenig, aber daran ist nichts zu ändern. Du solltest mal versuchen, einen abzufeuern – wir haben sie zum Schweißen benutzt – ohne jedes bißchen Luft rundherum. Elektronen entfernen sich alle voneinander. Die Ladungsdichte jagt den Strahl auseinander. Als ob man eine Schrotflinte abfeuert. Sogar noch schlimmer.«
    Manuel nickte. Er hatte Ganymed nie ohne Atmosphäre kennengelernt – ein dünnes Wispern, als er gerade laufen lernte, nun eine leichte Hülle, die Wolken tragen konnte, Schnee und die ätzenden Säureregen möglich machte. Generationen würden vergehen, bis ein Mensch einen ersten, tiefen Atemzug würde tun können. Jetzt war sie noch dünn, kaum mehr als ein Randstreifen des Vakuums, aber genug, daß ein E-Strahl wie ein Blitz aufzucken konnte: Atome aufspaltete, die neu erzeugten, positiven Ionen festhielt, die unerwünschten Elektronen ausstieß, die Strahlladung neutralisierte und sie fähig machte, sich in einem dünnen, tödlichen Strom auszubreiten. Sie wurden eingesetzt, um Kuppelhüllen zu dichten. Ein Mann, der ein gutes Auge besaß, konnte aus fünfzig Meter Entfernung einen Riß verschließen.
    Old Matts Kiefer arbeitete stetig, ohne Hunger: Essen als Treibstoff. Manuel nahm eine Tasse Brühe und einen Maisfladen von dem vollbeladenen Tablett. »Ich war irgendwie überrascht, daß er das getan hat«, sagte er.
    »Wer?«
    »Der Typ von Hiruko. Dachte, er würde mehr Geld verlangen, sobald er begriff, daß wir den Strahler wollten. Der nächsterreichbare ist in Fujimura.«
    »Das Geld habe ich ihm nur aus Höflichkeit angeboten. Hiruko-Leuten muß man immer Gelegenheit geben, großzügig zu sein. Sie mögen das. Aber deshalb hat er ihn uns nicht überlassen.«
    »Hm?«
    »Er hat Adler gesehen. Er beobachtet uns, beobachtet die, die schon so lange hier herauskommen, ohne daß jemand mithalten konnte. Er weiß, wir können ihn benutzen – und er nicht. Obwohl wir ihm alles über die Leitfähigkeit und so erzählt haben. Deshalb hat er ihn uns gegeben.«
    Sie hatten sich zwei Tage Zeit genommen, den langen, magnetumringten Lauf des E-Strahlwerfers zu modifizieren und den Feuerstrom auf Kosten eines Teils des Flusses zu verschmälern. Energie, die gegen die unverwundbaren und noch nicht analysierten Flanken des Dings prallte, wäre ohnehin wertlos. Präzision war wichtiger als ziellose Kraft. Der Werfer war mit dem wuchtigen Energiespender und der bösartig wirkenden Mündung ein unhandliches Gerät, und die beiden trugen ihn vorsichtig zum Schlepper hinaus, vertäuten ihn auf dem Vordeck und schützten ihn mit einer Plane vor dem weichen, rosigen Schnee, der

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