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Wider die Unendlichkeit

Wider die Unendlichkeit

Titel: Wider die Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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verzweigten Sackgassen zu verlaufen, bis sie zum Rand der Kuppel hin wie Spaghetti ineinander verschlungen waren und vom Auge nicht mehr entwirrt werden konnten. Einwanderer, unbeeinflußt von Effizienzverheißungen, hatten ihre Viertel knäuelig und gemütlich gestaltet. Grüne Flecken wiesen auf ungeplante Parks hin. Die Häuser variierten von Stahlrippentürmen bis zu flachen Bungalows aus Stein und Mörtel. Manuel gefiel die Wirkung. Hirukos rechteckiges Straßennetz hatte ihn gelangweilt.
    Er verlagerte sein Gewicht auf die Hacken und spähte zum Stützwerk des Rathauses hoch. Es besaß eindrucksvolles Volumen, offenbar in der Absicht, den Eindruck zu erwecken, im Innern würden gewichtige Dinge entschieden. Das vernietete Eisen schuf schwarze Diagramme elementarer Geometrie auf organischen Perlmuttwänden.
    Ungeduldig ging er auf und ab. Eine junge Frau in einem Purpurcape und langem, weißen Kleid ging vorbei. Sie sah ihn ein wenig länger an, als es schicklich war. Ihre Schuhe klapperten auf rostroten Pflastersteinen. Die niedere Schwerkraft ließ hohe Absätze und ornamentale Formen zu. Ihre Minaretthacken glitten und drehten sich mit jedem Hüftschwung. Sie waren konstruiert, um zuerst das Ohr und dann das Auge aufmerksam zu machen. Und sie führten den Blick unweigerlich die Nähte der blauen Strümpfe hinauf. Manuel beobachtete sie, bis sie um eine Ecke verschwand, und dachte dabei nicht an sie, sondern an Belinda in Hiruko. Er grübelte einen Moment und grinste dann ärgerlich.
    Er kehrte zu dem großen Bogenportal zurück und fragte die Frau dort: »Wie lange noch?«
    Die kleine, dunkelhäutige Aufseherin brummte: »Aussprachen sind unbegrenzt. Ihre Angelegenheit kommt zuletzt.«
    »Es ist doch nur eine Formalität.«
    »Das Syndikat muß als Körperschaft zustimmen, Manuel.«
    Manuel blinzelte, überrascht, daß diese Frau, an die er sich nicht erinnerte, ihn erkannte, sogar noch seinen Namen wußte. »Hm, vielleicht während einer Unterbrechung …«
    »Keine Pausen. Sie haben gerade zehn Stunden die neue Hydro-Anlage durchgekaut. Die Familien, die sie betreiben, wollen eine bessere Innenüberdachung, und …«
    »Irgendwann müssen sie doch aufhören.«
    »Sie waren noch nie bei einer Syndikatsversammlung, was?«
    Das dunkle, gefurchte Gesicht verzog sich. »Hätten mit Ihrem Vater kommen sollen, Gott hab’ ihn selig.«
    »Ich war zu jung.«
    »Kinder können mit rein. Dürfen nur nicht reden, das ist alles.«
    »Mein Vater hat sich um diese Dinge gekümmert.«
    »Jetzt ist es an Ihnen, die Erbschaft zu ordnen. Keine Sorge, das Syndikat nimmt seine Hälfte, sicher – und dann geben sie einen Erlaß heraus, schicken Ihrer Mutter Blumen und gewähren ihr zusätzlich Arbeitsgutscheine für ein Jahr, Sie werden sehen. Sie erinnern sich alle an den Colonel.«
    Gereizt schlug Manuel mit der Hand gegen die Eisengitter. »Si, ich will nicht diskutieren. Ich will nur, daß es erledigt wird.«
    Die kleine Frau zuckte die Achseln. »Wer ein Siedlungsmann werden will, muß lernen, andere auszusitzen. Hören, was sie zu sagen haben. Reicht nicht, eine Mehrheitsentscheidung zu bekommen. Sonst wird die Minderheit nicht überzeugt und unterstützt den Plan nicht. Hat keinen Zweck, Leute neben sich zu haben, die gegen das sind, was man tut. Deshalb diskutieren wir es wie die Quäker aus, bis jeder zustimmt. Auf lange Sicht effizienter.«
    Manuel schnaubte. »Wenn sie noch viel länger brauchen, fahre ich nach Hiruko zurück.«
    »Nicht so bald, hoffe ich«, erklang eine neue Stimme.
    Es war Piet Arnold. Manuel blickte ihn wachsam an. »Sobald ich meine Familienangelegenheiten geregelt habe.«
    »Ich würde Sie gern zu einem Drink einladen, solange Sie warten.«
    »Ich muß in der Nähe bleiben.«
    Die Aufseherin schaltete sich ein: »Kein großer Andrang hier.«
    »Will meinen Fall nicht verpassen.«
    »Ich halte sie auf. Außerdem reden sie sowieso hinterher noch gerne ein bißchen.«
    Piet sagte: »Ich hörte auf dem Komm, daß es in drei Minuten Regen gibt.«
    Manuel blickte zu der purpurnen Wolkenschicht, die sich in der Spitze der Kuppel zusammenballte. »Hab’ ich vergessen. Nun – si, si. Ein Drink. Entweder gehe ich dann zum allmächtigen Syndikat hinein, oder aber ich breche auf. Ich muß mich für meine Mutter noch um einige Dinge kümmern.« Als sie gingen, blickte er die Aufseherin böse an, obschon er wußte, daß dies nichts nutzte.
    Sie fanden eine kleine, schmuddelige Kneipe in der Nähe. Sie

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