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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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gleichmäßiger und schien eingeschlafen zu sein. Magda beobachtete ihn aufmerksam. Der blaue Schimmer breitete sich auf seinem ganzen Körper aus. Sie legte eine Decke über ihn, und dabei ging es ihr nicht nur darum, den Mann zu wärmen. Sie wollte auch das merkwürdige Leuchten verbergen, das von der Feste aus gesehen werden konnte. Schließlich trat sie zurück, schlang die zweite Decke um sich und setzte sich auf einen Felsen. Tausend Fragen wirbelten durch ihren Kopf, aber sie wartete stumm.
    Wer oder was ist er? überlegte sie. Dutzende von Kugeln haben ihn getroffen und mehr als genug tödliche Wunden verursacht. Er ist von der Brücke gestürzt und tief unten auf den Boden der Schlucht geprallt. Aber er ist nicht ums Leben gekommen. Er hat sogar noch genug Kraft aufgebracht, um am Geröllhang emporzuklettern, wozu selbst einige gesunde Männer nicht in der Lage wären. Warum versteckt er den Spiegel seines Zimmers neben einem Kasten, der ein uraltes Schwert ohne Heft enthält? Warum behauptet er, es sei seine einzige Rettung? Wie kann ich einem solchen Mann vertrauen und ihn lieben? Ich weiß nichts über ihn.
    Sie erinnerte sich an die Worte ihres Vaters. Er ist Mitglied einer Gruppe, die hinter den Nazis steht und Hitler und alle anderen als Werkzeug benutzt! Er ist schlimmer als ein Nazi!
    Stimmte das vielleicht? Hatte sich Magda von ihren Gefühlen so blenden lassen, daß sie die Wahrheit nicht hatte erkennen können? Glenn war gewiß kein gewöhnlicher Mann. Er hatte Geheimnisse, die er ihr nicht anvertraut hatte. Er war ihr immer ausgewichen. Kann es wirklich sein, daß Glenn der Feind ist – und Molasar der Freund?
    Sie zog die Decke enger um die Schultern.
    Nach einer Weile fielen ihr die Augen zu. Die Nachwirkungen des heftigen Schlags an den Kopf, der Schock über die jüngsten Ereignisse und Glenns gleichmäßige Atemzüge – all das hatte sie erschöpft. Magda kämpfte kurz gegen die Müdigkeit an, gab es dann aber auf. Nur einige Minuten lang dösen … an nichts denken …
     
    Klaus Wörmann wußte, daß er tot war. Und doch lebte er. Zumindest in gewisser Weise.
    Ganz deutlich erinnerte er sich an seinen Tod. Das gespenstische Wesen im Tunnel hatte ihn langsam und genüßlich erdrosselt. Eisige Finger hatten sich um seine Kehle geschlossen und zugedrückt. Das lauter werdende Rauschen in den Ohren … Und schließlich Dunkelheit.
    Aber keine ewige Finsternis. Nein, noch nicht.
    Wörmann begriff nicht, warum er nach wie vor denken und die Umwelt wahrnehmen konnte. Er lag auf dem Rüc ken und starrte aus weit geöffneten Augen in die Dunkelheit. Er wußte nicht, ob Minuten oder Stunden verstrichen waren – die Zeit hatte ihre Bedeutung verloren. Er hörte nichts, spür te weder den eigenen Körper noch die Kälte des Bodens. Er atmete nicht einmal. Vergeblich versuchte er, sich zu bewegen. Als eine Ratte über sein Gesicht kroch, konnte er nicht einmal zwinkern.
    Ja, er war tot. Oder?
    Wörmann empfand weder Furcht noch Schmerz, nur Bedauern und Reue. Er hatte das Gewölbe aufgesucht, um dort Erlösung zu finden; statt dessen war er Grauen und Tod begegnet.
    Plötzlich begriff er, daß er sich bewegte. Zwar spürte er noch immer nichts, aber das Bild vor seinen Augen veränderte sich: Jemand zerrte ihn durch einen schmalen Tunnel in einen Raum …
    Und ins Licht.
    Wörmann schaute an seinem Körper hinab und dann auf eine Wand, die er sofort wiedererkannte. Dort waren die mit Blut geschriebenen Zeichen einer uralten Sprache. Die Mau er war abgewaschen worden, aber die dunklen Flecken waren geblieben.
    Er fiel zu Boden und sah eine Öffnung in der Decke. Am Rande seines Sichtfeldes wanderte eine dunkle Gestalt umher, griff nach einem Seil, wickelte es um einen dicken Balken und knüpfte das Ende zu einer Schlinge, die sich um Wörmanns Hals legte. Dann zog das Wesen …
    Zog …
    Bis sich die Füße des Majors vom Boden lösten und sein lebloser Leib hin und her baumelte. Das schattenhafte Geschöpf verschwand im Korridor und ließ Wörmann allein zurück.
    Er wollte schreien und Gott anflehen, aber kein Laut kam über seine Lippen. Der gespenstische Herr des Kastells hatte nicht nur Macht über die Körper der Soldaten, sondern auch über ihre Seelen.
    Wörmann verstand, welche Rolle ihm zukam: Seine Männer sollten glauben, daß er Selbstmord begangen hatte. Das mußte die letzten Reste ihrer Moral zerstören. Der Offizier, den sie respektierten und schätzten und von dem sie Hilfe

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