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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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von Kummer und einer Traurigkeit erlöste, die jeden Winkel ihres Herzens ausfüllte. Magda verspürte nur noch einen Wunsch: Sie wollte Glenn finden, seine Wunden und die inzwischen sicher kalt gewordene Haut berühren. Sie mußte ganz sicher sein, daß es keine Hoffnung mehr für ihn gab.
    Als sie die Beine über den Schluchtrand schwang, glaubte sie, weiter unten ein leises Geräusch zu hören – Kieselsteine, die über den Hang rollten. Zuerst dachte sie, daß sie sich unter ihren Füßen gelöst hatten, doch dann vernahm sie ein dumpfes Keuchen. Jemand näherte sich ihr durch den Nebel.
    Erschrocken zog sich Magda auf die Straße zurück und versteckte sich hinter dem Gebüsch. Sie hielt die Luft an, als sie eine Hand sah, die sich aus den Dunstschwaden schob und nach dem Felsrand griff. Eine andere folgte, dann der Kopf.
    Das Haar … Rot und zerzaust.
    »Glenn!«
    Er schien sie nicht zu hören und setzte den mühsamen Aufstieg fort. Magda sprang auf ihn zu, griff unter seine Arme und half ihm bei den letzten Metern. Hilflos beugte sie sich über ihn.
    »O Glenn, du …« Sie starrte auf ihre feuchtglänzenden Hände herab. »Du blutest!«
    Eigentlich müßtest du tot sein, fügte sie in Gedanken hinzu, sprach die Worte jedoch nicht laut aus. Es grenzte an ein Wunder, daß er überhaupt noch atmete: Blut sickerte aus vielen Wunden. Kein normaler Mensch hätte so etwas überlebt!
    »Ich hole einen Arzt!« Was für eine dumme Bemerkung: Es gab keinen Doktor im Dorf. »Ich sage Iuliu und Lidia Bescheid! Sie werden mir helfen …«
    Glenn murmelte etwas, und Magda beugte sich ganz nah über ihn.
    »Geh in mein Zimmer«, brachte der Rothaarige mühsam hervor. Sein Atem roch nach Blut. O Gott, er hat auch inne re Verletzungen erlitten!
    »Ich bringe dich sofort ins Gasthaus, sobald ich Iuliu geholt habe …« Vorausgesetzt, daß der Wirt mich nicht abweist.
    Glenns Finger tasteten nach Magdas Ärmel. »Hör mir zu! Der Kasten … den du gestern … gesehen hast … Die Schwertklinge darin …«
    »Sie nützt dir jetzt nichts. Du brauchst medizinische Hilfe.«
    » Bitte! Nur die Klinge kann mich retten!«
    Magda richtete sich auf, zögerte kurz und lief los. Glenn wollte das Schwert. Es ergab keinen Sinn, aber seine Stim me hatte so drängend geklungen … Sie mußte ihm seinen Wunsch erfüllen.
    Magda erreichte die Herberge und riß die Tür auf, rannte durchs Erdgeschoß, nahm jeweils zwei Stufen auf einmal und gönnte sich erst eine Atempause, als sie Glenns Zimmer betrat. Vorsichtig tastete sie sich durch die Dunkelheit, öffnete den Schrank und hob den Deckel des Kastens. Die Klinge fiel gegen den Spiegel und zertrümmerte ihn. Magda achtete nicht darauf, legte das Schwert hastig in den Behälter zurück und schloß den Deckel. Mit dem Kasten unter dem Arm griff sie nach zwei Decken und machte sich auf den Rückweg.
    Iuliu und Lidia standen am unteren Ende der Treppe und beobachteten sie mit überraschten Mienen.
    »Versuchen Sie bloß nicht, mich aufzuhalten!« rief sie und stürmte an ihnen vorbei. Der drohende Tonfall hatte gewirkt: Der Wirt und seine Frau wichen zurück.
    Magda rannte über die Straße und bahnte sich einen Weg durchs Gebüsch. Sie spürte, wie die Dornen ihre Haut zerkratzten – und dachte dabei nur an Glenn.
    Er lag auf dem Rücken und schien noch schwächer zu sein.
    »Die Klinge«, hauchte er. »Nimm sie aus dem Kasten.«
    Einige schreckliche Sekunden lang fürchtete Magda, daß er sie um den Gnadenstoß bitten wollte. Dazu wäre ich nie imstande, dachte sie betroffen. Warum hatte er sich die Mühe gemacht, aus der Schlucht zu klettern? Nur um anschließend den Tod zu suchen? Sie öffnete den Behälter, strich zwei größere Spiegelscherben beiseite und griff mit beiden Händen nach dem Schwert. Sie fühlte wieder die Vertiefungen der sonderbaren Runen.
    Sie legte Glenn die Waffe in die Hand – und erschrak, als ein blauer Glanz das Metall umhüllte. Der rothaarige Mann seufzte, als er die Klinge entgegennahm. Seine Züge glätteten sich und wirkten nicht mehr so schmerzerfüllt. Sie drückten nun Ruhe und Frieden aus.
    Er hielt das Schwert längsseits zu seinem Körper: Die Spitze war nur einige Zentimeter von den Füßen entfernt, und der Dorn am Heftende berührte sein Kinn. Glenn faltete die Arme darüber und schloß die Augen.
    »Du solltest jetzt gehen, Magda«, sagte er leise. »Komm später zurück.«
    »Ich lasse dich nicht allein.«
    Er gab keine Antwort. Er atmete

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