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Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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keine Notwendigkeit, daß wir zur Erde zurückkehren. Wir können hier bleiben, die langfristigen Untersuchungen vornehmen.«
    »Nie mehr nach Hause?«
    Piet lächelte müde. »Das ist der Preis, den ein Wissenschaftler zahlen muß.«
    »Aha.« Manuel wußte nicht, was er noch sagen sollte. Ein größeres Pech hätte er gar nicht haben können. Wenn er jetzt die Stunden der Reise redend verbringen mußte …
    Piet lächelte wieder und sagte leise: »Sie müssen mich entschuldigen. Wir sind an Ihre Zeiteinteilung noch nicht gewöhnt. Ich bin müde und muß einen Moment ruhen.«
    Manuel nickte. Piet faltete die Hände, schloß die Augen und war sofort entspannt. Die Furchen in seinem Gesicht verschwanden. Auch die anderen Erdler lehnten sich in ihren Sitzen zurück. Ihre Gesichter erschlafften, und im Nu isolierte ihr Schweigen Manuel auf einer Insel der Ruhe. Er kam zu dem Schluß, daß Piet so etwas wie einen eingepflanzten Befehl aktiviert hatte. Er hatte von solchen Dingen gehört: ökonomische Methoden, in Hungerzeiten Nahrungsvorräte zu strecken – auf der Erde nicht selten nötig.
    Er war erleichtert, von dem Gespräch befreit zu sein. Der Gedanke, daß Piet das vielleicht gemerkt und sich deshalb zurückgezogen hatte, kam ihm nicht. Das vorbeirollende Land nahm seine Aufmerksamkeit gefangen, während die Antriebsgestänge stampften, um sie auf Geschwindigkeit zu halten. Er dachte daran, was vor ihm lag. Seine Gedanken waren so richtungslos, wie die unerforschten Wüsten draußen, wollten sich nicht konzentrieren, und deshalb bemerkte er den ersten seitlichen Ruck des Waggons nicht. Der nächste kam plötzlich, riß an den Kupplungen, daß sie quietschten und die Menschen hochschreckten und aufschrien. Manuel spürte, wie er gegen die Armlehnen des Sitzes gedrückt wurde. Sein Kopf zuckte hoch, seine Augen suchten nach einer Ursache und begegneten einen Moment lang den blauen, ruhigen Augen Piets. Dann kam der dritte, kräftigste.
    Der Aufprall, den er durch seine Stiefel spürte, warf ihn quer über den Gang gegen eine Sitzreihe. Er spürte, wie der Waggon kippte. Gegenstände flogen durch die Luft, ein lautes, mahlendes Geräusch war zu hören.
    Er hielt sich an einer Rückenlehne fest. Jemand rammte gegen ihn und stürzte zur Seite. Schreie. Ein hohes Alarmpfeifen ertönte, brach abrupt wieder ab. Der Waggon bebte, drehte sich um die eigene Achse, rüttelte – und kam mit einem kreischenden Laut zum Stillstand.
    Manuel kam hoch. Er bemerkte, daß er auf einem Erdler stand, trat zur Seite und fand einen Platz im Chaos schreiender Menschen, die sich nach draußen zu kämpfen versuchten, und den überall verstreuten Kleidungs- und Gepäckstücken. Er ignorierte den Lärm und lauschte. Kein Zischen entweichender Luft, kein Druckabfall. Wieder ein Zittern, einige Menschen stürzten ein zweites Mal. Eine Frau schrie gellend. Manuel hielt sich an dem Sitz fest und wartete. Ein weiteres, kaum merkliches Zittern. Dann nichts.
    »Hee! Ruhe!« schrie er einmal, zweimal, bis auch die Menschen im Rückraum schwiegen. »Jemand da hinten muß das Kommfon nehmen.«
    Weiße Gesichter wandten sich um, aber niemand tat etwas. »Sie da!« Er zeigte auf einen hochgewachsenen Mann am anderen Ende des Waggons. »Nehmen Sie’s!«
    Der Mann tat es. Er schaute auf Manuel. »Funktioniert es?« fragte Manuel. Der Mann nickte. »Wir warten, bis der Leitwagen sich meldet. Sie werden uns die Lage schildern. Die anderen halten den Mund!«
    Es dauerte lange, bis sie es herausgefunden hatten. Die Erdler halfen, den gebrochenen Arm einer Frau in eine Schlinge zu stecken, aber durch die Schlitze kam keine Luft. Als sie mehr erfuhren, wurde Manuels Vermutung bestätigt: Die Bodenerschütterungen hatten zwei Frachtwaggons aus der Spur geschleudert. In den beiden Personenwagen war niemand ernstlich verletzt. Um den Zug wieder in Bewegung zu setzen, würden sie die Frachtwaggons von den Schienen ziehen müssen.
    Etwas blockierte die Luftzufuhr. Auch die Heizer liefen nur mit niedriger Energie. Bevor sie die Personenwaggons nicht wieder in der Spur hatten, war kaum zu erkennen, ob das Problem ernsthafter Natur war.
    Auf Hilfe zu warten, stand nicht zur Debatte. Es würde Stunden dauern, Schlepper aus Hiruko herzubekommen. Wenn die Lebenserhaltungssysteme beschädigt waren, wäre es besser, sich in Richtung Sidon zu bewegen, selbst mit verminderter Geschwindigkeit. Ebensowenig tauchte die Frage auf, wer die Arbeit tun würde. Der Zugführer ging

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