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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Vollast liefen.
    Er wünschte sich Flügel.

8. Kapitel
     
    Bukarest, Rumänien
    Montag, 28. April • 09.50 Uhr
     
    Magda hielt ihre Mandoline mit geübtem Geschick. Das Schlagblättchen tanzte wie ein eigenständiges Wesen über die Saiten, und die Finger der jungen Frau sprangen von Bund zu Bund. Ihr Blick war auf ein Blatt mit handgeschriebenen Noten gerichtet: eine der schönsten Zigeunermelodien, die sie selbst aufgezeichnet hatte.
    Sie saß in einem bunten Wagen am Stadtrand von Bukarest. Sie hatte wenig Platz, und viele Regale mit exotischen Kräutern und Gewürzen engten sie zusätzlich ein. Farbige Kissen lagen in den Ecken; Lampen und Knoblauchzehen hingen an der niedrigen Decke. Magda hockte im Schneidersitz auf dem Boden – die Mandoline auf die Beine gestützt –, und der lange Rock aus grauer Wolle entblößte kaum ihre Waden. Darüber trug sie einen weiten, ebenfalls grauen Pullover. Ein fransiges Kopftuch bedeckte ihr braunes Haar. Ihre Augen leuchteten, während sie den Klängen ihrer eigenen Musik lauschte.
    Sie ließ ihre Gedanken von der Melodie forttragen, fort von der Welt, die ihr mit ständig wachsender Feindseligkeit begegnete. Sie waren dort draußen: die Judenhasser. Sie hatten ihrem Vater den Posten an der Universität verweigert, ihnen das Heim genommen, König Carol II. zur Abdankung gezwungen und General Antonescu und seine Eiserne Garde an die Macht gebracht.
    »Ist das richtig so?« fragte sie, als die letzten Töne verklangen.
    Die alte Frau, die ihr an dem kleinen, runden Eichentisch gegenübersaß, deutete ein dünnes Lächeln an. Dabei vertieften sich die Falten in ihren dunklen Mundwinkeln. »Ja, fast. Nur der Mittelteil sollte sich folgendermaßen anhören.«
    Sie legte ein Kartenpack auf den Tisch, griff nach ihrer hölzernen Naiou und setzte das Mundstück an ihre Lippen. Magda begleitete ihr Spiel, bis sie einige Disharmonien vernahm und die Noten auf ihrem Blatt veränderte.
    »Ich glaube, jetzt hab’ ich’s«, sagte sie, sammelte ihre Blätter ein, lächelte zufrieden.
    Die alte Frau streckte ihre Hand aus. »Laß mich mal sehen.«
    Magda reichte ihr die Blätter und beobachtete, wie Jose fas Blick über die Zeichen glitt. Sie war Phuri dai , die Weise Frau dieser Zigeunergruppe. Vater hatte oft auf ihre einstige Schönheit hingewiesen, doch jetzt durchfurchten viele Falten die Haut, und silberne Strähnen zogen sich durch das vormals rabenschwarze Haar.
    »Das ist also mein Lied.« Josefa konnte keine Noten lesen.
    »Ja. Für immer bewahrt.«
    Die alte Frau gab die Blätter zurück. »Aber ich spiele es nicht immer auf diese Weise. Ich mag diese Fassung jetzt. Nächsten Monat beschließe ich vielleicht, irgend etwas zu verändern. Das ist schon oft geschehen.«
    Magda nickte, als sie die Papiere zu den anderen in den Aktendeckel legte. Sie wußte, daß Zigeunermusik hauptsächlich aus Improvisationen bestand. Die Zigeuner führten ein völlig planloses Leben, besaßen keine Schriftsprache und hielten ihre Geschichte nur mit mündlichen Überlieferungen fest. Vielleicht bewegt mich das dazu, wenigstens einen Teil ihrer Vitalität einzufangen und ihn mit niedergeschriebener Musik zum Ausdruck zu bringen.
    »Es genügt mir für den Augenblick«, sagte Magda. »Möglicherweise komme ich im nächsten Jahr zurück, um mir anzuhören, was du verändert hast.«
    »Ist dein Buch bis dahin nicht längst veröffentlicht?«
    Das traf einen wunden Punkt. Magda senkte den Kopf. »Nein, wahrscheinlich nicht.«
    Magda legte die Mandoline beiseite. Sie wünschte sich, auf eine Antwort verzichten zu können, aber die Frage beherrschte ihre Gedanken. Sie sah nicht auf, als sie erwiderte: »Ich muß mir einen neuen Verleger suchen.«
    »Was ist denn mit dem anderen passiert?«
    Magda starrte verlegen zu Boden.
    »Er hat seine Meinung geändert. Er sagt, es sei jetzt nicht die richtige Zeit, ein Kompendium über die Musik rumänischer Zigeuner herauszubringen.«
    »Erst recht nicht von einer Jüdin«, fügte Josefa hinzu.
    Magda hob ruckartig den Kopf und senkte ihn dann erneut. Sie hat völlig recht. »Vielleicht.« Sie fühlte einen Kloß im Hals und wollte nicht mehr darüber sprechen. »Wie läuft das Geschäft?«
    »Furchtbar.« Josefa zuckte mit den Schultern, stellte ihre Naiou in die Ecke und griff wieder nach dem Kartenpack. Sie trug die übliche Zigeunerkleidung: eine mit Blumenmuster bedruckte Bluse, einen gestreiften Rock, ein Kopftuch aus Kattun. Wie geistesabwesend mischte

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