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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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weiterhelfen.« Sie drehte den Kopf, rief den Namen ihres Enkels und richtete den Blick dann wieder auf Magda. »Yoska kennt sich mit den Karten sehr gut aus. Schon als kleiner Junge hat er mir zugesehen, während ich sie legte.«
    Ein dunkelhaariger attraktiver, etwa zwanzig Jahre alter Mann kam herein. Er lächelte strahlend, nickte Magda zu und musterte sie mit offensichtlichem Interesse. Die junge Frau sah zur Seite. Sie fühlte sich trotz ihrer Kleidung nackt.
    Seine Großmutter winkte kurz, und daraufhin wandte er seine Aufmerksamkeit den Karten zu. Sein Lächeln verflüchtigte sich, und nach wenigen Sekunden runzelte er die Stirn. Eine Zeitlang blieb er still und rang sich dann zu einer Entscheidung durch.
    »Ich schlage vor, du mischst sie noch einmal, läßt Magda abheben und legst sie erneut.«
    Josefa nickte zustimmend, und die seltsame Zeremonie wiederholte sich, diesmal in aller Stille. Magda blieb skeptisch, aber trotzdem empfand sie eine gewisse Erregung. Sie beugte sich vor und beobachtete die Karten, die Josefa nacheinander auf den Tisch legte. Sie verstand nichts von solchen Dingen und mußte sich allein auf die Interpretation der beiden Zigeuner verlassen. Als sie schließlich aufsah und ihre Mienen bemerkte, begriff sie, daß irgend etwas nicht stimmte.
    »Was hältst du davon, Yoska?« fragte die alte Frau leise.
    »Keine Ahnung … Eine derartige Konzentration von Gut und Böse … Eine so klare Trennung zwischen ihnen …«
    Magda schluckte. Ihr Gaumen war völlig trocken. »Das Muster von vorhin … Es hat sich wiederholt?«
    »Ja«, bestätigte Josefa. »Mit nur einem Unterschied: Die Seiten sind vertauscht. Das Gute befindet sich nun links, und das Böse rechts.« Sie hob den Kopf. »Es deutet alles auf eine Wahl hin. Eine sehr ernste, bedeutungsvolle Wahl.«
    Plötzlicher Ärger verdrängte Magdas Unbehagen. Josefa und Yoska spielten ihr irgendeinen Streich, und sie hatte nicht vor, sich zum Narren machen zu lassen. »Ich glaube, ich sollte jetzt besser gehen.« Sie stand auf. »Ich bin kein naives Gadscho -Mädchen, mit dem ihr euren Spaß haben könnt.«
    »Nein, bitte! Laß uns die Karten ein drittes Mal legen!« Die alte Frau streckte wie beschwörend die Hand aus.
    »Tut mir leid. Ich muß jetzt wirklich los.«
    Magda eilte aus dem Wagen, in dem Bewußtsein, daß sie sich Josefa gegenüber nicht fair verhalten hatte. Trotzdem setzte sie ihren Weg fort. Die Karten mit ihren sonderbaren Symbolen, der verwirrte, betroffene Gesichtsausdruck der beiden Zigeuner … All das trieb sie dazu, den Wagen so schnell wie möglich zu verlassen. Sie sehnte sich nach Bukarest zurück, in eine konkrete Welt, in der es keinen Platz für das Übernatürliche gab.

9. Kapitel
     
    Die Feste
    Montag, 28. April • 19.10 Uhr
     
    Die Schlangen trafen ein.
    SS-Männer, insbesondere Offiziere, erinnerten Wörmann an Schlangen. Sturmbannführer Kämpffer bildete da keine Ausnahme.
    Wörmann erinnerte sich bei der Begegnung an einen ganz bestimmten Abend vor einigen Jahren. Ein hochrangiger Angehöriger der nationalsozialistischen Bürokratie hatte einen Empfang veranstaltet, und dazu war auch Wörmann, als ein im Krieg ausgezeichneter Offizier und prominenter Bürger der Stadt, eingeladen worden. Eigentlich wollte er zu Hause bleiben, aber seine Frau Helga bekam nur selten Gelegenheit, an irgendwelchen Festen oder Bällen teilzunehmen. Sie freute sich so sehr darauf, daß Wörmann nicht ablehnen konnte.
    An der einen Wand des Saals stand ein gläsernes Terrarium, in dem eine fast hundert Zentimeter lange Schlange unruhig hin und her kroch. Dreimal im Verlauf des Abends forderte der Gastgeber die versammelten Männer und Frau en auf, ihm zuzusehen, wie er das hungrige Reptil fütterte: Er warf ihm lebendige Kröten und Frösche vor. Ein flüchtiger Blick genügte Wörmann: Er sah das hilflose Tier, wie es halb im Rachen der Schlange steckte, verzweifelt mit den Beinen strampelte und vergeblich versuchte, sich zu befreien.
    Diese gräßliche Szene verwandelte einen bis dahin langweiligen Abend in eine harte Geduldsprobe. Als sich Helga und er nach einigen Stunden verabschiedeten und gingen, kamen sie wieder an dem gläsernen Behälter vorbei. Die Schlange war noch immer hungrig, obwohl sich in ihrem Leib drei dicke Auswölbungen zeigten.
    Wörmann dachte an das Reptil zurück, als Kämpffer sein Quartier im Turm betrat, und auf und ab ging. Abgesehen von dem braunen Hemd war der Sturmbannführer ganz in Schwarz

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