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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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zu tun, und das beruhigte sie ein wenig.
    Er deutete zum Kastell. »Was ist dort drüben los? Wer hat die Feste so hell erleuchtet wie eine kitschige Touristenattraktion?«
    »Deutsche Soldaten.«
    »Hm. Die Helme waren mir irgendwie vertraut. Aber was machen sie ausgerechnet hier?«
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich wissen sie es selbst nicht.«
    Der Mann richtete seinen Blick erneut auf die alte Festungsanlage und murmelte etwas, das wie »Narren!« klang.
    »Weshalb sind Sie so sehr daran interessiert?« fragte sie.
    Er musterte sie. Seine Züge blieben in der Dunkelheit verborgen. Er zögerte, bevor er andeutungsweise mit den Schultern zuckte. »Oh, ich bin nur auf der Durchreise. Ich habe diesen Ort vor Jahren besucht und wollte mir die Feste noch einmal ansehen.«
    Magda wußte sofort, daß der Mann log. Niemand, der noch alle seine Sinne beisammen hatte, ritt mitten in der Nacht wie ein Gehetzter durch den Dinu-Paß.
    Sie wich ein wenig zurück, drehte sich dann halb um und ging in Richtung Herberge. Die Unaufrichtigkeit des Fremden bereitete ihr Unbehagen.
    »Wohin wollen Sie?«
    »Zurück in mein Zimmer. Es ist kalt hier draußen.«
    »Ich begleite Sie.«
    Magda schritt schneller aus. »Danke, aber ich finde den Weg auch allein.«
    Der Mann ignorierte ihre Antwort, zog sein Pferd herum und schloß zu ihr auf. Vor ihnen stand die Herberge wie ein großer, zweistöckiger Kasten. Im Obergeschoß fiel trübes Licht aus einem Fenster: die dritte Kerze, die Magda hatte brennen lassen.
    »Legen Sie den Stein ruhig beiseite«, sagte der Mann. »Sie brauchen ihn nicht.«
    Magda verbarg ihre Überraschung. Er scheint in der Dunkelheit sehr gut sehen zu können. »Diese Entscheidung sollten Sie mir überlassen.«
    Ein seltsam säuerlicher, unangenehmer Geruch ging von dem Fremden aus: sein eigener Schweiß und der des Pferds. Magda ging noch etwas schneller, um den Abstand zu vergrößern, und der Rothaarige versuchte nicht, sich ihren Schritten anzupassen.
    Die junge Frau warf den Stein beiseite, als sie die Treppe vor dem Gasthaus erreichte, eilte die Stufen hinauf und trat ein. Iuliu beugte sich gerade über den tresenartigen Tisch auf der linken Seite und wollte die Kerze ausblasen.
    »Warten Sie noch etwas«, bat Magda und lief an ihm vorbei. »Ich glaube, Sie bekommen noch einen zweiten Gast.«
    Das Gesicht des Wirts erhellte sich. »Heute abend?«
    »Jetzt gleich.«
    Iuliu strahlte. Er öffnete ein großes Anmeldebuch und schraubte das Tintenfaß auf. Schon seit vielen Generationen gehörte die Herberge seiner Familie. Es hieß, daß sie errichtet worden war, um den Steinmetzen Unterkunft zu gewähren, die das Kastell erbaut hatten. Aber in diesen Tagen ließ sich kaum ein hohes Einkommen erwirtschaften – im Laufe des Jahres verirrten sich nur wenige Reisende in den Dinu-Paß, und noch weniger suchten nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Aber das Erdgeschoß diente als Wohnung für den Wirt und seine Angehörigen, und es war praktisch immer ein Familienmitglied anwesend, wenn der seltene Fall eintrat, daß jemand ein Zimmer brauchte. Der größte Teil von Iulius Verdienst stammte aus seiner Tätigkeit als »Schatzmeister« für die Arbeiter in der Feste. Den Rest erzielte er mit dem Verkauf von Wolle – sein Sohn besaß eine kleine Schafherde.
    Zwei der insgesamt drei Zimmer zu vermieten, war ein wahrer Glücksfall.
    Magda zog sich nicht sofort in ihr Zimmer zurück. Sie blieb im Flur stehen und horchte, neugierig darauf, welche Worte der Fremde an Iuliu richten mochte. Ihr erster Eindruck von ihm war denkbar schlecht: Er stank nicht nur, sondern wirkte auch arrogant und zynisch.
    Aber warum lausche ich dann? fragte sie sich verwundert.
    Sie hörte schwere Schritte, als der Mann eintrat, und seine Stimme hallte durchs Treppenhaus.
    »Ah, Wirt! Sie sind noch auf. Sorgen Sie dafür, daß mei ne Stute abgerieben und für einige Tage in einem Stall untergebracht wird. Es ist das zweite Pferd, das ich heute geritten habe, und eine anstrengende Reise liegt hinter uns. Ich möchte, daß sich jemand um mein Roß kümmert und ihm genug Hafer gibt. He, hören Sie überhaupt zu?«
    »Ja … ja, Herr.« Iuliu klang angespannt und nervös, und Magda glaubte, so etwas wie Angst in seiner Stimme zu erkennen.
    »Nun?« fragte der Fremde scharf.
    »Ich rufe meinen Neffen. Er wird Ihr Pferd versorgen.«
    »Außerdem brauche ich ein Zimmer.«
    »Wir haben noch zwei frei. Bitte tragen Sie sich ein.«
    Eine kurze Pause folgte.

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