Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe
übrig, Charles! Es hatte in der Nacht zuvor wie verrückt geregnet – doch die Asche glühte immer noch. Du hättest ihn sehen sollen – er stolperte wie ein Betrunkener auf dem Grundstück herum. Ich glaube nicht, dass er wirklich überzeugt war, dass das Haus abgebrannt ist, bis er es mit eigenen Augen gesehen hatte. Davor war es nur eine Geschichte, die ihm eine Stimme am Telefon erzählt hatte. Aber als er vor seinem Grundstück parkte, oh, du hättest sein Gesicht sehen sollen.«
Eine Träne stahl sich an Sylvias Wange entlang, und dieser Anblick und das Wissen, dass sie einem anderen Mann galt, war wie ein Säuretropfen, der sich in sein Herz fraß.
»Du hättest sein Gesicht sehen sollen«, wiederholte sie und ihre Stimme wurde lauter. »Wie konnten sie ihm so etwas nur antun?«
»Nun«, sagte Charles, so behutsam er konnte, »wenn man mit dem Feuer spielt –«
»Du bist dir ja so verdammt sicher, dass er ein Schwindler ist, nicht wahr?«
»Ich bin mir absolut sicher.« Charles konnte sich nicht erinnern, sich je in seinem Leben einer Sache so sicher gewesen zu sein. »Krankheiten verschwinden nicht durch die Berührung einer Hand, selbst wenn es sich um die des wundervollen Dr. Bulmer handelt. Er hat eine Menge Gratiswerbung bekommen, eine Menge neuer Patienten, und jetzt geht alles nach hinten los.«
»Du Bastard!«
»Aber, aber!«, sagte er und konnte sich eine Retourkutsche nicht verkneifen. »Ist das die Frau, die geschworen hat, nie wieder eine emotionale Bindung einzugehen?«
»Er ist ein guter Mann und brauchte keine neuen Patienten! Er hatte schon so mehr, als er bewältigen konnte!«
»Dann ist er verrückt.«
Charles hatte eine schlagfertige Antwort erwartet, stattdessen sah er sich schweigender Ungewissheit ausgesetzt. Das bedeutete, er hatte einen Nerv getroffen. Sylvia war sich selbst nicht sicher, was Bulmers geistige Gesundheit anging. Trotzdem hatte sie ihn bei sich aufgenommen. Irritiert stellte Charles fest, dass er sich nicht eingestehen wollte, dass sie tiefe Gefühle für Bulmer empfand. Um einiges tiefer als ihre Gefühle für ihn. Er konnte nicht anders, aber das gefiel ihm nicht.
»Liebst du ihn? Oder ist er nur ein weiterer Streuner, den du bei dir aufgenommen hast?«
»Nein«, sagte sie mit einem plötzlich entrückten Lächeln, das ihn mehr als alles andere störte, seitdem sie Platz genommen hatte. »Er ist nicht nur ein Streuner.«
Charles wurde die ganze Unterhaltung unangenehm und er wollte das Thema wechseln. »Warum gehen wir nicht nach oben in mein –«
Er brach den Satz ab, da er plötzlich bemerkte, dass es in der ganzen Kantine still geworden war. Er sah auf und bemerkte, dass alle im Raum irgendwo auf einen Punkt hinter ihm starrten. Er wandte sich um.
Senator McCready hatte die Kantine betreten und kam auf sie zu.
Als er den Tisch erreichte, erhob sich Charles und schüttelte ihm die Hand – eine formale Geste wegen der anderen Leute in der Kantine. Sie tauschten Banalitäten aus, dann wandte sich McCready mit seinem Politikerlächeln an Sylvia.
»Und wen haben wir hier?«
Charles machte beide miteinander bekannt, und dann fragte der Senator, ob er sich ein paar Minuten zu ihnen setzen könnte. Nachdem er Platz genommen hatte, setzte die normale Geräuschkulisse wieder ein, aber jetzt war das Getuschel erheblich lauter als vorher.
Charles war von McCreadys Erscheinen vollkommen verblüfft. Seit die Stiftung dieses Gebäude gekauft hatte, hatte er sich niemals – niemals! – in der Mitarbeiterkantine blicken lassen. Jetzt hier nachmittags in der Öffentlichkeit aufzutauchen, wenn seine Kräfte nachließen, das war noch nie da gewesen. Charles wusste, wie sehr ihn das anstrengen musste. Was zum Teufel wollte er?
»Woher kommen Sie, Mrs Nash?«, fragte er und tat so, als ob dies einer seiner täglichen Routinebesuche in der Kantine sei.
»Ich komme aus ihrem Wahlbezirk, Senator«, sagte Sylvia mit einem halben Lächeln, das Charles kannte. Es bedeutete, dass sie zwar amüsiert, von McCreadys Anwesenheit aber keineswegs beeindruckt war. »Ich lebe in Monroe. Jemals davon gehört?«
»Natürlich! Tatsächlich fällt mir ein, in der Dienstagszeitung über einen Brand in Monroe gelesen zu haben. Es hieß, das Haus gehörte einem Dr. Alan Bulmer. Ich frage mich, ob es der gleiche Dr. Bulmer ist, den ich kenne.«
Sylvias Lächeln und ihre unbekümmerte Art verflüchtigten sich. »Sie kennen Alan?«
»Nun, ich bin nicht sicher. Es gibt einen Dr.
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